Würde er noch leben, so hätte der griechische Philosoph Sokrates seine Ehefrau Xanthippe am Wahlabend des 25. Januar 2015 von oben bis unten abgeküßt. Dem vormaligen FDJ-Mädchen im deutschen Kanzleramt wurde aus dem Mutterland der Demokratie eine eindrucksvolle Lektion erteilt.
Alexis Tsipras hat nun der Troika der internationalen Geldgeber zum Abschied griechischen Kaffee servieren lasenn – und tschüß! Die Vertreter der Troika wußten nicht, daß man beim griechischen Mokka zuerst den Kaffeesatz sich setzen lassen muß, folgerichtig haben sie sich beim Abschiedskaffee verschluckt. Ex und hopp! Griechenland wird nicht mehr mit den Mittelsmännern verhandeln, sondern nur direkt mit seinen Gläubigern.
„Der Teufelskreis der Sparpolitik ist vorbei“, sagte Alexis Tsipras, der Chef der mit überragender Mehrheit siegreichen Linksallianz Syriza am Wahltag. „Wir werden Schluß machen mit den Befehlen aus dem Ausland.“ Schon am Tag nach der Wahl konnte Alexis Tsipras als Ministerpräsident vereidigt werden.
Die Griechenland-Politik von EU, Internationalem Währungsfonds und nicht zuletzt Berlin wird einen Kurswechsel vollziehen müssen. Ein Forderungsverzicht der Gläubiger ist letztlich unausweichlich.
- Die Löhne in Relation zur Produktivität sind in den vergangenen Jahren so stark gesunken wie in keinem anderen OECD-Land.
- Die Investitionen sind in der Folge des Sparkurses seit 2008 auf fast null zurückgegangen – eine in Friedenszeiten äußerst rare Entwicklung.
- Die Wirtschaftsleistung ist implodiert; das BIP liegt heute um ein Viertel niedriger als 2008.
- Die Arbeitslosigkeit ist von 7,8% im Finanzkrisenjahr 2008 kontinuierlich auf am Wahltag fast 30% gestiegen. Langzeitarbeitslose bekommen keinerlei staatliche Unterstützung.
- Die Jugendarbeitslosigkeit im gleichen Zeitraum von gut 20% auf sogar nahezu 60% gestiegen, Tendenz weiter steigend.
- Die Zahl der schweren Depressionen hat sich seit 2007 verdoppelt, die der Selbstmorde ist seitdem um etwa die Hälfte gestiegen.
- Die Säuglingssterblichkeit ist seither um 43% gestiegen.
- Durch Streichungen im Gesundheitssystem hat die Zahl der HIV-Neuinfektionen um beschämende 3200% zugenommen.
Trotzdem wehren sich die Bundesregierung und die nicht einmal hinreichend demokratisch legitimierten stumpfsinnig machtversessenen Brüsseler Bürokraten gegen den Schuldenschnitt. Griechenland sei doch auf einem „guten Weg“? Das klingt zynisch angesichts der Tatsache, daß vor allem die maßgeblich von der deutschen Bundesregierung durchgesetzte höchst einseitige Austeritätspolitik zu Lasten der Menschen geht und nicht zu Lasten der hauptschuldigen skrupellosen Finanzinstitute vor allem US-amerikanischer Prägung.
Wo kämen wir denn hin, wird suggeriert, wenn wir ausgerechnet Griechenland – jenem Staat, der einst mit gefälschten Zahlen dem Euro beitrat – viele, viele Milliarden erließen?
