Ukraine: Falsches Spiel der USA

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Natürlich werden die führenden Köpfe des existierenden maroden Finanzsystems, wie schon nach der Finanzkrise 2008, alles daransetzen, weiter Zeit zu gewinnen und den Kollaps zu verschieben versuchen.

Die Geschichte lehrt, daß es stets gefährlich wird, wenn Herrschende beginnen, die Kontrolle zu verlieren. Das allmählich seine Macht einbüßende British Empire ließ sich beispielsweise deshalb bereitwillig von Frankreich in den Ersten Weltkrieg hineinziehen und damit ganz Europa in die Katastrophe.

Es ist daher leider alles andere als unwahrscheinlich, daß die USA als Weltmacht auf dem absteigenden Ast eine Ausflucht suchen könnte in geopolitischen Konflikten.

Womit wir beim Thema „Ukraine“ sind.

  1. Man kann die Ukrainekrise im Prinzip als Ergebnis der durchgeknallten Politik von zwei Bürokratien sehen, nämlich der Europäischen Kommission und der Nato. Beide sind in Brüssel angesiedelt, beide „supra- national“, beide in den fünfziger Jahren gegründet, beide haben 28 Mitgliedstaaten, beide sind strategisch von höchster Bedeutung.
  2. Aber es gibt noch eine weitere Gemeinsamkeit: Beide sind in Anbetracht ihrer Macht nur mit unzureichender demokratischer Legitimation ausgestattet. Ohne politische Kontrolle konnten diese beiden mitten in Europa angesiedelten Bürokratien bis jenseits jeglicher Schmerzgrenzen ihren Daseinszweck, für den sie vor vielen Jahrzehnten gegründet waren, ausleben: Für die EU die Erweiterung, für die Nato der Kalte Krieg. Die Nato hätte eigentlich nach dem Fall der Mauer und dem Auseinanderbrechen der Sowjetunion ihre Aufgabenstellung radikal überdenken müssen. Ansätze gab es und führten zu den unterschiedlichsten Vorschlägen wie der Kooperation Nato-Russland. Entsprechende Projekte scheiterten am amerikanischen Veto, was man im Hinterkopf behalten muss.

Solange Organisationen wie die Nato von den Mitgliedstaaten gelenkt wurden, war die mangelnde demokratische Legitimation der zentralen Bürokratie kein besonderes Problem. Aber inzwischen entscheiden die zentralen Bürokratien unabhängig über die Politik, damit fehlt es an Legitimität, und alles läuft aus dem Ruder.

Die verantwortungslose Politik der USA im Ukraine Konflikt läßt nichts Gutes erahnen. Die Unterwerfung der Europäer unter die Spielregeln von Uncle Sam’s „Russischem Roulette“ ebensowenig. Ob und wann Minsk insoweit am Ende doch noch eine Wende einleiten kann, das können wir nur hoffen.

Wissen tun wir dagegen anderes und haken nach:

  1. War es nicht der Ukrainer Nikita Sergejewitsch Chruschtschow als seinerzeitiger Chef der UdSSR, der erst 1954 die Krim Rußland wegnahm und der Ukraine zugeschlagen hatte und sich bestimmt dabei nicht hat vorstellen können, daß die UdSSR zerbrechen würde?
  2. Gibt es nicht zu denken, daß der komplette übrige Rest der Welt auf Seiten Rußlands steht, damit die Mehrheit der Menschheit?
  3. Als was kennen wir „Krimsekt“? Als ukrainisches Getränk oder als russisches, genossen zusammen mit Stör und ebenfalls russischem Kaviar?
  4. Weniger bekannt ist, daß die Ukraine ein Drittel der sowjetischen Rüstungsindustrie übernommen hat. Man stelle ich vor, etwas Derartiges geschähe den USA. Da hätte nicht nur ein George Bush sofort Panzer und Kampfflugzeuge für vollendete Tatsachen sorgen lassen.
  5. Auch gibt es russische Rüstungsfabriken im Osten der Ukraine, was zu der Frage führt, wieso in den Medien nie erörtert wurde, ob die im Osten der Ukraine entdeckte russische Militärausrüstung wirklich über die russisch-ukrainische Grenze gebracht werden mußte, oder ob sie nicht einfach schon immer da war, produziert in den ukrainischen Fabriken; dann brauchten die Rebellen sich ja nur noch zu bedienen.

