Verlierer: Der typische Deutsche

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Manche Ökonomen meinen, wir könnten aus den Schulden herauswachsen.

Flossbach: Wir reden nicht über Schuldenquoten von 30, 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts wie wir sie in früheren Zeiten hatten. Die Schulden liegen inzwischen bei 100 Prozent und jenseits davon. Auf dem Niveau bräuchte es schon sehr hohe reale Wachstumsraten, um aus den Schulden herauswachsen, mindestens vier oder fünf Prozent im Jahr. Das ist leider unrealistisch. Deshalb bleibt auch nur eine einzige Möglichkeit.

Und die wäre?

Flossbach: Die Entschuldung über Inflation. Sonst wird die Schuldenquote nicht fallen. Das ist keine spinnerte Idee von uns – das ist eine logische Schlussfolgerung.

Wieso sollten die Schulden durch Inflation weniger werden?

Flossbach: Die Rechnung ist ganz einfach: Steigende Preise lassen das nominale Bruttoinlandsprodukt ansteigen, auch wenn die Wirtschaft real nur wenig wächst. Das wiederum lässt den Schuldenstand im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt weniger hoch aussehen. Die Folge: Die Schuldenquote sinkt. Nehmen wir mal an, die Wirtschaft würde real um zwei Prozent jährlich wachsen bei einem Haushaltsdefizit von sechs Prozent. Um die Schuldenquote zu drücken, müsste die Inflationsrate über vier Prozent liegen. Die USA haben sich nach dem Zweiten Weltkrieg auf diese Weise entschuldet.

Das funktioniert aber, nur wenn der Staat nicht mehr Zinsen für seine Schulden zahlen muss.

Flossbach: Richtig. Damit die Inflation nicht die Zinsausgaben der Staaten in die Höhe treibt, drückt die Zentralbank das Zinsniveau künstlich. Das passiert jetzt schon, in dem die EZB langlaufende Staatsanleihen aufkauft. Weil das ziemlich Plump ist, hat sie sich darüber hinaus noch eine subtilere Form einfallen lassen: Sie stellt den Banken nahezu unbegrenzt Kapital bereit, die davon wiederum Staatsanleihen kaufen und für niedrige Zinsen sorgen sollen.

Werden sich die Investoren damit zufrieden geben, dass sie für ihre Anleihen deutlich weniger bekommen, als die Inflation auffrisst?

Von Storch: Es wird ihnen nichts anderes übrig bleiben. Die Politik hat verschiedene Instrumente in ihrem Folterkasten, um die Anleger dazu zu bringen, Anleihen trotz negativer Realzinsen zu kaufen. Wir nennen das „finanzielle Repression“.

Welche?

Von Storch: Vorschriften, die institutionelle Investoren verpflichten, einen bestimmten Prozentsatz an Anleihen zu halten, gibt es schon. Einen Schritt weiter wären Zwangsanleihen, die Investoren „freiwillig“ zeichnen müssen. Gleichzeitig könnte der Gesetzgeber dafür sorgen, dass andere Anlageformen deutlich unattraktiver werden – etwa durch Sondersteuern oder durch Verbot. Es wäre nicht das erste Mal, dass Goldbesitz verboten ist. Auch Kapitalverkehrskontrollen sind denkbar, um eine Kapitalflucht in andere Länder zu verhindern.

 

Sie scheinen davon auszugehen, dass das in den Hinterzimmern bereits beschlossene Sache ist.

Flossbach: Sagen wir mal so: Die politisch Verantwortlichen dürften die Mittel und Wege kennen, wie sich die Entschuldung über Inflation lösen lässt.

Gerecht ist das nicht.

Von Storch: Nein, aber vermutlich ist diese Variante noch die sozialverträglichste. Alles andere birgt enormen Sprengstoff – das wird kein Politiker den Wählern zumuten wollen. Die Inflation verursacht keinen lauten Knall, sie läuft schleichend ab, über Jahre. Vielen wird nicht mal klar sein, dass sie real Geld verlieren.

Inflation lässt sich nicht einfach anknipsen. Wieso sollte die Preise anziehen, wenn die Wirtschaft insgesamt schwächelt?

Flossbach: Die Menschen werden merken, dass sich Sparen nicht lohnt. Sie werden fragen: Wenn ich wegen der tiefen Zinsen nichts für mein Geld bekomme, warum soll ich dann Sparen? Soll ich dann nicht besser den Dachboden ausbauen lassen oder den 911er kaufen, den ich immer haben wollte?

Von Storch: Sobald die Menschen anfangen, das Geld auszugeben, steigen die Preise. Dann haben wir sofort Inflation – auch ohne großes Wirtschaftswachstum.

