Im Frühjahr 2016 sorgten Millionen Dokumente aus einer internen Datenbank der panamaischen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca für Aufsehen.
Von Geldwäsche, illegal im juristischen Sinne, ist bei den Panama Papers bislang kaum etwas bekannt geworden.
“Viel Lärm um nichts.”
Wieso wurden vermeintliche Steueroasen wie Panama oder die Cook Islands nicht schon längst ausgetrocknet, wenn ein Großteil der Bürger solche Schlupflöcher für Betrug hielte? Was ist so schwierig daran, eine solche Steuervermeidung zu verhindern?
Das Problem beginnt bereits dabei, das genaue Ausmaß bei den Panama Papers zu beziffern.
„200.000 Briefkastenfirmen klingen natürlich wahnsinnig viel“,
sagt Tobias Hentze, Steuerexperte beim arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln.
„Allerdings lässt das keine Rückschlüsse zu, wie viel Kapital sich dort wirklich befindet.“
Tatsächlich finden sich in den bisherigen Veröffentlichungen zu den Panama Papers wenige konkrete Zahlen, wie viel Geld hinter den Scheinfirmen steht. Bislang gab es vor allem Seifenblasen, aber wenig Belege. Zumal schliesslich so gut wie niemand mit seiner Panama Stiftung das Geld bei einer Bank ausgerechnet in Panama selbst Rendite erwirtschaften lässt.
Clemens Fuest, seit April 2016 neuer Präsident des Münchner Ifo-Instituts, schätzt, dass rund 8% des weltweiten Finanzvermögens in Steueroasen geparkt sind. Das entspräche etwa Euro 5,8 Billionen.
Andere Studien konzentrieren sich auf einzelne Unternehmen: Konzerne wie Apple, Ikea oder Starbucks stehen seit Langem in der Kritik, da sie gezielt Steuerschlupflöcher in Ländern wie Irland oder den Niederlanden ausnutzen – ziemlich weit entfernt somit von Panama. Ikea soll sich dadurch allein in den vergangenen sechs Jahren rund eine Milliarde Euro an Steuern in der EU gespart haben; ein Ausschuss im amerikanischen Senat bezifferte 2013 die entgangenen Steuereinnahmen durch Apples Firmenkonstrukte auf über Euro 60 Milliarden in vier Jahren.
Genau hierauf konzentriert sich zwischenzeitlich die Politik der Eurokraten. Nachdem man dem biederen Steuervermeider seine Unterschlüpfe in der Schweiz, Liechtenstein, Luxemburg und Österreich, wo er mit seiner Muttersprache zurecht kam, zugeschüttet hat, kümmert man sich nicht weiter um die Minderheit der intelligenten und vor Fremdsprachen nicht zurückschreckenden individuellen Steueroptinierer. Die kann man ohnehin nicht kontrollieren.
Aber werden wir konkret. Was hat sich nach Veröffentlichung der Panama Papers im Frühjahr 2016 wirklich getan?
Es wurde durch die Panama Papers Druck auf staatliche Stellen und Institutionen ausgelöst und verschiedene Gesetzesinitiativen gegen Geldwäsche und Steuervermeidung wurden ins Rollen gebracht. Bereits bestehende Vorhaben wurden zugleich intensiviert und beschleunigt. Es wurde hektischer Aktionismus ausgelöst, so wie immer, wenn irgendetwas als “Skandal” von der Systempresse hochgepeitscht wird.
1.
Das auf einen OECD-Bericht aus dem Herbst 2015 zurückgehende sogenannte BEPS-Projekt (Base Erosion and Profit Shifting) hat in den vergangenen Monaten erheblich an Fahrt aufgenommen – im Juli hat das deutsche Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Gewinnverkürzungen und Gewinnverlagerungen vorgelegt. Es geht mithin um Repressionen gegen in Deutschland ansässige Gewerbebetriebe. Für den privaten Steueroptimierer ist das so interessant wie das künstliche Gebiss der Nachbarin – wenn er sie nicht gerade küssen will.
Dieser Gesetzesentwurf ist in erster Linie demnach nur auf vermeintliche Gewinnverlagerungen international tätiger Konzerne ausgerichtet und inhaltlich nicht mit den Panama Papers zusammenhängend.
Die aufgeheizte Debatte rund um die Panama Papers hat aber mit Sicherheit zur Beschleunigung des Vorhabens beigetragen.
Schlagen wir ein Ei drauf!
2.