„Für Deutschland stehen 70 Milliarden Euro im griechischen Feuer“, sagte der Präsident des Steuerzahlerbunds, Reiner Holznagel. Das sind rund 850 Euro für jeden Einwohner Deutschlands. Das ist mehr als Griechenland allen seinen privaten Gläubigern weltweit schuldet (rund 65 Milliarden Euro beziehungsweise 20% aller griechischen Staatsschulden).„Es war von Anfang an klar, daß mit der milliardenschweren Stützung Griechenlands Zeit gekauft wurde“, betonte Reiner Holznagel. „Dabei war bereits mit dem Bruch der No-Bailout-Klausel offensichtlich, daß das Konzept der Euro-Retter, die griechische Schuldenmisere mit noch mehr Schulden bekämpfen zu wollen, nicht aufgehen kann.“ Die Bundesregierung hatte dagegen die Deutschen bewußt angelogen mit der unsinnigen Behauptung, die Griechen-Rettung werde deutsche Steuerzahler nichts kosten. Sätze wie dieser von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vom 16. Oktober 2010 kommen jetzt wie ein Bumerang zurück:
- „Alle Experten bestätigen“, erklärte Merkel damals, „daß Griechenland und auch Irland die Schuldenlasten, also Zins und Tilgung, auf Dauer schultern können.“
- Und auch am 22. Juli 2011 versicherte die Kanzlerin in der „Bild-Zeitung“: „Was wir in diesen Zeiten aufwenden, bekommen wir um ein Vielfaches zurück.“
- Noch deutlicher formulierte Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU), als er am 30. April 2010 versprach: „Es wird kein Steuergeld aus dem Haushalt fließen. Im Gegenteil: Durch die Verzinsung der Darlehen entstehen sogar noch Einnahmen.“
- Und der frühere CDU-Chefhaushälter Norbert Barthle glaubte schon am 13. April 2010, noch zehn Tage bevor Griechenland das erste Hilfsprogramm beantragte, daß die Hilfen „für den Bund ein gutes Geschäft“ seien – wegen der hohen Zinsen, die Athen zahlen müsse.
Deutschland wird regiert von Schwachköpfen oder ekelerregenden Lügnern. Nur eine Alternative kann richtig sein.
Was nicht mehr ausgesprochen wird:
Die US-Bank Goldman Sachs war es, die dem griechischen Staat durch dubiose Finanztransaktionen bei der Verschleierung seines enormen Haushaltsdefizits geholfen hatte. Griechenland hatte unter anderem auf Basis falscher Angaben den Beitritt zur europäischen Währungsunion erreicht. Die EU-Kommission hat von Griechenland Aufklärung über die Details der Transaktionen verlangt, die dem Land die Aufnahme in die Währungsunion ermöglichten. Das war 2010. Jetzt sind wir im Jahr 2015 angekommen, im Jahr acht nach der großen Finanzkrise. Hat irgendwer seit 2010 etwas von diesen Details erfahren?
Es sei eine Schande, wenn Banken beim Fälschen der griechischen Haushaltsstatistiken mitgeholfen hätten, sagte sogar Angela Merkel am Aschermittwoch des Jahres 2010. Also, warum hören wir nichts mehr? Die ganze Bande steckt unter einer Decke und verkauft die Menschen für dumm.
Da liegen übel riechende Leichen im Keller. Der Vize-Präsident für Europa von Goldman Sachs war damals ausgerechnet Mario Draghi, der heutige Präsident der Europäischen Zentralbank. Es wäre schon überaus erstaunlich, wenn der für Europa zuständige Vizepräsident einer Bank nicht darüber informiert wäre, daß seine Mitarbeiter einen Kredit vermitteln, dessen Ziel darin besteht, die öffentlichen Defizite eines Landes zu verschleiern.
Aber davor verschließt man die Augen. Darüber darf nicht geredet werden. Das ist nach unserem Verständnis bolschewistisch anmutender Machtmißbrauch der Regierenden.
Die Betonköpfe in Berlin und Brüssel bestehen auf einer Rückzahlung nach Plan – auch wenn der Plan offensichtlich nicht aufgeht.
Griechenland braucht das neue Geld nicht etwa für soziale Wohltaten, sondern vor allem, um seine Schulden zurückzuzahlen und Zinsen zu begleichen – unter anderem für Kredite aus dem ersten Rettungspaket von 2010. Vereinfacht gesagt: Wir leihen den Griechen neues Geld, damit wir das Geld wiederbekommen, das wir ihnen zuvor geliehen haben. Sinnvoll ist das nicht. Das Land kann nicht durch immer neue Kredite gerettet werden. Es braucht einen Schuldenschnitt und die Chance, wieder aus eigener Kraft finanziell überleben zu können. Ohne die horrende Schuldenlast könnte Griechenland bald wieder für sich selbst verantwortlich sein.
Aber: Griechenland soll weiter sparen ohne Rücksicht auf Verluste der schuldlosen Menschen und zugunsten des maroden Finanzsystems mit seinen kriminellen Machenschaften.
