Der durchaus renommierte Historiker
Heinrich August Winkler,
Jahrgang 1938 und Emeritus der Berliner Humboldt-Universität, hält
„eine Umverteilung großen Stils“
für notwendig,
„um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise zu mildern“.
Die derzeitige Lage sei zu vergleichen
„nur mit dem Lastenausgleich zugunsten der Vertriebenen und Ausgebombten nach dem Zweiten Weltkrieg“,
sagte Winkler und forderte:
„Es muss zu steuerlichen Belastungen derer kommen, die von der Krise wirtschaftlich weniger stark betroffen sind oder gar von ihr profitieren.“
Auf diesen Zug ist nun auch erwartungsgemäss die SPD-Vorsitzende Saskia Esken aufgesprungen und hat eine
„einmalige Vermögensabgabe“
ins Spiel gebracht; das sei
„eine der Möglichkeiten, die Staatsfinanzen nach der Krise wieder in Ordnung zu bringen“.
Auch DIW-Ökonom Bach hält es für geboten, die oberen Schichten stärker zu beteiligen:
„Am sinnvollsten wäre ein ausgewogener Mix aus Vermögens- und Einkommensbelastung.“
Bach denkt insbesondere an eine Corona-Soli bei der Einkommensteuer für die Besser- und Hochverdiener. Ziel sind die berühmten „fünf Prozent“ der Bevölkerung. Ein Haushalt gehört zu den obersten fünf Prozent, wenn er mehr als Euro 780.000 Nettovermögen besitzt. Davon gibt es in Deutschland rund zwei Millionen Haushalte. Wer in einer Metropole ein Reihenhäuschen besitzt, kommt mitunter schon allein dadurch über die Grenze von Euro 780.000. Getroffen würden auch Rentner und andere Eigentümer, die gar nicht über genügend Einkommen verfügen, um eine Abgabe zahlen zu können und die deshalb ihr selbst genutztes Wohneigentum verkaufen müssten.
Die weiteren üblichen Verdächtigen werden auch noch auf diesen Zug aufspringen, dann gibt es Diskussionen über alle Parteigrenzen hinweg und schliesslich werden diejenigen, die sich durch jahrelangen Fleiss etwas Vermögen geschaffen haben, in irgendeiner Form zur Kasse gebeten werden. Keiner fragt, ob das angesichts der unfassbaren Geldschöpfungen aus dem Nichts mehr sein könnte als der „Tropfen auf den heissen Stein“. Aber die Politiker können sagen,
„seht, die Reichen werden noch mehr zur Kasse gebeten!“
und der schielende Julius Kohlenschaufel aus Bottrop ist zufrieden.
Winkler bezieht sich ausdrücklich als Vorlage auf den historischen Lastenausgleich, der ab 1950 seiner Umsetzung entgegenstrebte. Schauen wir uns die damaligen Vorgänge einmal etwas genauer an.
Das könnten Blaupausen sein:
Die Auswirkungen des verlorenen Krieges in Deutschland waren verheerend. Die meisten Innenstädte lagen in Trümmern, auch hunderte Dörfer – während andererseits tausende weitere Dörfer nahezu oder völlig unbeschädigt geblieben waren. Außerdem lebten im westdeutschen Teilstaat Millionen Flüchtlinge und Vertriebene, deren gesamtes Hab und Gut in einen Koffer passte. Diese Lasten sollten nun “ausgeglichen” werden.
- Die SPD forderte Enteignungen realen Vermögens und dessen Umverteilung auf Kriegsgeschädigte.
- CDU und CSU waren sich schon damals uneinig, die Bayern wollten von dem Thema nicht viel wissen.
„Der Alte“, Bundeskanzler Konrad Adenauer, erarbeitete einen Kompromiss in seiner Koalition aus Union, FDP und Deutscher Partei (DP).
- Industrieexperten in der Politik hatten eine Substanzsteuer von 2% – 3% alljährlich für machbar erklärt,
- die Vertreter der Landwirtschaft einen Anteil von bereits 1% für zu hoch erklärt.
Am 14. August 1952 beschloss der Bundestag schliesslich ein komplexes Gesetz (375 Paragrafen auf 87 Seiten des „Bundesgesetzblattes“). Eingeführt wurde eine Substanzbesteuerung des vorhandenen Vermögens nach dem Stand 1949.
Insgesamt sollten die Eigentümer die Hälfte ihres Vermögens abtreten. Das wurde allerding geschickt verpackt: es erfolgte alles gestreckt auf bis zu 120 vierteljährliche Tranchen von jeweils 0,4166%.
Die Enteigner hatten im Ergebnis gesiegt. Kaschiert wurde alles dadurch, dass pro Jahr “nur”; eine Vermögensabgabe erfolgte von 1,67% p.a.
Nun musste noch die Umverteilungsbürokratie aufgebaut werden, die den Geldeingang von den lokalen Finanzämtern bündeln und die Auszahlung an berechtigte Antragsteller zu organisieren hatte. Das Bundes- und die Landesausgleichsämter brauchten für die Vorbereitung der zeitlich gestaffelten Hauptauszahlung fünf Jahre!
1957/58 begann schliesslich der Geldfluss an Vertriebene und Geschädigte. Zwischenzeitlich konnte der Staat mit dem Geld arbeiten – aber zugegeben, damals warf die Politik das Geld nicht so zum Fenster hinaus wie heutzutage.
Eines der Bücher von Erich von Däniken lautet:
“Erinnerungen an die Zukunft”.
Muss man sich als etwas vermögender Mensch derartiges antun, wenn es Notausgänge gibt?