Das BEPS-Projekt geht mit einer europäischen Debatte einher, eine einheitliche Bemessungsgrundlage zu schaffen. Ohne eine solche wird es für die betroffenen Staaten nur mit erheblichem Mehraufwand möglich sein, vergleichbare Zahlen zu schaffen und einander gegenüber zu stellen.
Auch das ist nur von Bedeutung für Gewerbebetriebe innerhalb der EU.
Holen wir das nächste Ei aus dem Kühlschrank!
3.
Darüberhinaus ist in der gewerblichen Praxis – etwa im Rahmen von Betriebsprüfungen – eine zunehmend kritische und vertiefte Betrachtung und Prüfung von Auslandsstrukturen festzustellen. Also schon wieder weitere Repressionen, die insbesondere mittelständischen und kleinen Unternehmen zusätzlichen Aufwand und damit Kosten verursachen.
Die wären froh, wenn sie auf diese Repressionen auch mal ein Ei klatschen könnten.
4.
Ebenso haben die Panama Papers die in den letzten Jahren ohnehin bereits stark ausgeweitete internationale Zusammenarbeit zur internationalen Zusammenarbeit und zur Amtshilfe zwischen den Finanz- und Strafverfolgungsbehörden weiter intensiviert. Die Repressionen sollen länderübergreifend einsetzbar werden. Auch das trifft wieder die Gewerbetreibenden insbesondere der Europäischen Union.
In Panama merkt man davon nichts. Panama ist noch immer nicht einmal auf der Liste der teilnehmenden Staaten beim automatisierten Informatiosaustausch – AIA – der OECD angekommen – offizieller Link zur einschlägigen und beständig aktualisierten offiziellen Seite der OECD hier.
Panama wie auch die USA klatschen da ein Ei drauf!
5.
Die Finanzminister der Bundesländer fordern als Reaktion auf die Panama Papers bessere Ermittlungsmöglichkeiten. Eine von ihnen eingesetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe schlägt unter anderem folgende Maßnahmen vor:
- Erweiterung der Mitteilungspflichten für Geschäftsbeziehungen zu Briefkastenfirmen;
- Außenprüfungen sollen ohne Anlass zulässig sein, sofern betroffene Personen Geschäftsbeziehungen zu Briefkastenfirmen unterhalten
- Aufhebung des Bankgeheimnisses gegenüber den Steuerbehörden.
- Schärfere Sanktionen bei Verletzung von Mitteilungspflichten.
Seit etwa 20 Jahren immer dasselbe. Ist das nicht niedlich?
- Aufhebung des Bankgeheimnisse durch die Finanzminister der deutschen Bundesländer in Belize, auf den Cook Islands und in Panama?
- Oder meinen diese Herren, irgendwer legt Vermögen seiner Panama-Stiftung ausgerechnet bei der pleitegefährdeten Deutschen Bank in deren Zweigstelle in Winsen an der Luhe an?
Schlagen wir den Finanzministern der deutschen Bundesländer ein Ei aufs Hirn!
6.
Im Bereich der Geldwäschebekämpfung haben die Panama Papers zu verstärkten Aktivitäten geführt. Hervorzuheben ist hier der Vorschlag der Europäischen Kommission vom Juli 2016, die erst im Juni 2015 in Kraft getretene 4. Geldwäscherichtlinie erneut zu überarbeiten.
Der Vorschlag sieht insbesondere schärfere Regeln zur Erfassung der wirtschaftlich Berechtigten vor. Wirtschaftlich berechtigt im Sinne der Geldwäschebestimmungen sind natürliche Personen, die hinter einem Unternehmen stehen und von dessen Geschäftstätigkeit wirtschaftlich profitieren.
Nunmehr plant die Europäische Kommission eine Erweiterung der ohnehin schon komplexen Regelungen zur Ermittlung und Erfassung der wirtschaftlich Berechtigten bestimmter Rechtssubjekte. Bislang besteht ein wichtiges Kriterium für die Ermittlung des wirtschaftlich Berechtigten darin, ob eine natürliche Person an einer Gesellschaft eine Beteiligung von 25% oder mehr hält.
Diese Schwelle soll nun für bestimmte Unternehmen mit besonderem Risiko in Bezug auf Geldwäsche und Steuerflucht auf 10% abgesenkt werden. Meint man damit Unternehmen wie die staatliche deutsche Bundesdruckerei, die als Eigentümerin einer Panama Gesellschaft bei Mossack Fonseca entlarvt worden ist?
Was immer da rumfabuliert wird: Wirtschaftlich Begünstigte von uns begründeter Strukturen werden so ganz bestimmt nicht erfasst.
