Schon vor der Wahl von Donald Trump hatten wir verkündet:
Der Kampf gegen Steueroasen ist zusammengebrochen!
- Seit Grossbritannien definitiv abgelehnt hatte, bei seinen Trustkonstruktionen mitzuteilen, wer der tatsächliche “wirtschaftliche Berechtigte” (Beneficial Owner – BO) ist, der sich hinter dem Treuhänder verbirgt, konnte schon niemand es mehr ernst nehmen, wenn von einem erfolgversprechenden Kampf gegen Steueroasen gesprochen wurde.
- Nun beenden die USA unter Präsident Donald Trump auch noch FATCA. Das war es denn endlich mit dem Unsinn, einen Kampf gegen Steueroptimierung zu führen.
Die EU hatte noch einmal einen Versuch gestartet. Da war noch nicht bekannt gewesen, dass Trump FATCA beerdigen würde.
Die EU wollte eine einheitliche “Schwarze Liste” erstellen, auf der Steueroasen aufgelistet werden. Offiziell wird erklärt, das wolle man bis zum Frühjahr 2017 erreichen. Beschlossen wurde am 8. November nach heftigem Streit eine Absichtserklärung – schon vor der FATCA-Entscheidung war das ein Unterfangen ohne Erfolgsaussichten.
Die EU will seit langer Zeit eine gemeinsame schwarze Liste von Steueroasen erstellen, um Staaten wie die Britischen Jungferninseln, Panama oder Gibraltar stärker unter Druck setzen zu können.
Daraus wird nicht viel.
Die EU-Staaten können sich nicht über zentrale Punkte einigen, wie ein internes EU-Dokument zeigt, nämlich der Entwurf für Schlussfolgerungen schon im Vorfeld dieses Finanzministertreffens vom 08. November in Brüssel.
Bei dem Treffen selbst ging es richtig heiss zur Sache:
Die Debatte der Finanzminister ist heftig gewesen und hat länger gedauert als geplant. Am Ende stand eine
Niederlage
jener EU-Mitglieder, die vergleichsweise hohe Abgaben auf Gewinne erheben. Es handelt sich um
- Deutschland,
- Frankreich,
- Italien,
- Spanien,
- Polen.
Eigentlich sollen Staaten in Sachen Steuertransparenz drei Kriterien erfüllen:
- Sie sollen sich grundsätzlich bereiterklären, am automatischen Austausch von Steuerinformationen teilzunehmen – Hier der Link zu den Staaten, die diese Erklärung abgegeben haben.
- Sie sollen sich zumindest „im Großen und Ganzen“ (!) am sogenannten Informationsaustausch auch tatsächlich beteiligen über abzuschliessende zweiseitige gegenseitige Verträge, die den Austausch faktisch erst umsetzen.
- Sie sollen am altehrwürdigen OECD-Übereinkommen über gegenseitige Amtshilfe in Steuerfragen teilnehmen. Das haben (Stand November 2016) bisher 105 Staaten unterzeichnet – von grossen Ermittlungserfolgen hört man bislang nichts.
Die slowakische Ratspräsidentschaft schlug schliesslich im Vorfeld des Treffens vor, dass schon die Erfüllung von zwei der drei Kriterien genügen soll während einer Übergangsphase bis zum 31. Dezember 2019.
Die „zwei von drei“-Regel wäre wie maßgeschneidert für die USA, die überhaupt nicht am automatischen Informationsaustausch teilnehmen. Da drohte die Aufnahme ausgerechnet der USA auf die „Schwarze Liste“ der EU – wie lächerlich – will der Schwanz mit dem Hund wedeln? Nun ist auch noch FATCA Geschichte. Macht das den Schwanz wedelaktiver? – Der Hund bellt belustigt!
Großbritannien hatte jedenfalls energisch Widerstand geleistet, berichteten Teilnehmer. Die Regierung in London hält ihre Hand über assoziierte Überseegebiete wie etwa die Cayman Inseln, Nevis, St. Vincent usw. Ausserdem vertritt London nach dem Brexit verstärkt US-Interessen. Großbritannien verwässert die Kriterien, damit die USA nicht auf der Schwarzen Liste landen. Vor allem der US-Bundesstaat Delaware steht wegen seiner extrem günstigen Steuerbedingungen für Unternehmen schon lange in der Kritik.
