Zucman und das Bankgeheimnis

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Schweizer Bankgeheimnis – ein Untoter

  • Das Bankgeheimnis ist ein Relikt der Vergangenheit.
  • Die Zukunft gehört dem automatischen Informationsaustausch.
  • Angesichts des massiven Drucks und der drohenden Sanktionen durch Steuer- und Justizbehörden wagt niemand mehr, Steuern im großen Stil zu hinterziehen.
  • Keine Bank reicht mehr die Hand dazu.
  • Selbst die hartnäckigsten Hinterzieher melden sich scharenweise reumütig bei den Behörden, um schweren Strafen zu entgehen.

Stimmt das?

„Tot ist das Bankgeheimnis lediglich für schlecht informierte Gazetten“,

schreibt Gabriel Zucman*** provokativ in seinem Buch „Steueroasen“, das im Suhrkamp-Verlag erscheint. Das französische Original („La richesse cachée des nations“, zu Deutsch „Der verborgene Reichtum der Nationen“) war in seinem Heimatland im Vorjahr bereits ein Bestseller.

Nur relativ kleine Vermögen würden die Schweiz verlassen:

„Der Rückgang der ‚Kleinkonten‘ wird durch die explosions­artige Zunahme der Gelder von Ultrareichen mehr als aufgewogen. Für die Eigentümer dieser sehr großen Vermögen herrscht nahezu Straffreiheit.“

Nur Inhaber von Vermögen von mindestens 50 Millionen Dollar haben laut Zucman die Möglichkeit, im Ausland unbemerkt Steuern zu hinterziehen, ins Netz der Behörden gingen nur jene mit mittleren Vermögen.

Zucmans These können wir bestätigen, allerdings mit der Korrektur, daß man bei der angegebenen Summe die „0“ streichen muß.

Der internationale Druck auf die Steuerhinterziehung hat diese nicht verhindert, sondern zu einer Verschiebung zwischen den Steueroasen geführt.

Gelder sind aus jenen Steueroasen abgeflossen, die sich (wie vordergründig die Schweiz) den OECD-Standards zur Steuerehrlichkeit angeschlossen haben. Doch die Gelder sind nicht in die Ursprungsländer der „Steuersünder“ zurückgeflossen, sondern in andere Steueroasen. Je mehr Abkommen ein Land in Bezug auf die Offenlegung abgeschlossen habe, desto mehr Geld ist abgeflossen.

Doch der Verlust für die alten Steueroasen wie die Schweiz ist gering und bewegt sich im tiefen einstelligen Prozentbereich.

Außerdem – so schreibt Zucman in seinem Buch – nähmen die Schweizer Banken die Gelder an

„ihren neuen Zielorten·

über ihre Vertretungen wieder in Empfang. Dabei erwähnt er Hongkong, die Cayman-Inseln und Singapur.

Panamá erwähnt er nicht.

***
Während der französische Ökonom Thomas Piketty dank seinem Wälzer «Capital» zur wachsenden Ungleichheit mittlerweile wie ein Rockstar gefeiert wird, ist Gabriel Zucman noch weitgehend unbekannt. Zucman hat seine Ausbildung an der Paris School of Economics gemacht, an der Piketty bis heute lehrt. Mit ihm und dem an der US-Eliteuniversität tätigen Franzosen Emmanuel Saez arbeitet Zucman auch in der Ungleichheitsforschung zusammen. Seine Karriere ist beeindruckend: Erst 27-jährig, amtet er bereits als Assistenzprofessor an der renommierten London School of Economics und publiziert in den führenden Fachmagazinen.