Schweizer Anwälte nach Panama Papers

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In Deutschland wurde das Berufsgeheimnis des Rechtsanwaltes schon vor etlichen Jahren umfassend zu Grabe getragen. Einzelheiten dazu HIER.

Wie sieht das mit dem anwaltlichen Berufsgeheimnis in der Schweiz aus?

Und insbesondere nach der künstlich entfachten Hysterie um die Panama Papers?

Ein Mandant eines Schweizer Anwaltes will Geld in einem ausländischen Trust verwalten. Der Anwalt berät ihn, wie und wo er das Geld verwahren kann. Oft waren das in Panama aufgesetzte Konstrukte.

  • Durften Schweizer Anwälte aus beruflichen Gründen helfen?
  • Schützt sie das Anwaltsgeheimnis?
  • Müssen sie keinen Verdacht melden?
  • Sind sie nicht genügend überwacht?

Unterscheiden wir drei Sachverhalte:

  1. Anwälte, die Geld verwalten: Sie gelten als Finanzintermediäre, müssen die Regeln zur Geldwäschereibekämpfung einhalten und werden von einer Selbstregulierungsorganisation (SRO) überwacht. Spezialisiert wäre die SRO auf Anwälte und Notare. Doch Advokaten können die SRO frei wählen – also auch eine, die schlecht überwacht. Die Qualität dieser Organisationen ist gemäss Finma unterschiedlich gut. Das Parlament hätte es in der Hand, die Aufsicht zu stärken. Werkzeug dazu wären das Geldwäscherei- oder das Finanzinstitutsgesetz.
  2. Anwälte als Berater von Trusts: Sie unterstehen in der Schweiz keiner Überwachung. Dieser Zustand widerspricht den internationalen Geldwäscherei­normen, die die Schweiz als Mitglied der Organisation FATF-Gafi anerkannt hat. Das Parlament hätte es in der Hand, das Geldwäschereigesetz zu revidieren und Berateranwälte diesem zu unterstellen.
  3. Anwälte im gemischten Mandat: Sofern sie nur Geld verwalten (Finanzintermediäre), müssten sie einen Geldwäschereiverdacht melden. Wenn Sie aber diesen Klienten gleichzeitig vor ­Gericht oder gegenüber einer Behörde vertreten, können sie sich aufs Anwalts­geheimnis berufen. Selbst wenn sie von einer kriminellen Herkunft des Geldes wissen, sind sie bei Geldwäschereiverdacht der Meldepflicht nicht unterworfen, soweit ihre Tätigkeit dem Berufsgeheimnis untersteht. Es gibt keine schematische Unterscheidung, sondern nur die Bewertung der konkreten ­Umstände des Einzelfalls. Als kaufmännisch gilt, was normalerweise von Vermögensverwaltern, Treuhandbüros und Banken wahrgenommen wird. Dem Berufsgeheimnis untersteht nicht alles, was der Anwalt tut, es gilt aber umfassend in Bezug auf das Anwaltliche. Im „kaufmännischen Bereich“ aber eben nicht, wenn das überwiegt. Das Parlament könnte diesen Spielraum im Geldwäschereigesetz eingrenzen.

Nach Schweizer Recht muss der Rechtsanwalt, der „kaufmännisch arbeitet“, die Herkunft von Vermögenswerten klären, sofern er „Anhaltspunkte“ hat, dass es deliktischer Herkunft „sein könnte“. Im Gesetz steht, dass er aktiv werden und sich erkundigen „muss“, wenn

„er weiss oder annehmen muss“,

dass es aus einem Verbrechen stammt. Der Begriff des „Verbrechens“ ist zwischenzeitlich weit heruntergeschraubt geworden. Was kürzlich noch blosse Ordnungswidrigkeit war, wird heute als Verbrechen betrachtet. Die Inflationierung des Begriffs des Verbrechens wird deutlich am begrifflich ins Unendliche ausgeweiteten Geldwäschetatbestandes .

Der klassische Anwalt als Vertrauensperson – ohne wenn und aber – ist selbst in der Schweiz abgeschafft worden, zumindest dann, wenn er auch als Finanzintermediär agiert. Man hat ihn gezielt in eine Ecke verfrachtet, in der er mit einem Bein immer im Gefängnis steht.
Das Berufsgeheimnis schützt ihn nicht unbedingt. Schweigt er, so macht er sich vielleicht strafbar. Mit einer derartigen Ungewissheit als Anwalt umgehen zu müssen ist nicht jedermanns Sache.

Aber:
Die internationalen Geldwäscherei-Normen FATF-Gafi besagen: Anwälte, die Klienten finanziell beraten, müssen Geld und Klienten bei Geldwäschereiverdacht der Behörde melden.

In der Schweiz ist diese Empfehlung bislang nicht umgesetzt worden.

Das Schweizer Parlament hat das Anwaltsgeheimnis – bisher – als wichtiger eingestuft als die Notwendigkeit der Meldepflicht. Man war der Überzeugung, dass die Strafdrohung des Strafgesetzes und die Regeln des Geldwäschereigesetzes hinreichend seien, um kriminelles Geld bei der Einspeisung ins Bankensystem zu entdecken. Die zusätzliche Keule wurde demnach bis heute zurückgehalten.

Die Selbstregulierung der Anwälte in der Schweiz ist durchaus scharf. Kontrolleure im Auftrag der Schweizer SRO sind eigens dazu ausgebildet, hinzuschauen und wenn notwendig zu sanktionieren. Je tiefer sie als Spezialisten in der Finanzmaterie drin sind, desto eher die Wahrscheinlichkeit, dass sie Missstände aufdecken.
Das funktioniert so, dass beispielsweise Genfer Anwälte durch auswärtige und nicht durch Genfer Anwälte kontrolliert werden, das „Krähen Prinzip“ ist ausgeschaltet. Die Kontrolleure haben genaue Vorgaben, was und wie zu prüfen ist. Die Finma wiederum überprüft dies – und sie hält sich, wenn notwendig, nicht mit Kritik zurück.

Nach den Panama Papers hat man sofort das Prüfschwergewicht verlagert.

  • Neu ist erstens, dass die Kontrolleure die Dossiers mit politisch exponierte Personen (PEP) vertieft überprüfen. Es geht um die Frage, ob diese PEP regelkonform erfasst und mit Sorgfalt überprüft worden sind.
  • Und neu ist zweitens, dass zu überprüfen ist, ob Dossiers mit Offshore-Trust-Strukturen sauber erfasst wurden, das heisst etwa, ob die wirtschaftlich Berechtigten und die Herkunft der Gelder hinreichend abgeklärt wurden.

 

Darüber hinaus geht man den Hinweisen von „involvierten Anwaltskanzleien“, die den Berichten über die Panama Papers zu entnehmen waren, nach.

Es könnte durchaus sein, dass nun starker Druck auf das Berufsgeheimnis der Schweizer Rechtsanwälte aufgebaut wird. Man wird die Entwicklung kritisch beobachten müssen.

In Panama tätige Juristen aus der Schweiz oder auch aus Deutschland unterliegen keinen Restriktionen.