Die Briten bauen bereits für die Zeit nach dem Austritt aus der EU vor. Denn nach dem Brexit werden sie ein eigenes Handelsabkommen mit den USA abschließen. Donald Trump hat bereits positive Signale nach London gesendet. Wahrscheinlich wusste London zu diesem Zeitpunkt auch schon, dass FATCA ein Begräbnis erster Klasse von Trump erhält.
Jedenfalls wäre ein Konflikt mit den USA in Steuerfragen für die Briten in diesem Zusammenhang wenig hilfreich, denn noch ist man offiziell EU-Mitglied.
Aber auch Irland, Malta und Luxemburg haben sich auf die britische Seite geschlagen, hieß es in diplomatischen Kreisen. Es handelt sich um die Länder, die schon seit Jahrzehnten immer dann auf der Bremse stehen, wenn die EU Steuerschlupflöcher schließen will. Wir schätzen das sehr!
Steuerpolitische Beschlüsse in der EU können nur einstimmig gefasst werden. Daher war es kein Problem, die Kriterien für die Schwarze Liste der Steueroasen kräftig zu verwässern. Die Finanzminister einigten sich schließlich auf ein nicht quantifizierbares und deshalb wachsweiches Kriterium:
Auf die Schwarze Liste sollten jene Länder kommen, die
„mit Offshore-Strukturen, die keine echte wirtschaftliche Aktivität widerspiegeln, Gewinne anlocken.“
Es wird für uns und unsere entsprechend qualifizierten Kollegen bestimmt kein Problem werden, “wirtschaftliche Aktivitäten widerzuspiegeln”.
Ärger gab und gibt es auch unter dem Stichwort „faire Besteuerung“.
Wer nicht auf der schwarzen Liste landen wollte, so hieß es bisher, sollte ein System zur Unternehmensbesteuerung besitzen und keinen Steuersatz von Null oder nahe Null aufweisen. Das soll verhindern, dass Profite in Steueroasen abwandern, die mit der Erwirtschaftung des Geldes gar nichts zu tun haben.
Und schon wieder eine Pleite für die Blacklist-Protagonisten.
Die oben bezeichneten Länder haben argumentiert, dass der Steuersatz allein kein Zeichen einer schädlichen Steuerpraxis sei. Andere wiederum halten genau das für eine zentrale Anforderung. Das hört sich an wie eine populistische Stammtischdiskussion.
Die harte, nachprüfbare Formulierung mit dem “Steuersatz Null” wurde im Vorfeld des Treffens schon einmal verwässert mit der Formulierung Verbot eines Nullsteuersatzes, solange ein Steuersatz von „fast Null“ erlaubt bleibt. Nun wollen die Finanzminister aber alles erst einmal so richtig prüfen lassen – und zwar von einer Arbeitsgruppe namens „Verhaltenskodex“, der Beamte der diversen Finanzministerien angehören. Diese Arbeitsgruppe wurde bereits vor vielen Jahren geschaffen, um unfaire Steuerpraktiken abzuschaffen – in den vielen Jahren haben diese Jungs aber noch nie irgendeinen Erfolg vorweisen können.
Wir kommen aus dem Lachen nicht mehr heraus.
Eine Einigung ist nicht in Sicht. Dabei wollte man die einheitliche Schwarze Liste der Steueroasen doch unbedingt erreichen nach den pressewirksam aufgebauschten Skandalen um die „Luxemburg Leaks“ und die „Panama-Papers“.
Bisher hat die EU-Kommission lediglich eine improvisierte Aufstellung aus den diversen Negativlisten einzelner EU-Mitgliedstaaten gebastelt. Doch diese ist eigentlich unbrauchbar. Warum?
- Panama etwa gilt demnach nur in acht von 28 EU-Staaten als Steuerparadies.
- Manche EU-Länder haben bis zu 85 Länder auf ihrer schwarzen Liste – fast die halbe Welt,
- andere – wie etwa Deutschland – kein einziges.
Welche Konsequenzen den Staaten drohen, die auf der Liste landen, wurde bisher noch nicht einmal ansatzweise diskutiert. Will man beispielsweise nicht mehr durch den Panama-Kanal schwimmen lassen?
Zusammengefasst: Die EU will nach den jüngsten Steuerskandalen endlich eine gemeinsame schwarze Liste von Steueroasen erstellen. Doch selbst dieses Vorhaben wird an den unterschiedlichen Interessen von Hochsteuer- und Niedrigsteuerländern scheitern. Zudem versuchen die Briten ganz offensichtlich schon jetzt, für die Zeit nach dem Brexit vorzusorgen – indem sie die USA schützen.
