Weiter schlafen ist nicht die Lösung.
Die Wecker klingeln, man muss sie nur hören – besser lesen!
Die vielen Krisen-Anzeichen haben Mervyn King, einst Chef der Bank of England, in Washington vor dem Internationalen Währungsfonds im Sommer 2019 zu einer Brandrede motiviert.
„Wir schlafwandeln in die nächste große Finanzkrise“,
warnt er, ein
„finanzielles Armageddon“
hätte furchtbare Auswirkungen auf die Legitimität des demokratischen Systems. Auch so kann man den Begriff “System-Crash” umschreiben.
Niemand bezweifele die derzeitigen Turbulenzen bedingt etwa durch Handelskriege, so King, aber
keiner hinterfrage die Grundlagen der Wirtschaftspolitik.
Das sei anders als nach der Großen Depression Anfang der 1930-er Jahre. Der Rat des Geldexperten: Es sei Zeit, dass sich die wichtigsten Zentralbanker hinter den Kulissen mit der Politik darüber verständigten, wie verletzlich das System in Wirklichkeit heute sei.
Seit der grossen Finanzkrise, also seit gut einem Jahrzehnt, befinden sich die Notenbanken in einer intensiven Phase der geldpolitischen Lockerung. Unbeantwortet bleibt die Frage, die nicht nur in Finanzmarktkreisen immer häufiger gestellt wird, ob und wie die Geldpolitik jemals wieder normalisiert werden kann.
Man konnte Zahnpasta aus der Tube herausdrücken, aber niemand weiss, wie man die Zahnpasta wieder in die Tube zurückdrücken kann. Das hat Konsequenzen für die Systemstabilität.
Einen ersten ernsthaften, aber mittlerweile abgebrochenen Versuch zur Normalisierung hatte die US-Notenbank mit ihren Zinserhöhungen unternommen. Sehr deutlich aber zeigt sich, wie Marktanalytiker betonen, dass die zur Normalisierung durchgesetzten Zinserhöhungen und die eingeleitete quantitative Straffung (QT), also das Gegenstück zur quantitativen Lockerung (QE),
ernsthafte Konsequenzen für die Fortexistenz des bestehenden Finanzsystems
haben.
In einem Kommentar argumentiert Lacy Hunt, der angesehene Chefökonom der Hoisington Investment Management Company, dass der eingeleitete Abbau der Fed-Bilanz die globale Dollar-Liquidität reduziert habe – definiert als die monetäre Basis plus der Bestand von US-Staatsanleihen, den ausländische Notenbanken bei der Federal Reserve Bank von New York halten.
- Die restriktiveren Bedingungen hätten sich global ausgebreitet,
- die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes sei stark gesunken,
- und das globale Wirtschaftswachstum habe sich abgeschwächt.
Merkwürdige Ereignisse am Repo-Markt
Über merkwürdige Ereignisse in den vergangenen zwölf Monaten wundert sich John Mauldin, ein renommierter Marktkommentator. In dieser kurzen Zeit habe man erlebt,
- wie das Fed Zinsen erhöht,
- Zinsen wieder senkt,
- die eigene Bilanz abbaut,
- die eigene Bilanz wieder ausweitet,
- Liquidität abzieht
- und Liquidität wieder zuführt.
Die bis jetzt deutlichste Warnung seien die
seit Mitte September 2019 sichtbar gewordenen Liquiditätsprobleme im US-Geldmarkt,
die das Fed zu ausserordentlich energischen Eingriffen gezwungen haben.
- Der Repo-Markt ist für das Funktionieren des Bankensystems zentral.
- Die Gründe der Probleme lägen aber bis heute weitgehend im Dunklen.
Problematisch sei insbesondere: Den Liquiditätsengpass hat niemand kommen sehen,
obschon bereits im Juli gewisse Friktionen aufgetreten waren. Das sieht aus wie ein “Schwarzer Schwan”.
Ähnliche Hickser habe es auch 2007–08 gegeben, sagt Mauldin. Einzeln waren sie handhabbar gewesen. Zusammen aber hätten sie sich (weitgehend unbemerkt) zu deutlich Schlechterem addiert, nämlich der seinerzeitigen globalen Finanzkrise.
Für Mauldin demonstriert die Repo-Krise grundsätzliche Probleme der seit Jahren verfolgten, unkonventionellen Geldpolitik.
Gegenwärtige Brüche könnten mit ihr zwar gekittet werden, aber auf Kosten grösserer Schwierigkeiten zu einem späteren Zeitpunkt. Vor allem ist der Ausstieg, die Normalisierung, schwierig bis unmöglich. Dies hätten der Abbruch des Zwei-Faktoren-Experiments des Fed von 2017–18, Zinserhöhungen kombiniert mit Bilanzabbau (QT), und die folgende Lockerung gezeigt. Das Grundproblem der Normalisierung der Geldpolitik wurde dabei schmerzhaft manifest:
Es kann zu unvorhersehbaren Krisen kommen, die – vorübergehend oder dauerhaft – zu monetären Kehrtwendungen zwingen.
Nun scheint die Krise am US-Repo-Markt nicht abzunehmen, sondern sich zu verschärfen.
Trotz täglichen hohen Repo-Interventionen des Fed und dem Start der permanenten Offenmarktoperation (Pomo) verspüren Geschäftsbanken immer noch einen Mangel an Liquidität. Einige Liquiditätsangebote des Fed wurden überzeichnet, die beiden ersten Pomo sogar um mehr als das Vierfache.
Die Zentralbank wird zumindest bis Januar 2020 mit ihren täglichen Käufen im Übernacht-Repo-Markt in Höhe von US-Dollar 75 Milliarden fortfahren – also keine Besserung in Sicht!
Die Notenbankbilanz ist wieder auf über US-Dollar 4 Bio. gestiegen. Marktkommentatoren fragen sich, warum sich die Banken trotz der Hilfe des Fed hartnäckig weigern, ihre Liquiditätsbedürfnisse am Interbankmarkt zu decken:
Wissen die Banken über das Finanzsystem etwas, was die Öffentlichkeit nicht weiss?
Wachstumsbremse Schulden
Zum langsameren Wachstum der Weltwirtschaft trage nicht nur die Liquiditätsverknappung, sondern auch die steigende Überschuldung bei, meint Lacy Hunt. Schulden schafften immer weniger Wachstum. Global erzeuge jeder Dollar Schulden nur US-Dollar 0.42 Wachstum, das sind 11% weniger als noch vor zehn Jahren.
Und nicht vergessen:
Insoweit steht die Euro-Zone noch schlechter als die USA da.
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