Bitte nicht vergessen an dieser Stelle:
Mit den Krediten der Staatengemeinschaft waren in erster Linie Kredite abgelöst worden, die Banken und andere Finanzinstitute den Griechen zuvor gewährt hatten. Das Geld war den Banken und Kreditinstituten im Ergebnis zugeflossen, nicht den Menschen in Griechenland. Der Schuldenschnitt diente primär dazu, die Banken und andere Finanzinstitute zu retten – nicht Griechenland.
Das dokumentierte sogar der Spiegel in seiner Onlineausgabe vom 17. Februar 2015.
Der griechische Finanzminister Giannis Varoufakis führte in seinem Buch (Yanis Varoufakis mit Stuart Holland und James Galbraith: „Bescheidener Weg zur Lösung der Eurokrise“, Verlag Antje Kunstmann, Erscheinungsdatum 25. Februar 2015) aus:
„Unter dem Vorwand, Griechenland retten zu müssen, wurden hohe Verluste aus den Büchern der Banken auf die schwachen Schultern der griechischen Steuerzahler verschoben in dem vollen Bewusstsein, dass die Kosten, weil die griechischen Schultern zu schwach dafür waren, auf Deutschland, die Slowakei, Finnland, Portugal und so weiter überschwappen würden.
Natürlich gab es keine Rettung Griechenlands und keine Solidarität mit den verschwenderischen Griechen. Der griechische Staat erhielt Kredite in Höhe von 240 Milliarden Euro, damit über 200 Milliarden Euro Steuergelder an die Banken und verschiedene Hedgefonds fließen konnten. Diese Milliarden bekam Griechenland unter der Bedingung drastischer Sparauflagen, die die Einkommen der Menschen um ein Viertel reduzierten, weshalb es sowohl für die öffentliche Hand wie für den privaten Sektor in Griechenland unmöglich wurde, ihre alten und neuen Kredite zurückzuzahlen.“
Das Athen-kritische „Handelsblatt“ beurteilte „die wahren Gründe der griechischen Tragödie“ ähnlich: Letztlich bedeuteten die staatlichen Rettungsaktionen für die Finanzbranche, daß die Risiken, die in den Bilanzen der privaten Banken schlummerten, vom Staat übernommen wurden.
Das alles bestätigt selbst die EZB-Studie „The Janus-Headed Salvation“, in der Jacob Ejsing und Wolfgang Lemke zeigten, daß es vor allem die Bankenrettung und ihre Folgen gewesen seien, die Griechenland in Not brachte.
Eine dezidierte Aufschlüsselung der Verwendung der Troika-Hilfen auf Basis offizieller EZB- und EFSF-Quellen haben zum Beispiel die Globalisierungskritiker von Attac zusammengetragen.
Das Ergebnis:
Von den bis Mitte 2013 nach Griechenland geflossenen knapp 207 Milliarden Euro sind gut 77% direkt (58,2 Milliarden für Bankenrekapitalisierung) oder indirekt (101,3 Milliarden für Gläubiger des griechischen Staates) an den Finanzsektor geflossen. Für den Staatshaushalt blieben aus den Rettungsprogrammen weniger als ein Viertel.
Das Fazit des Spiegel:
„Varoufakis‘ These lautet, daß die Troika-Hilfen kein Akt der Solidarität europäischer Bürger & Steuerzahler mit dem griechischen Volk waren, sondern ein Akt der Selbsthilfe des europäischen Finanzsektors zu Lasten der EU-Bürger. Diese These läßt sich nicht einfach von der Hand weisen.“
Im März 2015 fand das noch einmal eine Bestätigung aus dem Berliner Regierungslager:
„Daß ein Großteil der finanziellen Hilfen für die Bedienung von Schulden und die Rekapitalisierung von Banken draufging, ist nicht schön, war aber notwendig“, sagt ein Regierungsvertreter in Berlin rückblickend. Schließlich wirke der Finanzsektor „wie ein Brandbeschleuniger“ – mit Ansteckungsgefahr für andere Euro-Staaten. Insofern habe es zum Kern der Rettungspolitik kaum eine Alternative gegeben.
Den Griechen wurde das Geld prinzipiell nur zur Bankenrettung gegeben, damit einem nicht selbst alles um die Ohren fliegt
Soll der griechische Bürger wirklich weiter für Goldman Sachs und Konsorten leiden?
