Sascha Lobo & Panama Pop

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Panama Leak ist Pop

Das GröLaZ, das „größte Leak aller Zeiten“, nennt Sascha Lobo im Spiegel das Mossack-Fonseca-Leak. Schon die Datenmenge ist unfassbar, gigantisch – eigentlich gar nicht über ein Internet extern herunterladbar. Allein das ist Pop.

Der Panama-Papers-Pop, kurz:

PPP.

Alles ist Pop, wenn es nicht um Inhalte geht. Inhalte sind nie Pop.

Pop ist all das, was geschieht, was gesagt wird. Die Inszenierung ist es, die grosse Show, die Orchestrierung, die Interpretationen – die Diffusität der Inhalte ist das Interessante. Das ist Pop!

Der Panama Papers Pop ist vergleichbar mit einem Bundestagswahlkampf. Da geht es auch nicht um Inhalte. Da werden Inhalte sogar von oben verboten:

„Das ist zu wichtig, als dass es zum Wahlkampfthema gemacht werden darf!“

Es geht nicht um praktizierte Demokratie, es geht um Pop.

Man diskutiert mit der Pop-Ikone Mama Merkel aus der Uckermark ihre schwarz-rot-goldene „Schlandkette“ im Fernsehtalk; Pop halt. Politische Inhalte sind abgeschafft, sind populistisch, geradezu rechtsradikal. Man lässt sich doch den Pop nicht verderben. Stefan Raabs Knochen in der Suppe sind interessant, nicht die Schuldenkrise, die ist nicht Pop, also Maulkorb!

Pop-Art des Uckermark-Girls, der hippen evangelischen Pfarrerstochter ist in:

„Liebe den Flüchtling mehr als Deinen Landsmann“.

Oder:

„Wenn ein Muslim Deine Frau vergewaltig, halt ihm auch noch Deine Tocher hin.“

Was hätte wohl Luther zu dieser Art des Nächstenliebe-Pop gesagt? – Richtig, ist genau überliefert:

„Auf fremdem Arsch ist gut rutschen.“

Schon Luther war Pop, er wusste es nur nicht.

Aber das ist nur Polit-Pop. Pop ist allgegenwärtig.

Im Fussball beispielsweise.

Panama-Pop und Fussball gefällig?

Der Beisser aus Uruguay bei der WM in Brasilien, das war Pop, der Vampir Luis Suárez.

Und es ist Pop, wie er jetzt mit Neymar und Messi für Barcelona Tore wie am Fliessband produziert.

Und der Fussball-Pop setzt sich fort.

Der Beisser ist nämlich Mandant von Mossack-Fonseca.

Und wer noch? – Richtig: Messi.

Wer hat Messi gross gemacht? Das ist doch keine Frage, das war Pop, falsch: Pep Guardiola.

Aber die Sache geht weiter.

Wer hat Pep Guardiola zum FC Bayern geholt? Das weiss doch jeder, das war Uli Hoeness. Moment mal. Hoeness ist rechtskräftig verurteilter Steuerhinterzieher, war Pop-Häftling und holt ausgerechnet einen Trainer, der mit Mossack-Fonseca verbandelt zu sein scheint – oder gar als Berater fungiert:

  • Immerhin ist da erst mal der poppige Panama-Messi, das steht fest.
  • Dass der Beisser erst nach Guardiola kam, ist geschickte Inszenierung von Guardiola und Hoeness und wahrscheinlich auch Rummenigge, dem Rolex-Schmuggler.
  • War das Hoeness-Geld in der Schweiz vielleicht nur die Portokasse für die dicken Geschäfte mit Mossfon im internationalen Transferpoker?
  • Ist der FC Bayern eine Aussenstelle von Mossfon?

 

Aber egal, ist ja alles Pop. Genau wissen wollen wir das deshalb gar nicht. Schliesslich wäre es dann nicht mehr Pop.

Und Mossfon spielt mit bei der fussballerischen Pop-Inszenierung. Fonseca und der Beisser inszenieren eine

High-Pop-Special-Show:

Mossfons Beisserchen eröffnet die Show. Im uruguayischen Sender „Monte Carlo TV“ klagt er über seinen ehemaligen Berater Daniel Fonseca:

„Er schuldet mir noch 20 Prozent meines Transfers von Nacional de Montevideo nach Groningen – also rund $200.000.“

Ausserdem habe er ihm versprochen, dass er monatlich €30.000 verdienen würde, am Schluss waren es aber nur €10.000. Da wird Pop dann plötzlich traurig, mitleidserregend geradezu.

„Suárez lügt, denn er ist ein psychisch kranker Junge. Er sollte seinen Psychologen wechseln. Oder noch besser: Er gehört in eine Psychiatrie. Zum Rechnen braucht Luis seine Finger, denn der Junge kann ja nicht mal kopfrechnen.“,

konterte Fonseca in „Radio 1010“ in Pop-Art – wohlwissend, dass Suárez nicht seine Finger benutzt, sondern sein Gebiss. Und das ist gut so. Schliesslich hat der Beisser mehr Zähne als Finger.

Jedenfalls zeigt der Dialog, dass unsere Kollegen in Panama auf die Spielregeln des Pop bereits gut eingestellt worden sind. Immer der Zeit voraus, geradezu trendsetzend – wie von Pop, nein, Pep Guardiola gecoacht.

