Das Global Tax Transparency Forum der OECD hatte in der ersten Novemberhälfte 2016 das Ergebnis der Überprüfung Panamas veröffentlicht hinsichtlich der Erfüllung der formal übernommenen Verpflichtungen in der Phase 2 zur Erreichung des sog. “Internationalen Standards” in Sachen Transparenz.
Ergebnis:
Die Jurisdiktion des Landes Panama hätte ernste Schwierigkeiten, die Informationen auch nur zu erheben, die es auszutauschen galt in der Dreijahresperiode, die am 30. Juni 2015 abgelaufen war.
Obwohl das einschlägige panamaische Gesetz vorschreibt, dass für jede Aktiengesellschaft und Stiftung der vorgeschriebene örtliche anwaltliche Repräsentant verpflichtet ist, die „knowing your client“ (KYC) Regeln anzuwenden, hat die Überprüfung ergeben, dass es nicht durchgängig möglich war, die Identität und die Eigentumsfrage hinsichtlich der Strukturen zu klären.
Teilweise lag das daran, dass es keine Sanktionen gab gegen Gesellschaften, die das Aktienregister nicht auf dem aktuellen Stand gehalten hatten oder sogar gar nichts gemeldet hatten.
Ausserdem hätte Panama, so das Global Tax Transparency Forum, überhaupt keinen direkten Kontakt zu Gesellschaften, die ausserhalb Panamas tätig wären.
Jegliche Übersicht ginge darüberhinaus allein deshalb verloren, weil 70% der registrierten Gesellschaften inaktiv zu sein scheinen. Ein Kontakt zu den Gesellschaften und Eigentümern derselben zum örtlichen Repräsentanten bestünde nicht mehr, wäre verlorengegangen. Das hätte 486.000 Kapitalgesellschaften und auch 17.000 Stiftungen des privaten Rechts betroffen. Die Massen an Karteileichen verstopfen jede Übersicht.
Das Ergebnis all der innerpanamaischen verwaltungstechnischen Probleme war, dass panamaische Behörden nicht in der Lage waren, auf ausländische Auskunftsersuchen hinsichtlich von Eigentümern von Strukturen innerhalb dieser beobachteten Dreijahresperiode zu antworten.
Die genaue Zahl der fehlgeschlagenen Anfragen sei nicht verfügbar, so das Global Tax Transparency Forum.
Ein als solches bezeichnetes „major partner Land” hätte aber erklärt, es hätte insgesamt zehn Antworten erhalten im März 2016. In diesen konnte aber kein Eigentümer mitgeteilt werden, weil die Gesellschaften nur Inhaberaktien ausgegeben hätten, deren Eigentümer nicht bekannt seien. Einige Anfragen waren zunächst überhaupt nicht beantwortet worden, sondern erst aufgrund einer Zweitanfrage / Erinnerung. Aber auch die darauf erfolgten Antworten brachten nicht die gewünschten Informationen, und es hätte sich ergeben, dass die eigens eingeführten Inhaberaktienregelungen fruchtlos geblieben waren (O-Ton: „may not be wholly effective“).
Darüberhinaus stellt der Report des Global Tax Transparency Forums fest, das die KYC-Anforderungen an die örtlichen Repräsentanten der panamaischen Strukturen in dem dreijährigen Beobachtungszeitraum schwach waren ohne Möglichkeiten der Aufsichtsbehörden, die Verpflichtungen durchzusetzen bzw. Sanktionen zu verhängen.
Ein weiteres Schlüsselproblem wäre gewesen, dass nur ausserhalb Panamas arbeitende panamaischen Kapitalgesellschaften gar nicht verpflichtet waren, Buchhaltungsunterlagen vorzuhalten. Das ist allerdings an sich logisch, denn aufgrund des “territorialen Besteuerungsprinzips” Panamas sind nur im Inland erzielte Umsätze steuerpflichtig. Die Verpflichtungen bestanden folgerichtig nur für innerhalb Panamas aktive Kapitalgesellschaften. Was gar nicht geführt werden muss, unterlag auch keiner Aufbewahrungspflicht gemäss panamaischem Fiscal Code.
Die panamaischen Behörden konnten den Ermittlern des Global Tax Transparency Forums nicht einmal Angaben dazu machen, von wie vielen Strukturen insgesamt keine Buchhaltungsunterlagen verfügbar waren.
