Panama Papers? – Es geht um Odebrecht!

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“Es war die Nachtigall und nicht die Lerche”,

lässt Shakespeare in “Romeo und Julia” Akt 3, Szene 5 Julia sagen. Romeo weiss aber, dass es doch schon die morgendliche Lerche war.

“Es waren die Panama-Papers”,

behauptete nun Gabor Steingart im Handelsblatt Morning Briefing vom 04. April 2017:

“Die ‘Süddeutsche Zeitung’ erfreut uns heute mit einer positiven Geschichte: Demnach blieb die Enthüllung der Panama Papers nicht ohne Folgen. Die Anwaltskanzlei Mossack Fonseca, die mit rund 600 Mitarbeitern den Reichen und Superreichen half, ihr Geld vorm Finanzamt zu verstecken, hat abgewirtschaftet: Die Gründer in Untersuchungshaft, die meisten Mitarbeiter entlassen, das Geschäftsmodell einer juristisch getarnten Steuerhinterziehung in der Karibik rentiert sich nicht mehr. Die unermüdlichen Rechercheure der SZ haben nicht nur ihrer Zeitung, sondern dem gesamten journalistischen Betrieb einen großen Dienst erwiesen. Wer noch immer behauptet, Print wirke nicht, sollte Jürgen Mossack und Ramón Fonseca beim Hofgang besuchen.”

Schlüpfen wir in die Rolle von Romeo:

  • “Die Lerche war´s, die Tagverkünderin” – oder bezogen auf den konkreten Sachverhalt:
  • “Der Odebrecht war’s, der brasilianische Korruptionsskandal” – nicht die Panama Papers.

 

Gabor Steingart ist zu intelligent um nicht zu wissen, dass die Panama-Papers hier bei uns “Canalistas” keinen Hund hinter dem Ofen hervorgelockt haben. Aber wenn ein Korruptions-Tsunami, ausgehend von Brasilien, ganz Lateinamerika überflutet, dann sieht das anders aus:

  • Frachter mit Ladung von und nach Asien passieren den Kanal, wenn es um Handel mit Brasilien geht.
  • Panamas Zollfreizone in Colón, die zweitgrösste der Welt nach Hong Kong, ist eine für Panama wichtige Handelsdrehscheibe im Zentrum Lateinamerikas.
  • Wenn wegen Panama, besser: Wenn in Panama durch eine Firma wie Mossack Fonseca Korruptionsgelder oder vielleicht auch Drogengelder aus lateinamerikanischen Nachbarstaaten gewaschen werden, dann ist es lebenswichtig, dass Panama reagiert.

 

Aufgrund von Gezeter in Europa wegen Bürger, die ihr hart erarbeitetes und versteuertes Geld nicht immer wieder neu besteuert sehen wollen (Vermögensteuer, Erbschaftsteuer etc) und Steueroptimierung betreiben, dazu noch legal über geschickt konstruierte Strukturen, geschieht hier in Panama gar nichts.

Was hat Europa Panama zu bieten?

Panama kann in Europa wegen der Handelsbarrieren der EU nicht einmal seinen Premium-Kaffee den Verbrauchern anbieten, der bei Auktionen beispielsweise in Tokio immer wieder Spitzenpreise erzielt. Europa sagt, Panama könne seinen Spitzenkaffee auf Weltniveau  schliesslich über Firmen wie Tschibo und Eduscho oder gar Aldi verramschen. – Danke!

  • Welchen Vorteil hat Panama von Europa?
  • Keinen!
  • Da kann man ein Ei draufklatschen.
  • Die Panama-Papers interessieren in Panama niemanden.
  • Aber die Latinostaaten, die Nachbarn, die sind wichtig.