Wie weiter oben bereits ausgeführt, machen die USA beim automatisierten Informationsaustausch – AIA – überhaupt nicht mit.
Sie sagten bisher, sie hätten FATCA, und das reiche.
Nur erfüllten die USA selbst im Rahmen von FATCA nicht wirklich das grundsätzliche zugesagte Kriterium der Gegenseitigkeit.
Sie können das rechtlich gar nicht, denn es gibt keine parlamentarische Mehrheit Gesetze zu beschliessen, die das möglich machen würden – nach der Trump-Wahl schon gar nicht.
Ausserdem wollen die Amerikaner gar keinen globalen Austausch von Kontodaten.
Praktisch konnte jeder über die USA schon vor der Abchaffung von FATCA die Offenlegungspflichten umgehen. Von Reziprozität konnte nie die Rede sein.
„Nichtamerikaner, die ihre Finanzinformationen privat halten wollen, haben kein Problem, das in Amerika zu tun“,
versichert Anwalt und Insider Cotorceanu. Die Amerikaner melden ihren Partnerländern nichts,
- wenn die Konten von (Briefkasten-)Unternehmen oder Stiftungen statt von Privatpersonen gehalten werden,
- wenn die Konten keine Erträge aus amerikanischen Quellen aufweisen – selbst dann nicht, wenn der Kontoinhaber eine natürliche Person ist aus Hamburg-Blankenese.
Inzwischen bieten US Banken Ausländern zinslose Girokonten an, die auch nicht berichtspflichtig sind.
Der von Republikanern beherrschte Kongress macht keine Anstalten, Banken zu zwingen, mehr Informationen über ihre Kunden mit anderen Ländern zu teilen.
Die US-Finanzlobby hält an der USA als Steueroase für Ausländer mit eiserner Hand fest.
Ein plastisches Beispiel: 25 Kongress-Abgeordneten verfassten 2011 ein Schreiben an Obama. In dem Schreiben wird vor der Vorschrift gewarnt, Zinszahlungen auf ausländische Vermögen offenlegen zu müssen. Es drohe der Abzug von Geldern in dreistelliger Milliardenhöhe, verbunden mit dem Abbau von Arbeitsplätzen.
“Mister President, wir bitten Sie, von dieser Regulierung dauerhaft Abstand zu nehmen.”
Das hat er seinerzeit und dauerhaft, der liebe Barack Obama.
Und das bleibt natürlich so unter Donald Trump. Trump will die Regulierung von Banken sogar noch weiter absenken. Es passt nicht ins trump’sche System, ein Gesetz zu schaffen, dass die Banken der USA zwingt, ausländische Vermögen offenlegen zu müssen.
Man hat die Daten gar nicht, die im Rahmen des AIA benötigt würden. Man wird sie auch in Zukunft nicht haben. Und inzwischen hat man nicht einmal mehr FATCA – jedenfalls nicht mehr mit dem Amtsantritt von Donald Trump
Im Gegenteil: Die Möglichkeit, Vermögen in den USA diskret zu verwalten, wird immer einfacher werden.
Somit ist alles gerichtet für die gedeihliche Entwicklung amerikanischen Finanzplätze und ihrer Steuerhäfen in Delaware, Wyoming, Nevada oder South Dakota. Das Geld fließt, sagen Eingeweihte.
Und da glaubt jemand, Grossbritannien will dieses Geschäft durch Kooperation mit der EU allein den USA und Donald Trump überlassen, weil irgendwelche europäischen Finanzminister ihren Bürgern ans Portemonnai wollen?
Da entsteht im Gegenteil ein Konkurrenzkampf um die besten diskreten Steueroasen-Anwendungen.
Glaubt immer noch jemand, dass Steueroasen keine Zukunft mehr haben?
- Unsere Möglichkeiten nehmen nicht ab, sie nehmen wieder zu.
- Deutschland kann uns nicht regulieren, denn dort arbeiten wir bekanntlich nicht.
- Und in Panama reguliert uns niemand – wie auch, wenn wir mit Strukturen rund um den Erdball arbeiten und die so zusammenbauen, wie es für den Einzelfall passt?
- In den USA auch nicht. Die Amerikaner haben uns im Gegenteil vorab mitgeteilt, dass FATCA tot ist. „Ihr seid herzlich willkommen!“, sagten sie – „Danke für die Einladung!“
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