Man hat dort erkannt: Pop ist es, was die echte Wirkung erzielt in der Zeit von Tablets, Smartphones und Kopfhörern – verbunden mit der Spielekonsole. Fakten sind ewiggestrig, uncool, zum Gähnen, phantasielos.

Ja, es ist richtig, Herr Lobo, die Panama Papers sind als Ereignis wichtiger als die Inhalte, denn sie markieren einen Anfang.

Den Anfang des Leaks als Pop.

Das ist unsere Leistung hier in Panama. Das kann uns niemand mehr nehmen. Da sind wir stolz drauf.

Wir sind Pop!

Und Pop zeigt Wirkung.

  • Der Premier von Island ist bereits zurückgetreten.
  • David Cameron wird zu Witzfigur.
  • Argentiniens Präsidenten Macri sagt, er sei an Briefkastenfirmen beteiligt gewesen, aber Gewinn hätten die nie gemacht – also zählten sie auch nicht zu seinem Vermögen. Ach so ist das!
  • Sebastian Vettel sagt, das sei seine Privatsache.

 

Jeder findet in der Popkultur das, was er finden will, eine Aufgabe, einen Anlass, eine Bestätigung der eigenen Weltsicht, stellt Sascha Lobo dar. Und er fährt fort:

  • „Ein paar SPD-Politiker empören sich und fordern schärfere Gesetze. So wie sie es immer tun, wenn irgendwas in der Finanzwirtschaft geschieht.
  • Ein paar CDU-Politiker relativieren, so wie sie es immer tun, wenn irgendwas in der Finanzwirtschaft geschieht.
  • Kapitalismuskritiker sehen ihr gefühltes Wissen über die Reichen und Mächtigen bestätigt.
  • Atlantisch geprägte Kommentatoren betonen misstrauisch die Putin-Verbindungen,
  • anti-atlantisch geprägte Kommentatoren betonen misstrauisch die Betonung der Putin-Verbindungen.
  • Nur eine Frage der Zeit, bis der erste „Israel-Kritiker“ die Ab- oder Anwesenheit von Juden in den Panama Papers als 200-prozentigen Beleg für die unleugbaren Jahrtausendfrevel der „Zionistischen Weltverschwörung“ herauströtet.
  • Die Internetpeople spotten auf Twitter wie immer,
  • vermuten auf Facebook querfeldein wie immer
  • und basteln T-Shirts mit dem Logo der Kanzlei Mossack Fonseca wie immer.
  • Anlassbezogene Erotic Romance-E-Books (Putin und Panama!) erscheinen wie immer.
  • Auf der Fifa hacken alle herum wie immer, die hat es aber auch wirklich nicht anders verdient.“

 

Und weiter:

„Die Mehrzahl der öffentlichen Äußerungen hätte ein Team mittelmäßiger Drehbuchautoren wortgleich vorher gescriptet, allein auf den Zuruf ‚Steuerleak‘ „

– mit der Überraschungskraft des Donners nach dem Blitz. Pop ist berechenbar, Pop löst Pawlow’sche Reflexe aus:

1.

Das deutsche Bundesfinanzministerium prüft, ob Steuersparmodelle in Deutschland künftig angemeldet und genehmigt werden müssen. Zudem plant der Pawlow’sche Hund Schäuble, deutschen Unternehmen, die sich in zwielichtigen Steueroasen engagieren, künftig steuerliche Vergünstigungen zu streichen. Da werden die USA aber empört sein.

2.

Der Schweizer Finanzminister Ueli Maurer sieht trotz der Enthüllungen der Panama Papers keinen Bedarf für weitere Regulierungen in der Schweiz. Er verteidigt die Praxis Wohlhabender, ihr Geld in Offshore-Geschäften zu investieren.

„Man muss diese Möglichkeiten schaffen“,

sagte Maurer im „Blick“.

„Wir dürfen uns nicht als Obermoralisierer der Welt aufspielen.“

3.

Landsmann und Genfer Anwalt Maître Bonnard wird noch poppiger.
Die Linke verteile halt das Geld, das sie nicht zu schaffen imstande sei. Es trübt die Laune des Genfer Advokaten, dass ausgerechnet jene am meisten wütend sind, die am wenigsten Steuern zahlen; er nennt sie Parasiten.
Dass es in bestimmten Ländern Steuerparadiese gebe, sagt er weiter, hänge damit zusammen, dass andere in Steuerpurgatorien oder gar Steuerhöllen leben müssten. Der Hölle ins Paradies entkommen zu wollen, das sei doch mehr als verständlich.
Marc Bonnant wurde von der französischen Ehrenlegion für die Verteidigung der französischen Sprache dekoriert, er gilt als einer der brillantesten Rhetoriker der Frankofonie, wird für seine argumentative Schärfe bewundert. Bonnant tritt auch im Theater auf, wo er Marie-Antoinette verteidigt, Jesus oder den Marquis de Sade.
Klar, dass er auch einen würdigen Auftritt im Rahmen des Panama-Pops auf die Bretter zauberte.

Ist Offshore nun Pop oder nicht?

Wir in Panama sind es gewesen, die das Leak endgültig in den Mainstream integriert haben:

In seiner Ausgestaltung als Panama Pop.

Pop ist unsterblich, unsterblich schön.

Wie Panama.

„Oh, wie schön ist Panama!“