Das ist panamaische Verwaltungswirklichkeit. “Niemand weiss etwas”. Resigniert stellt der OECD-Bericht fest, dass “in 40 von 48 Fällen” keine Buchhaltungsunterlagen verfügbar waren.
Hinsichtlich der Stiftungen des privaten Rechts sind die Stifter immer bekannt, weil diese im Register benannt werden müssen. Das aber wiederum sind im Regelfall Strohmänner. Auch die Stiftungsräte sind aus dem Register ersichtlich. Aber all diese Informationen verraten nichts über den tatsächlichen Begünstigten. Im Ergebnis sind Begünstigte von Stiftungen den panamaischen Behörden nicht bekannt, wenn sie nicht aus dem öffentlichen Register ersichtlich sind. Das wiederum ist ausdrücklich nicht vorgeschrieben. Im Regelfall werden diese Regelungen in Beistatuten getroffen, die zwar notariell beglaubigt werden – aber nicht registriert.
Im April 2015 waren zwar Sanktionen in Form von Strafzahlungen eingeführt worden in Panama für juristische Personen mit Geschäftstätigkeit innerhalb Panamas, die ihren Akten- und Buchhaltungsverpflichtungen nicht nachkommen. Aber das interessiert in Wirklichkeit niemanden, weil die Verwaltung viel zu schwach ist, diesen Fällen nachzugehen.
Und was ist diesbezüglich mit Stiftungen?
Diese haben überhaupt keine Verpflichtung zur Buchhaltung. Wo kämen wir denn da hin, wenn Stiftungen, die gar kein Gewerbe führen dürfen, plötzlich zur Buchhaltung verpflichtet wären? Das wäre so, als ob Panama Massnahmen vorhalten müsste für den Fall, dass in dem Tropenland der Kanal zufriert.
Aber Panama will ein „liebes Kind“ sein in der internationalen Staatengemeinschaft.
Am 27. Oktober 2016 wurde das Gesetz (Law) 52 of 2016 geschaffen
Auch für ausserhalb Panamas tätige Juristische Personen wurde damit formal die Verpflichtung begründet, Buchhaltungsunterlagen vorzuhalten für mindestens fünf Jahre
“for any corporation, limited liability company, private interest foundation and any other legal entity for commercial purposes…”
Diese Buchhaltungsunterlagen müssen die Art der Geschäftstätigkeit beschreiben, Guthaben und Zahlungsverpflichtungen bezeichnen, etc.
Periodisch obligatorische Berichte werden nicht verlangt. Man muss nur darauf vorbereitet sein, auf Anfragen jederzeit Auskunft geben zu können, so das Gesetz.
Die Buchhaltungsunterlagen sind zu führen im Büro des örtlichen Repräsentanten oder aber eben an jedem anderen beliebigen Ort, wie es das Direktorium oder die zuständige Verwaltung der Juristischen Person beschliesst; das kann also durchaus auch in Äthiopien oder sonstwo sein. Es muss allerdings schriftlich hinterlegt werden,
- die physische Adresse, wo die Buchungsunterlagen geführt werden;
- Name und Kontaktdaten der Person, die das alles in Verwahrung hat;
- von Änderungen dieser Adresse bzw. der Verwahrungsperson ist der örtliche Repräsentant binnen 15 Tagen zu benachrichtigen;
- kommt es zu einer formalen Anfrage, aufgrund derer die Behörden in Panama die Unterlagen einsehen wollen, sind diese erneut binnen 15 Tagen dem örtlichen Repräsentanten zu übergeben;
- geschieht das nicht, wird der örtliche Repräsentant verpflichtet, dem Register die Niederlegung seines Amtes hinsichtlich dieser juristischen Person anzuzeigen.
Der arme Kerl, dann bekommt er keine Gebühren mehr.
Der Regelfall dürfte wohl sein, dass, wenn hinsichtlich einer Kapitalgesellschaft eine förmliche Anfrage kommt, und es wirklich etwas zu verheimlichen gibt, dann man wohl die Tätigkeit mit dieser Gesellschaft ohnehin einstellt und besser eine neue gründet – oder?
Und wass passiert, wenn im Ausland aufbewahrte Akten – in Äthiopien oder sonst wo – von panamaischen Kapitalgesellschaften auf irgendeine Art und Weise verlorengegangen sind?
- Vom Hund zerrisssen,
- von der Oma in die Suppe geworfen?
Oder die Buchhaltung wird von einem Outsourcing-Unternehmen geführt, das dann verantwortlich gemacht wird dafür, dass nichts da ist?