Und der Gipfel: Das Pentagon hat sich ein Drittel dieser ehemals sowjetischen Rüstungsindustrie einverleibt.

Woraus leiten wir das ab?
Bis 2014 belieferte die ukrainische Rüstungsindustrie natürlich überwiegend Rußland, aber auch Indien, China und Brasilien. Seit März 2014 ist sie dabei, sich an die Nato-Normen anzunähern, unterzeichnet lukrative Verträge mit „ausländischen“ Partnern, die sich später natürlich – welch eine Überraschung – als Amerikaner herausstellen. Mit der amerikanischen Armee wurde ein Munitionsliefervertrag ausgehandelt.

  • Die USA haben längst begonnen, wirtschaftliche Interessen in der Ukraine aufzubauen. Ein Sohn von US-Vizepräsident Joe Biden, Hunter Biden, ist zum Beispiel bereits seit Mitte 2014 Direktor beim größten privaten ukrainischen Gasproduzenten Burisma.
  • Daneben noch Devon Archer, Partner bei Rosemont Seneca Partners, die zur Hälfte zu Rosemont Capital gehört. Die wiederum gehört zur Hälfte Archer und Christopher Heinz. Der wiederum ist Stiefsohn von Außenminister John Kerry. Die Invasion amerikanischen Geldes läuft bereits auf Hochtouren.
  • Die USA sitzen sogar in der Regierung Poroschenko und stellen den Finanzminister, bessser: Die Finanzministerin. Die Finanzministerin heißt Natalia Jaresko und ist US-Amerikanerin. Sie hat ihren ukrainischen Paß erst zum Kabinettseintritt bekommen, sie hatte also nicht einmal eine doppelte Staatsbürgerschaft gehabt. Natürlich nimmt sie primär die Interessen der USA in der Ukraine wahr und gilt als Hüterin der US- und IWF-Milliarden. Man stelle sich einmal vor, nach der Machtübernahme von Fidel Castro auf Cuba hätte ein Staatsbürger der Sowjetunion auf der Karibikinsel den Posten des Finanzministers übernommen
  • Aber damit nicht genug. Zwei weitere Minister der „ukrainischen“ Regierung sind Staatsangehörige des amerikahörigen Litauen und damit ebenfalls Befehlsempfänger der Weißen Hauses. Hierbei handelt es sich um Alexander Kvitashvili als Gesundheitsminister und Aivaras Abromavičius als Wirtschaftsminister. Auch diese beiden Personen bekamen erst am Tag ihrer Amtsübernahme ergänzend den ukrainischen Paß. Finanz- und Wirtschaftsministerium der Ukraine unter der Kontrolle der USA: Mit derartigen Methoden haben nach dem Zweiten Weltkrieg von der Sowjetunion gesteuerte Kommunisten die Regierung in osteuropäischen Nachbarländern übernommen.

Und nun kommen die scheinheiligen Amerikaner dahergelaufen und empören sich über die russische Reaktion, um Europa in eine Sanktionsspirale zu zwingen, die für Europa zumindest so schädlich ist wie für Rußland.

Die deutschen Exporte nach Rußland brechen wegen der westlichen Sanktionen immer stärker ein. Die Warenausfuhren summierten sich im Januar 2015 auf nur noch 1,44 Milliarden Euro – das sind gut eine Milliarde Euro oder 35,1% (!) weniger als ein Jahr zuvor. Das geht aus Daten des Statistischen Bundesamtes vom 24. März 2015 hervor. Einen stärkeren Rückgang gab es zuletzt im Oktober 2009, als die weltweite Finanzkrise die Ausfuhren drosselte.

„Damit schlägt die politische Krise infolge des Ukraine-Konflikts nunmehr voll auf die Wirtschaft und die gegenseitigen Wirtschaftsbeziehungen durch“,

sagte der Vorsitzende des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, Eckhard Cordes, am 24. März 2015.
Er forderte angesichts des „rekordverdächtigen Rückgangs“ verstärkte diplomatische Anstrengungen, damit der Ukraine-Konflikt entschärft werde.

„Eine zunehmende wirtschaftliche Entflechtung Rußlands von Deutschland und der EU kann nicht in unserem Interesse liegen“,

sagte Cordes.

„Alte Aufträge sind abgearbeitet, neue Handelsgeschäft werden durch die Rubel-Schwäche infolge des niedrigen Ölpreises und durch die Wirtschaftssanktionen erschwert.“

Russische Unternehmen kämen nur noch schwer an Kredite, deutsche Firmen hielten sich mit Investitionen zurück.