Auch wenn dort die sozialen Verheerungen der Dauerkrise unübersehbar sind.
Auch wenn die seit Jahren herrschende Deflation dafür sorgt, daß der Schuldenberg immer weiter wächst.
Um es klar zu sagen: Griechenland wird seine Schulden nicht abtragen können, selbst wenn es das wollte. Es wird nicht mal in der Lage sein, sie zu halbwegs marktkonformen Zinssätzen zu bedienen.
John Milios von der Syriza-Partei ist schon einmal mit einer ganz besonderen Idee in die Offensive gegangen: Die Europäische Zentralbank soll einfach einen Großteil der Schulden des gesamten Kontinents übernehmen. So wäre nicht nur Griechenland gerettet sondern alle Schuldenstaaten. Alle hätten mehr Geld zum Investieren, die Wirtschaft würde boomen.
Das Konzept hat prominente Unterstützer, zum Beispiel Adair Turner, der Ex-Chef der britischen Finanzaufsicht. Mario Draghis Ideen sind im Ergebnis auch nicht weit davon entfernt. Er ist ja schon weit fortgeschritten dabei, aus dem Euro als „europaweite D-Mark“ eine „europaweite Lira mit Sitz in Frankfurt“ zu machen. Nach dem Sieg der Syriza könnten solche Ideen bald noch mehr Fans bekommen, auch in anderen kriselnden Eurostaaten, denn derzeit herrscht mitten in Europa millionenfaches Elend.
Zum Abschluss seiner Reden im Wahlkampf ließ Tsipras gerne Leonard Cohen spielen: „First we take Manhattan then we take Berlin“. Eine klare Kampfansage. Im Wahlkampf hat er angekündigt, eine Allianz gegen Deutschland schmieden zu wollen. Spanier, Portugiesen, Italiener, Franzosen und Griechen sollen sich gemeinsam erheben und gegen das Spardiktat aus Berlin kämpfen.
Und tatsächlich tut sich da viel.
„Podemos“ ist so etwas wie Spaniens „Syriza“. Und so ist es nicht überraschend, daß die Führer beider Parteien, der 40 Jahre alte Grieche Alexis Tsipras und der 36 Jahre alte gebürtige Madrilene Pablo Iglesias, sich prächtig verstehen. Als beide Politiker sich im November 2014 aus Anlaß der Wahl von Iglesias zum Generalsekretär von Podemos („Wir können es“) zum ersten Mal in Spanien zu einem demonstrativen Schulterschluß zusammenfanden, rief „Coletas“ (Der mit dem Zopf) mit programmatischer Begeisterung aus:
„2015 wird das Jahr des Wandels in Spanien und in Europa. Wir werden in Griechenland anfangen.“
Bei einer nationalen Umfrage des Instituts Metroscopia, die am 11. Januar 2015 von der Zeitung „El País“ veröffentlicht wurde, lag Podemos in der Wählergunst mit rund 28% schon an erster Stelle, vier Prozentpunkte vor den oppositionellen Sozialisten und sogar neun Prozentpunkte vor der regierenden konservativen Volkspartei Rajoys.
Griechenland hat nun gewählt und „Podemos“ den Weg geebnet.
Nach der Griechenlandwahl läuft also nun alles im Endeffekt auf einen kräftigen Schuldenschnitt hinaus. Dabei ist es völlig egal, ob und wie der Schuldenschnitt verbrämt wird. Typisch eurokratisch wäre eine Aussetzung der Verbindlichkeiten auf den Sankt Nimmerleinstag, vielleicht auf 50 oder gar 100 Jahre bei gleichzeitiger Aussetzung der Zinszahlungsverpflichtung auf den Sankt Nimmerleinstag. Das würden die Griechen mit Recht als Erfolg und faktischen Schuldenschnitt verkaufen, und der Rest Europas mit Angela Merkel an der Spitze und Wolfgang Schäuble im Windschatten wird dem deutschen Volk begeistert verkünden, der Schuldenschnitt hätte abgewendet werden können. Und die Systempresse wird ins selbe Horn stoßen.
