Vom Schuldenüberhang zum Schuldenschnitt

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Sich selbst gegenüber anzuerkennen, dass es ein Problem gibt, ist der erste Schritt, um die Schäden zu mildern. Kopf in den Sand stecken – “es wird schon irgendwie weitergehen” – ist der sichere Weg ins Desaster.

Der Schuldenüberhang in aller Welt ist ein solches Problem

Die globale Schuldenquote – die Verschuldung der Staaten, Unternehmen und Haushalte relativ zur Wirtschaftsleistung – steigt seit Dekaden, vor allem in den Industrieländern. Seit Ausbruch der Finanzkrise 2008 hat sich dieser Trend verschlimmert. Statistiken der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich zeigen einen Anstieg der globalen Schuldenquote

  • von 192% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) Ende 2007
  • auf 232% im Jahr 2017.

 

Selbst einige Schwellenländer, besonders China, sind zunehmend Teil des Problems.

Würden aufgenommene Kredite für produktive Zwecke eingesetzt, also für sinnvolle Investitionen, um das künftige Produktionspotential der Volkswirtschaft zu erhöhen, wäre alles etwas weniger problematisch. Die sinkenden Raten des Produktivitätswachstums zeigen jedoch, dass das überhaupt nicht der Fall ist.

Einer expansiven Geld- und Finanzpolitik in Konjunkturschwächen folgt nie eine ebenso restriktive oder straffe Geld- und Finanzpolitik in konjunkturellen Aufschwüngen.

  1. Im Abschwung werden Schulden gemacht,
  2. im Aufschwung werden sie aber nicht wieder abgebaut.
  3. Die Zentralbanken haben im Abschwung die Leitzinsen gesenkt,
  4. im Aufschwung aber nicht ebenso erhöht.

Das ist seit mehreren Jahrzehnten so. Im Ergebnis sind

  • die realen Zinsen schrittweise nach unten gegangen,
  • die Staatsverschuldung ist schrittweise nach oben geklettert.

Logische Folge:

Die Lasten steigen ebenso wie die Risiken. Ein fataler Wettlauf, der nur Verlierer produziert.

In den globalen Krisen wurden bei jeder neuen Krise immer stärkere Rettungsmaßnahmen notwendig. Bei der nächsten Krise werden die Krisenbewältigungsinstrumente der letzten Krise wieder nicht reichen:

  • Der nächste Abschwung wird weit tiefer sein wird als der vorige.
  • Der Bewegungsspielraum der Geld- und Fiskalpolitik ist im Ergebnis in der Vergangenheit völlig aufgebraucht worden.

 

Die Krisenbewältiger stehen diesmal nackt da.

Im globalen Finanzsektor gibt es weitere Ungleichgewichte.

Viele Jahre lagen die Risikoaufschläge und die Marktvolatilität auf außergewöhnlich niedrigem Niveau, was zu einer leichtsinnigen Risikoaufnahme geführt hat.

  1. Die Aktienpreise in vielen Ländern, besonders in den Vereinigten Staaten, stehen auf einem üppigem Niveau,
  2. ebenso die Häuserpreise in vielen Ländern.

Eine Rückkehr zur Normalitäte – nur zu den Mittelwerten – bedeutete ein Desaster. Aber das ist nicht aufzuhalten:

“Nach den Regeln der Physik, holt die Schwerkraft das zurück.”

Finanzpolitische Instrumente, dagegen anzukämpfen, sind inzwischen kaum mehr vorhanden. Selbst in den USA ist der Spielraum für Zinssenkungen nur gering, es wurde mehr über Zinsanhebungen geredet als wirklich vorgenommen. Länder mit Leitzinsen nahe null oder gar negativen haben im Ergebnis gar keinen Raum für Reaktionen. Noch größere Ausweitung der Bilanzsummen der Notenbanken durch noch mehr Käufe von Wertpapieren etwa? Nicht wirklich vorstellbar!

All das spricht für die hohe Wahrscheinlichkeit eines kommenden Schuldenschnittes.

Wie wird ein geordneter Schuldenschnitt möglich?

Es müssen effektive staatliche Insolvenzverfahren möglich werden.

  1. Es gibt aber noch keinen internationalen Vertrag, der für Staatsinsolvenzen Regeln festlegt.
  2. Die „Too big to fail“-Problematik ist weiter ungelöst in Wirklichkeit. Die neue Regulierung der Finanzinstitute hat diese alles andere als immun gemacht.
  3. Bei vielen Anleihen fehlen „Collective Action Clauses“, die eine geregelte Umschuldung erleichtern würden. Ohne solche Klauseln ist die Gefahr chaotischer Fälle groß, in denen einfach der Schuldendienst eingestellt wird. Ohne Klarheit über die Regeln und Schuldenverhältnisse wird sich daher in der neuen Finanzkrise der Abwärtstrend zu einem reissenden Strudel verstärken. Das wäre der „Schuldendeflationsprozess“, wie ihn Irving Fisher schon in den 1930er Jahren beschrieben hatte.

Die Regierungen könnten sich an eine Strategie erinnern, die nach dem Zweiten Weltkrieg angewandt worden war:

„Finanzielle Repression“

umfasste damals staatliche Eingriffe, um die nominalen Zinsen zu deckeln. Daraus resultierten negative Realzinsen und eine Entschuldung des Staats auf Kosten der Gläubiger und Sparer. In dieser Richtung sind wir gegenwärtig bekanntlich schon weit fortgeschritten.
Eine weitere Idee könnte „Helikoptergeld“ sein, also Notenbankgeld, das direkt der Finanzierung von Staatsausgaben dient. Dann aber verliert der Privatsektor das Vertrauen in die Schuldentitel des Staates.

Historische Erfahrungen lehren, dass solche Politik in Hyperinflation und Kollaps endet.

Auch wenn – nur bezogen auf Deutschland – auf Angela Merkel eine AKK zu folgen scheint:

„Weiter so“

wird nicht funktionieren angesichts der rekordhohen Schuldenstände.

Ein Teil des verliehenen Geldes ist für die Gläubiger schlicht verloren, die Forderungen müssen abgeschrieben werden.

Diese Schuldenschnitte werden unangenehm und schmerzhaft für alle sein, die über ein gewisses Vermögen verfügen.

Einfach alles ignorieren führt zu noch schmerzhafteren Folgen.

Das ist die ungeschminkte Wahrheit.

Höchste Zeit meinen wir, sein privates Vermögen wirkungsvoll zu sichern für den

“Day After”.

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