Flossbach: Um eines klarzustellen: Die Frage ist nicht, ob wir glauben, dass die Inflation deutlich anzieht. Wir sagen: Es geht gar nicht anders als über Inflation.

Wer spart, verliert?

Von Storch: So ist es. Der Verlierer ist am Ende immer der Sparer. Das ist der typische Deutsche, der mit Lebensversicherungen fürs Alter vorsorgt oder mit Sparplänen das Studium für seine Kinder finanzieren möchte. Außerdem trifft es die Rentner und die Besitzer von Staatsanleihen hart.

Angenommen Ihr Szenario tritt tatsächlich ein. Wie sollten Kunden ihr Vermögen in Sicherheit bringen?

Von Storch: Risikolose Geldanlage gibt es in Zukunft nicht mehr. Es gibt in der Staatsschuldenkrise kein Happy End. Wer nicht ins Risiko geht, ist schon drin, denn er wird durch die Inflation enteignet. Es kommt darauf an, das Vermögen geschickt auf die verschiedenen Anlageklassen zu verteilen.

Bei Inflation sind vor allem Sachwerte gefragt…

Flossbach: Und die haben auch in unseren Depots ein Übergewicht. Bei einem ausgewogenen Depot empfehlen wir einen Aktienanteil von 40 Prozent und knapp 20 Prozent Edelmetalle.

Viele warten mit dem Einstieg ab, weil sie auf günstigere Kurse hoffen.

Flossbach: Da können sie lange warten. Die Notenbanken werden dafür sorgen, dass es keinen scharfen Einbruch geben wird.

Was ist mit Staatsanleihen?

Flossbach: Hier gibt es Chancen unter anderem in Australien, Neuseeland, Schweden, Dänemark aber auch Kanada oder Hong Kong. Diese Staaten bündeln wir in dem eigens aufgelegten Bond Diversifikation Fonds, der in Währungsregionen mit Substanz statt in Euro, Dollar, Pfund oder Yen investiert.

Sie sprechen ganz locker über Euro-Crash, Inflation oder manipulierte Zinsen. Mal ehrlich, wollen Sie den Leuten Angst machen?

Von Storch: Wir sagen nicht, dass alles zusammenbricht. Aber wir müssen uns über alles Gedanken machen, was theoretisch passieren kann. Und wir denken die Szenarien zu Ende und handeln entsprechend.

Haben Sie ein Beispiel?

Flossbach: Wir sind davon überzeugt, dass Gold eine gute Versicherung in Krisenzeiten ist. Nur: Wenn ich davon ausgehen muss, dass das Finanzsystem zusammenbricht, was bringt es mit dann, ein paar Goldzertifikate im Depot zu haben? Die sind im Zweifel wertlos. Wir sagen: Wenn Gold, dann nur zum Anfassen.

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Wo lagern Sie das Gold?

Von Storch: Das liegt gut verwahrt in den Tresoren verschiedener Banken. Wir schauen ab und zu nach, ob es noch da ist.

In Deutschland?

Von Storch: Nein, nicht bei deutschen Banken. Wenn man Diversifikation ernst man, dann gehört dazu, die Vermögenswerte an verschiedenen Orten aufzubewahren.

Sie haben eingangs erwähnt, dass der Staat Gold beschlagnahmen könnte. Halten Sie so etwas in Deutschland für denkbar?

Flossbach: Das ist nicht sehr wahrscheinlich, aber wir müssen uns auch mit unwahrscheinlichen Szenarien befassen.

Sie wissen schon, dass Sie mit sehr ungewöhnlichen Ansichten vertreten, um es mal vorsichtig auszudrücken.

Von Storch: Wir können uns erlauben, unsere Meinung öffentlich zu sagen. Das ist der Vorteil als unabhängiger Vermögensverwalter. Wir sind nur unseren Kunden verpflichtet.

Sind die Banken das nicht?

Flossbach: Die Großbanken sind nur noch sehr begrenzt in der Lage, unabhängig zu beraten, weil sie als Teil des Systems selbst gefährdet sind. Im Zweifel ist ihnen dann das Hemd näher als der Rock. Das haben viele Kunden auch verstanden, weshalb unabhängige Verwalter in den vergangenen Jahren einen enormen Zulauf erlebt haben.

Wo soll es für Ihre Firma hingehen?

Von Storch: In den vergangenen Jahren hat sich das Kapital, dass wir verwalten, verdoppelt. Wenn wir weiterhin einen guten Job machen, sind wir auf dem Weg, der führende Vermögensverwalter in Deutschland zu werden.