Aber es wird ein Schuldenschnitt sein, der kommt. Da hilft kein Etikettenschwindel mehr. Nicht nur für Griechenland nach der Wahl, auch für Spanien und, und, und. Die Dominosteine haben angefangen zu fallen.
- Griechenland hat Verbindlichkeiten von knapp 180% des Bruttoinlandsprodukts nach OECD-Prognose und braucht den Schuldenschnitt.
- Dann steht Portugal mit 140% des BIP zur Disposition.
- Danach folgt Italien mit 150% des BIP. Was fällt uns in diesem Zusammenhang aus der Geschichte noch ein? Während der Vorbereitung des Beitritts Italiens zur Währungsunion war Mario Draghi der Generaldirektor des italienischen Finanzministerium.
Mit Italien würde die globale Finanzwelt in die Katastrophe stürzen, weil einer der größten Anleihemärkte der Welt implodieren würde. Italien hat immerhin ausstehende Schulden von rund 2,2 Billionen Euro.
Sehr anschaulich schilderte am griechischen Wahltag die „Welt“ das Szenario:
Griechenland müsse sich auf „schwere Zusammenstöße“ mit den Geldgebern einstellen, sagte Alexis Tsipras vor Tausenden Anhängern in Athen. Mit einer Syriza-Regierung werde das Land seine „erdrückende und untragbare Schuldenlast neu aushandeln“. Bundeskanzlerin Angela Merkel griff Tsipras persönlich an: „Wir werden in keinem Fall die Vertreter von Frau Merkels Standpunkten akzeptieren.“ Wer sich so auf einen Kurs festlegt, kann nach der Wahl nicht in eine völlig andere Richtung laufen.
Es sei wie beim „Feiglingsspiel“ in der Ökonomie. Zwei Sportwagen rasen aufeinander zu. Wer zuerst bremst oder ausweicht, hat schon verloren. Und so steht der Währungsunion der größte Nervenkrieg ihrer Geschichte bevor: ein Showdown um die griechischen Staatsschulden. Ausgang völlig offen.
In dem einen dieser Rennwagen sitzt der überragende Wahlsieger Tsipras. Er fordert einen radikalen Schuldenerlaß und eine Abkehr vom Sparkurs, um Griechenland vor einer „humanitären Katastrophe“ zu bewahren. In der anderen Karosse drücken die internationalen Geldgeber aufs Gas. Sie lehnen einen Schuldenschnitt ab und pochen auf die Einhaltung des Sparkurses.
Für beide sind Nerven in diesem riskanten Spiel wichtig. Wer als Erster Angst zeigt, verliert. Weicht allerdings keiner aus, kommt es zu einem schlimmen Unfall: dem Austritt Griechenlands aus dem Euro – mit unabsehbaren Folgen für die Währungsunion. Während Tsipras für viele Griechen ein Hoffnungsträger ist, ist der Syriza-Chef für europäische Regierungsvertreter das Schreckgespenst, das derzeit in Europa umgeht.
Der Austritt Griechenlands aus dem Euro – Grexit – ist alles andere als abwegig. Das kann auch nach einigen Monaten nach dem Regierungswechsel in Griechenland passieren.
Ein Euro-Austritt Griechenlands ist auch für den Frankfurter Ökonomen Thorsten Polleit eine mögliche Option. Er begründete dies damit, daß die bisherigen „Rettungspolitiken“ ihr Ziel nicht erreicht hätten. Griechenlands Schuldenquote sei immer weiter angestiegen, trotz eines bereits erfolgten Schuldenschnittes im März 2012. „Das Eingreifen der Staaten in die griechische Schuldenkrise hat zudem dazu geführt, daß den Steuerzahlern Zahlungsausfälle aufgebürdet wurden, die eigentlich die privaten Gläubigern tragen müssten“, sagte Polleit dem Handelsblatt. Mit den Krediten der Staatengemeinschaft seien vor allem auch Kredite abgelöst worden, die Banken und andere Finanzinstitute den Griechen zuvor gewährt hatten (nun, das hatten wir schon).
Die Zeitbombe tickt. Sie tickt für den Euro. Wer im Euroraum lebt, braucht den Euro natürlich tagtäglich. Sollte man in dieser Währung aber noch länger seine Rücklagen, sein Vermögen anlegen? Dann kann man auch gleich beim Sportwettenanbieter mit Fußballergebnissen rumzocken.