USA vor dem Einschlag

  • 24th Okt 2015
  • USA
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Wer nüchtern über den Atlantik blickt, sieht extrem viele rote Warnlampen, die das Desaster der USA vorankündigen.

Viele Unternehmen haben die lange Zeit der Ultraleichtzins-Politik der Fed genutzt, um sich hoch zu verschulden. So hat die Ratingagentur Standard & Poors ausgerechnet, dass die gesamten Verbindlichkeiten von US-Unternehmen außerhalb des Finanzsektors in den vergangenen fünf Jahren um zwei Billionen US-Dollar gestiegen sind.

Allein 2014 ist der Schuldenberg um 650 Milliarden US-Dollar auf 5,8 Billionen US-Dollar angewachsen. Abzüglich der Cash-Bestände summiert sich die Nettoverschuldung von US-Unternehmen derzeit auf schwindelerregende vier Billionen US-Dollar. Brenzlig daran: Während die 25 Unternehmen mit den höchsten Cash-Beständen noch solide finanziert sind, tun sich schon in der zweiten und dritten Reihe große Lücken auf.
Unterhalb der Top-25 stehen

  • einem Dollar Cash
  • im Durchschnitt fünf Dollar an Schulden gegenüber.

 

Bei einem auch nur leichten Wirtschaftsabschwung könnten viele US-Unternehmen in Schwierigkeiten geraten.

Nicht wenige börsennotierte Unternehmen haben eigene Aktien auf Pump zurückgekauft und ihre Aktienkurse damit in die Höhe getrieben: Laut S&P Dow Jones sind allein 2014 satte 550 Milliarden US-Dollar in Aktienrückkaufprogramme geflossen. Dieser Treibstoff könnte der Börse bald ausgehen – insbesondere dann, wenn die US-Notenbank weitere Zinsschritte nicht ausschließt.

Das sogenannte Shiller-KGV misst den durchschnittlichen Gewinn der vergangenen zehn Jahre im Verhältnis zum Börsenkurs, bereinigt um den Faktor Inflation. Die Zahlen geben zu denken: Der S&P-500-Index wird derzeit mit einem Shiller-KGV von 27,5 bewertet. Zum Vergleich: Der Dax weist ein Shiller-KGV von gerade einmal 14,5 aus.

Die aktuellen Shiller-KGVs zeigen, dass mehr als die Hälfte der amerikanischen Aktien eine Überbewertung aufweisen.

„Es werden immer mehr Einheiten Kreditwachstum für eine Einheit Wirtschafts-Wachstum benötigt“,

meint Markus Steinbeis, Leiter Fondsmanagement bei Huber, Reuss & Kollegen. Der schwache Konsum, der sich nur langsam erholende Häusermarkt und ein starker US-Dollar sprächen nicht für einen stabilen Aufschwung, der eine Serie von Zinsanstiegen verkraften kann.

Auf Dollar-Basis tritt der US-Markt schon seit Monaten auf der Stelle.

  • Das liegt nicht zuletzt daran, dass einige bedeutende Blue Chips wie Exxon und Chevron unter dem Preisverfall bei Rohstoffen leiden.
  • McDonald’s kommt mit seinem umfassenden Konzernumbau nur schleppend voran,
  • exportorientierte Konzerne wie IBM, Intel, Johnson & Johnson oder Procter & Gamble leiden unter dem aus politischen Gründen überwerteten  US-Dollar.

Das gilt auch für Apple, dem größten Wert im Index. Dessen Aktienkurs trat seit Februar 2015 zunächst auf der Stelle und war danach richtig unter die Räder gekommen. Auffällig: Die Charts des S&P 500 und der Apple-Aktien ähneln sich sehr. Sollte Apple wie bisher der Taktgeber für die weitere Entwicklung des S&P 500 bleiben, hieße das für den US-Gesamtmarkt nicht Gutes.

Die Börsenampeln in den USA stehen also nicht auf grün.

Dass einem ersten Zinsschritt – wenn überhaupt – bald weitere folgen könnten, glaubt niemand:

  1. Die Wachstumsdynamik in den USA ist gering.
  2. In den USA haussierten die Vermögenspreise.
  3. Das gilt auch für die Immobilienpreise, was mit markant steigenden Mieten einherging.
  4. Wegen Obamacare sind die Versicherungsprämien in die Höhe geschossen – um 30 bis 50 oder gar 60%. Das ist eine grosse Belastung für den amerikanischen Durchschnittshaushalt, das frei verfügbare Einkommen ist deshalb tendenziell gesunken.
  5. Der OECD-Frühindikator für die USA liegt mit einem Wert von 99,23 deutlich unter der Expansionsschwelle von 100.
  6. Auch die US-Industrieaufträge entwickeln sich in diesem Jahr enttäuschend.
  7. Die vom Ausland gehaltenen US-Staatsanleihenbestände, sind von USD 6.218 Milliarden im Januar 2015 auf USD 6.099 Milliarden im August 2015 zurückgegangen.
  8. Die Netto Auslandsverschuldung des Landes liegt zur Jahresmitte 2015 bei stolzen USD 6.688 Milliarden; das sind 37,3% der Wirtschaftskraft.
  9. Die Leistungsbilanz lag im 2. Quartal 2015 bei einem aufs Jahr hochgerechneten Defizit von USD 439 Milliarden; das sind 2,5% der Wirtschaftskraft.

ABER

2014 gaben die USA rund 3,5% ihrer Wirtschaftskraft für die Verteidigung aus gegenüber 1,1% in Deutschland. Was nur die offiziellen Zahlen sind. Weitere Ausgaben in die Kriegsmaschinerie der USA sind an diversen Stellen buchhalterisch versteckt.

Warum wohl diese enormen Kriegsausgaben?

Paul Krugman, Wirtschaftsnobelpreisträger aus den USA, sagte 2013 auf die Frage eines Journalisten, ob die losgelöste Wertdeckung für den Dollar ein Problem darstellt:

„Fiat money is backed by men with guns“

Was so viel heisst wie “Ungedecktes Geld ist durch Männer mit Waffen gedeckt”.

Nun, das hat man so auch umgesetzt:

Die USA haben bislang Regimes wie im Iran 1953 gestürzt oder Staaten wie den Irak 2003 angegriffen, weil man Öl in anderen Währungen handeln wollte als nur in Dollar. Derzeit fördern die USA das Chaos im Nahen Osten.

Neu ist jedoch für die USA, dass nach vielen Jahrzehnten alles nicht mehr richtig funktioniert, dass sich nämlich Russland und China der „Deckung des Dollars durch Waffen“ selbstbewusst in den Weg stellen. Russland auch mit Waffen, China zunächst mit seinem Renmimbi und dem Aufbau eines parallelen konkurrierenden Finanzsystems. Die USA stecken in einer Kesselschlacht, dummerweise mitten im Kessel.

Viele Einzelheiten, die im Ergebnis alle ein und dasselbe aussagen:

Eine Zeitenwende liegt in der Luft.