Da schlagen wir selbst ein Ei drauf.
7.
Weiter sollen auch die Regelungen erweitert werden, mit denen die wirtschaftlich Berechtigten von Trusts und Stiftungen erfasst werden.
Damit trifft man vielleicht Anwälte und Vermögensverwalter, die ihren Sitz in Deutschland bzw. der Europäischen Union haben, vielleicht auch noch die in der Schweiz und Liechtenstein. Aber uns in Panama? Und unsere Partner in Dubai, Belize, Hong Kong, Delaware, Nevis, St. Vincent, Cook Islands etc.? Wer will uns alle zwingen zu petzen?
Vielleicht aber treffen wir uns alle einmal demnächst unter Palmen am Meer zu einem grossen Eierklatsch-Fest auf einer netten Karibikinsel.
8.
Auch auf die
rein nationalen deutschen Geldwäschevorgaben
haben die Panama Papers Auswirkungen. Die Panama Papers werden als eine Art von Keule in der innerstaatlichen Auseinandersetzung benutzt. Das Bundesjustizministerium arbeitet an einem “Referentenentwurf zur Umsetzung der 4. Geldwäscherichtlinie”. Dieser soll “zeitnah” vorgelegt werden. Gegenstand dieser 4. Geldwäscherichtlinie ist u.a. die Einführung eines sogenannten Transparenzregisters.
Das trifft nun schon wieder als Repression den deutschen Gewerbetreibenden.
In diesem zentralen Register nämlich müssten Unternehmen ihre wirtschaftlich Berechtigten hinterlegen.
Seit längerer Zeit wird kontrovers diskutiert, ob das Transparenzregister, vergleichbar mit dem Handelsregister, für jedermann öffentlich zugänglich sein soll.
Die Veröffentlichungen aus den Panama Papers haben den Befürwortern eines öffentlichen Registers starken Aufwind gegeben. Nach derzeit vorliegenden Informationen wird das Transparenzregister für jedermann zugänglich sein.
Zwar stärkt ein öffentliches Register die Transparenz und Rechtssicherheit, da Vertragspartner hierdurch einfacher und rechtssicherer überprüft werden können.
Andererseits sind damit erhebliche Einschnitte in die Freiheitsrechte der betroffenen Personen verbunden, die Kontroll- und Einsichtsrechte in ihre Privatsphäre hinnehmen müssen.
Wer klatscht eigentlich einmal den Politikern, die beständig die Privatsphäre ihrer Bürger verletzten, ein paar Eier auf den Kopf?
9.
Bisher sind noch keine förmlichen Verfahren im Zusammenhang mit den Panama Papers bekannt geworden.
Deutsche Ermittlungsbehörden wären auf Informationen aus dem Ausland angewiesen – und in Panama spricht kaum jemand deutsch. Da ist bislang noch niemand angereist.
Es gibt nicht einmal etwas, wo wir ein Ei draufklatschen könnten. Absolut nichts!
Kommen wir zum Ergebnis:
Wird all das Gezeter dazu beitragen, legale Steuervermeidung zu vermeiden? Der schon oben zitierte IW-Forscher Hentze bezweifelt das.
„Letztlich wird es wohl immer Anreize für einzelne Staaten geben, Firmen und Personen mit Vergünstigungen zu sich zu locken.“
Ein faires Steuersystem ohne Lücken lässt sich nur auf internationaler Ebene beschließen.
Vereinbarungen innerhalb Europas oder auf der G-20-Ebene sind Schritte, die innerhalb dieser Länder Wirkung entfalten können, aber eben nur dort.
Was interessiert das Vereinsmitglied von Schalke 04, wer bei Borussia Dortmund zum Zeugwart bestellt worden ist?
So denkt auch Steuerexperte Hentze.
„Es wird nicht funktionieren, wenn Länder wie Panama oder die Bermudas außen vor bleiben.“
Eine Abschaffung der Steuerparadiese ist nur möglich, ja kommt automatisch, wenn die westlichen Länder auf ihren Steuerterrorismus verzichten.
Verlagerung von Vermögenswerten in Steueroasen ist vergleichbar mit einer politischen Abstimmung über das heimische Steuersystem.
- In der DDR wurde früher “mit den Füssen abgestimmt”, man flüchtete in die Freiheit, wann immer es möglich war.
- Heute erleben wir die “Abstimmung per diskretem Finanztransfer in finanzielle Wohlfühloasen”, da schiesst keiner, das ist ganz einfach.
Die bellenden Politiker zeigen nur, dass sie zahnlos sind.