Wenn man schlüssig darlegen kann, dass man beim Auswahlverfahren des Oursourcing-Anbieters nicht geschlampt hat, sind Vorwürfe ordnungsrechtlicher Natur schwer zu begründen. Eine Schadenshaftung wiederum geht an der Sache vorbei, denn Panama erleidet in diesem Fall keinen steuerlichen Einnahmeausfall, weil sich am territorialen Besteuerungssystem schliesslich nichts geändert hat: Steuern zahlen müssen die Gesellschaften auch weiter nicht für Umsätze/Gewinne im Ausland. Panama hätte gar keinen Schaden, den es zu ersetzen gäbe unabhängig von einem Verschulden.
Mehr als eine Ordnungsstrafe kann einem jedenfalls nicht passieren, aber auch das ist unwahrscheinlich.
Nun haben wir ein neues Gesetz in Panama, und man hofft, das Global Tax Transparency Forum der OECD mal wieder ruhiggestellt zu haben.
In Panama wird in Sachen von eingegangenen zwischenstaatlichen Informationsverpflichtungen nur Kosmetik betrieben, mehr nicht. Man will ja angeblich gern, es funktioniert aber leider nicht.
Es mangelt an der notwendigen Anzahl an Verwaltungspersonal, um den zwischenstaatlichen Auskunftsersuchen nachkommen zu können. Über die hinreichende Qualifizierung der Verwaltungsbediensteten breiten wir höflich die Decke des Schweigens.
An der Qualität der Verwaltung hat sich mit dem neuen Gesetz natürlich nichts verändert. Wir haben wieder ein paar Bestimmungen mehr, um die sich in Wirklichkeit niemand kümmert. Ausführungsbestimmungen existieren bislang keine, bis auf weiteres sind auch keine zu erwarten.
Eine Stiftung des privaten Rechts ist überhaupt nicht verpflichtet zur Buchhaltung, selbst wenn sie Vermögen innerhalb von Panama verwaltet. Eine Änderung des Stiftungsrechts will niemand, dafür gäbe es keine parlamentarische Mehrheit. Der Stiftung ist gewerbliche Tätigkeit ausserdem untersagt. Die Stiftung darf zwar wie eine Holding Kapitalgesellschaften haben und deren Tätigkeit kontrollieren, aber selbst übt sie keine Geschäftstätigkeit aus.
Wenn es in dem bereits oben zitierten Gesetzestext zur Buchhaltungsverpflichtung heisst:
“for any corporation, limited liability company, private interest foundation and any other legal entity for commercial purposes…”
und damit ausdrücklich der Zweck der gewerblichen Tätigkeit als Voraussetzung genannt wird (“for commercial purposes”), dann fragt man sich als in Europa ausgebildeter Jurist, wie es sein kann, dass in einem Gesetzestext überhaupt der Begriff der Stiftung auftauchen kann, wenn Stiftungen gar keine gewerbliche Tätigkeit ausüben dürfen.
Vielleicht nicht zu Unrecht meint man in Panama, die Jungs des Global Tax Transparency Forum der OECD wollen nur irgendetwas lesen – und nicht darüber nachdenken, dass das alles in Wirklichkeit purer Unsinn ist.
Alles ist kaum praktikabel, alles ist leicht auszubremsen über
- den Hund,
- die Oma,
- die schlampige Outsourcing-Firma,
- den Ort, wo die Buchführung getätigt wird,
- …
Und bei der Stiftung gibt es nicht einmal etwas, was “ausgebremst” werden müsste, die betrifft die neue gesetzliche Regelung in Wirklichkeit gar nicht.
Wir, die Internetkanzlei, wollen aber die absolute Sicherheit:
Die panamaischen Strukturen der Internetkanzlei werden geführt von ausländischen Trusts / Treuhandgesellschaften, aus Belize, Nevis und Grossbritannien; das ist alles vom Preis umfasst. Wirtschaftlich Berechtigte für panamaische Behörden sind folglich immer die entsprechenden Strukturen dieser Jurisdiktionen. Und dort wird nichts verraten – nach dem Brexit schon gar nicht.
Der örtliche Repräsentant bekommt immer seinen Berechtigten, dass ist aber nicht der Mandant – es sei denn, er will ausdrücklich als solcher bekannt sein
Im Ergebnis ist Panama so diskret wie eh und je.
Wetten? Der Report des Global Tax Transparency Forums der OECD im November 2017 wird auch wieder lustig werden!