Schon am 23. Januar 2015 ging Cordes davon aus, daß die deutschen Exporte nach Rußland im Jahr 2014 um 18% gesunken wären wegen der unsinnigen Sanktionen. Das seien umgerechnet mehr als sechs Milliarden Euro.

„Der Rückgang der Exporte hat sich zuletzt Monat für Monat beschleunigt, so daß wir für 2015 eine noch schlechtere Entwicklung befürchten müssen, sollte es nicht bald eine politische Lösung der Krise geben“,

betonte Cordes. Darüberhinaus beklagte er, daß es vor allem die Europäer seien, „die den wirtschaftlichen Preis für die politische Krise zahlen“.

Und der Gipfel: US-Exporte nach Russland sind laut Cordes im Jahr 2014 um 1% gestiegen.

Wie sagte einst Martin Luther:

„Auf fremdem Arsch ist gut rutschen.“

Aber warum nur stellen die Europäer und Deutschland den Amerikanern ihren Arsch zur Verfügung. Sind die alle schwul?

Und dann noch das unverblümte Eingeständnis der USA:

Präsident Barack Obama hat in einem CNN-Interview am 1. Februar 2015 mit unverholenem Stolz verkündet, daß die USA einen Deal zur Machtübergabe in der Ukraine ausgehandelt und damit Putin überrascht hätten.

Zudem betonte er, daß die USA dabei seien, die Sanktionskosten für Rußland immer weiter in die Höhe zu treiben.

Im Gespräch mit dem CNN-Moderator Fareed Zakaria über die russisch-US-amerikanischen Beziehungen sagte der US-Präsident:

“Putin traf die Entscheidung in Bezug auf die Krim nicht etwa aus einer großen Strategie heraus, sondern einfach, weil er von den Protesten des Maidan und der Flucht von Janukowytsch [gestürzter Präsident der Ukraine] überrascht wurde, nachdem wir einen Deal zur Machtübergabe ausgehandelt hatten.”

Im weiteren Verlauf des Interviews hat er auf die Frage nach möglichen weiteren Sanktionen gegen Rußland zudem freimütig eingeräumt:

“Wir sind in der Lage die Kosten (für Rußland) immer weiter in die Höhe zu treiben. Und das ist genau das was wir machen, in Verbindung mit diplomatischem Druck.”

Zahlreiche Politik-Analysten aus dem In- und Ausland, zeigten sich erstaunt darüber, in welcher Offenheit sich Obama zu der US-Rolle beim Sturz des gewählten ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowytsch bekannt hatte und kritisierten das dahinter stehende “Demokratieverständnis”.

  • Stephen Cohen hatte in der US-Zeitschrift The Nation am 11. Februar 2014 darauf hingewiesen, daß die seinerzeitige mediale Aufregung um Victoria Nulands telefonische EU-Beleidigung nur ein Ablenkungsmanöver war. Wichtiger sei gewesen, daß die US-Diplomaten planten, eine neue anti-russische Regierung in der Ukraine zu installieren und den gewählten Präsidenten „zu verdrängen oder zu neutralisieren“. Das bedeute einen Staatsstreich, warnte Cohen, bevor es dazu kam.
  • William Blum hatte im April 2014 in „Folge 127“ seines Anti-Empire Reports vom „rechtsgerichteten Putsch in der Ukraine, offen unterstützt von den Vereinigten Staaten“ geschrieben und in der Folge immer wieder darauf hingewiesen.
  • Der US-Journalist Robert Parry hat ebenfalls mehrmals darauf aufmerksam gemacht, jüngst erst wieder in einem Beitrag vom 6.1.15 im Onlinemagazin consortiumnews.com. Er verweist u.a. auch auf die Äußerungen von George Friedman vom privaten US-Nachrichtendienst Stratfor gegenüber der russischen Zeitung Kommersant vom Dezember 2014. Friedman hatte dabei vom „unverhülltesten Staatsstreich in der Geschichte“ gesprochen, mit dem die US-Regierung u.a. Rußland angesichts dessen politischer Aktivitäten beim Krieg in Syrien in die Schranken weisen wollte.
  • Davon war bei Stratfor bereits im Herbst 2013 zu lesen, wie Reinhard Lauterbach u.a. am 17.12.13 in der Tageszeitung Junge Welt schrieb: „Der amerikanische Informationsdienst Stratfor ist dafür bekannt gelegentlich Klartext zu sprechen. Vor einigen Tagen verbreitete das der realpolitischen Fraktion des Militärs und der Geheimdienste nahestehende Portal eine Analyse der aktuellen Entwicklungen in der Ukraine.