 

Das war der Fehler von Mossack Fonseca und wie die Sueddeutsche Zeitung ganz richtig bemerkt, in erster Linie

“…der firmeninternen Privatbank – Mossfon Asset Management SA, vermutlich der problematischste Teil der Firma – …“

die schon lange abgewickelt worden ist. Da arbeiteten auch deutsche Ex-Bänker, man war oft zur Acquise in Kolumbien und Venezuela wie wir wissen.

Ohne das definitiv so gerichtsfest aussagen zu können, aber: Wenn da nicht Korruptionszahlungen erheblichen Umfanges des brasilianischen Bauriesen “Odebrecht” dabei waren, dann wäre das ein Wunder – jedenfalls statistisch hoch unwahrscheinlich.

Deshalb, allein deshalb und nicht wegen intelligent aufgebauter Strukturen, ist Mossack Fonseca nun kaputt. Die Verbindungen zu Mossack Fonseca im Rahmen der Vermögensverwaltung der vereinnahmten Odebrecht-Korruptionsgelder wäre auch ohne die Panama Papers aufgeflogen. Selbst Herr Odebrecht singt zwischenzeitlich wie ein kleines Vögelchen in seinem brasilianischen “umgittertem Nest”.

Wegen des Odebrechtskandals sind demnach die Wogen in Panama um Mossack Fonseca hochgeschlagen. Und natürlich, weil Odebrecht bei zahlreichen Bauprojekten auch in Panama selbst immer wieder den Zuschlag erhielt. Das streckte sich von ergänzenden Arbeiten an der Erweiterung des Kanals über kostspiele Umgehungsautobahmen (Cinta Costera) bis zur neuen Metro und vieles mehr. Odebrecht sagt selbst, es wären auch erhebliche Korruptionszahungen in Panama geflossen, also an hochrangige politische Entscheidungsträger. Unter Verdacht stehen selbst der gegenwärtige Präsident und sein Vorgänger, unter dem er auch schon Vizepräsident war. Und die Sueddeutsche Zeitung schreibt richtig:

“Das kleine Land wird regiert von einer verschworenen Elite aus Wirtschaft und Politik, in der sowohl Jürgen Mossack und als auch Ramón Fonseca sehr einflussreich waren. Fonseca hatte, bis die SZ ihn mit den ersten Vorwürfen konfrontierte, sogar einen Sitz im Kabinett des amtierenden Präsidenten Juan Carlos Varela inne und war zudem stellvertretender Vorsitzender der Regierungspartei. … Jürgen Mossack wiederum war bis zu den ersten Veröffentlichungen Mitglied im Nationalen Rat für Auslandsbeziehungen. …
An jenem Freitag im Februar dieses Jahres, als Mossack Fonseca ein weiteres Mal durchsucht wurde, muss Ramón Fonseca geahnt haben, dass sein Freund Juan Carlos Varela, der Präsident, nicht weiter seine schützende Hand über ihn halten würde. Auf seinem Weg zur Vernehmung beschuldigte Fonseca Varela live im Fernsehen, selbst in die Korruptionsaffäre in Brasilien verwickelt zu sein – allerdings ohne dafür Beweise zu liefern. Panama bebte, die Zeitungen füllten ihre Titelseiten und ihre Internetauftritte tagelang mit den neuesten Entwicklungen, Angestellte von Mossack Fonseca protestierten mit Plakaten gegen die Festnahme ihrer Chefs, und auf den Straßen versammelten sich Tausende Menschen, um gegen die Korruption im eigenen Land zu protestieren.”

Darum geht es in Panama – um die Korruption im eigenen Land.

Es geht also nicht darum, ob einige Europäer mit geschickten Konstruktionen rund um die zurecht gerühmte “Panama-Stiftung” ihre Steuerzahlungspflicht optimieren.

Das interessiert in Panama nun wirklich niemanden.

Also: Business as usual!

Nur mit deutlich besserem und wirklich ausgefeiltem Schutz der Kundendaten, als dies bei Mossack Fonseca der Fall war.

Zum Artikel der Sueddeutschen Zeitung