„Die Ukraine liegt tief im Herzen Rußlands; wenn sie aus dem russischen Einflußbereich herausgenommen würde, wäre das europäische Rußland nicht mehr zu verteidigen“,

hieß es darin kurz und bündig. Das amerikanische Engagement zugunsten der prowestlichen Demonstranten in Kiew brachten die Autoren ebenso lakonisch auf den Punkt:

„Die innenpolitische Unruhe in Kiew sei aus US-Sicht die ideale Gelegenheit, Rußland zu hindern, aus seinen weltpolitischen Erfolgen in Sachen Syrien und Iran weiteres Kapital zu schlagen, und Moskau zu zwingen, seine Kräfte in seiner näheren Umgebung zu verausgaben.“

Nun wurde also das Offensichtliche – das aber auch hierzulande, u.a. zuletzt von Jochen Bittner in „Die Zeit“ oder von Konrad Schuller in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ immer wieder bestritten wurde – ausgerechnet von US-Präsident Obama bestätigt.

Es wird kein seltener oder überraschender Moment der Offenheit gewesen sein, der ihn dazu brachte. Es dürfte eher ein Ausdruck der anhaltenden Überheblichkeit der Herrschenden in den USA und der in ihrem Auftrag Regierenden gegenüber dem Rest der Welt sein, die sie weiter ungestraft glauben läßt, sie können sich alles erlauben.

Obama bestätigte ein weiteres Mal, was davon zu halten ist, wenn er und andere führende Vertreter des Westens von Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechten reden, die verteidigt werden müßten. Sie selbst halten das Allerwenigste davon.

Interessant an Obamas Äußerungen ist zum anderen, daß er damit allen Behauptungen widerspricht, daß Putin schon lange die Ukraine erobern und gar die Sowjetunion wieder errichten will, und daß die Krim dazu der erste Schritt war, was die medialen Lakaien der westlichen Politiker nachplapperten und plappern.

Die russische Führung reagierte nur. Die westlichen Regimewechsler wußten genau, welche Reaktionen aus Moskau folgen werden.

Die Heuchelei des Westens ist nahezu unerträglich.

Hier soll ein Konflikt für den Fall der Fälle verfügbar gehalten werden. Was damit an Gefahrenpotential aufgebaut wird – weit weg von den USA, aber direkt an der Grenze zur EU – ist schlicht und einfach erschreckend. Warum warnen sämtliche noch lebenden drei Ex-Kanzler Deutschlands vor diesem Wahnsinn ebenso wie Ex-Außenminister Genscher und sogar Henry Kissinger?

Das Handelsblatt beschwor nach dem Merkel Besuch bei Obama am 9. Februar 2015 die Möglichkeit eines gewaltigen Wirtschaftskrieges gegen Rußland:

„Deshalb wird jetzt alles sehr schnell gehen. Die Sanktionen gegen Russland werden Dimensionen erreichen, von denen wir noch keine Idee haben. Obama und Merkel sind sich einig im Willen, die Kosten für die Unterstützung der Rebellen durch Rußland in astronomische Höhen zu treiben. So hoch, daß Putin nicht mehr anders kann als klein beizugeben und zu verhandeln.

Nur: Wie hoch der Preis wird, weiß niemand. Es werden im Wirtschaftskrieg viele Vermögen vernichtet werden, Menschen werden leiden. Die deutsche Wirtschaft wird in Mitleidenschaft gezogen werden so wie die französische, die britische oder die russische.

Das ist der Preis, um eine militärische Eskalation zu vermeiden. Aber es ist besser, es werden Vermögen vernichtet als Menschenleben und Länder. Denn Menschen, die am Leben bleiben, können eine Wirtschaft immer wieder aufbauen.“

Das sind doch mal schöne Aussichten!

Nochmals:

Es werden im Wirtschaftskrieg viele Vermögen vernichtet werden, lautet die Prognose im Handelsblatt.

Ob es nun zu einer derartigen Form eines „totalen Handelskrieges“ kommt oder nicht: Der Konflikt vor der Haustür der Europäischen Union hat das Potential, verheerende Auswirkungen zu zeitigen. „Augen zu und durch“ könnte leicht im Desaster enden.