China freut sich.
Rußland nämlich unternimmt, unkommentiert von der deutschen Presse, große Anstrengungen, mit Hilfe der 2014 geschaffenen BRICS-Finanzinstitutionen eine Abkoppelung der gesamten BRICS-Staaten vom westlichen Finanzsystem voranzutreiben. Es geht Rußland um nicht mehr und nicht weniger, mit den Staaten jenseits des westlichen Finanzsystem ein gemeinsamens Finanzsystem zu etablieren. Ganz offen wird der Wunsch nach einer eigenen BRICS- „Einheitswährung“ angesprochen. Und das kann nach Lage der Dinge nur der chinesische Yuan sein, auch als Renmimnbi bezeichnet.
Einblick über den Stand der Dinge gibt ein Gespräch, das das „BRICS Business Magazine“ führte mit Oleg Sienko, Generaldirektor von „Ural Vagon Zavod Research“.
Die Kritik von Oleg Sienko beginnt mit dem System der Welthandelsorganisation WTO. Die Handelsrestriktionen bestehen fort. Indien ist seit 1995 WTO-Mitglied, doch wer Baumwolle in Indien importieren wolle, muß einen Zoll zahlen zwischen 50% und 100%. Nicht besser sei das EU-Mitglied Zypern. Für die Einfuhr eines Autos müssen 100% an Zoll gezahlt werden. In Zypern gibt es nicht einmal eine zu schützende heimische Autoindustrie. Das ganze System sei fragwürdig und diene nur dazu, Märkte wie den Rußlands für den Westen zu öffnen. Darauf sei man hereingefallen.
Nun gelte es, sich Gedanken darüber zu machen, wie man sich von den Spielregeln der westlichen Industrienationen befreien könne.
Womit man beim Thema „Befreiung vom US-Dollar“ angekommen wäre.
Eine Alternative zum Dollar zu schaffen sei durchaus machbar, sagt Oleg Sienko.
Schließlich stellen die BRICS-Länder zusammen die Hälfte der Weltbevölkerung.
Und eine Woche nach Beendigung der Fußballweltmeisterschaft in Brasilien hat man dort, konkret in Fortaleza, die neuen Institutionen “New Development Bank” (NDB) in Konkurrenz zur „Weltbank“ begründet und in Konkurrenz zum IWF (IMF) das “Contingent Reserve Arrangement” (CRA).
Der nächste logische Schritt sei nun eine allgemeine Währung der BRICS-Länder.
Mit diesem Schritt würde man sich unabhängig machen von den westlichen Weltfinanzplätzen und dem Dollar als führender Währung für Transaktionen und generell als Reservewährung. Das isr realistsich und zum Wohl aller BRICS-Länder.
Man müßte dann eine Währung eines BRICS-Staates auswählen für alle Transaktionen zwischen den BRICS-Staaten und dieses System an den Euro binden um die Konvertierung zu erleichtern. Transaktionszentren sind einzurichten und ein eigenes Zahlungssystem.
Wie wir wissen, ist insoweit China mit seinem Yuan bereits weit fortgeschritten.
Viele Länder aus Lateinamerika, Südostasien und Afrika würden zu dieser Währung wechseln, weil sie alle erschöpft sind von der Hegemonie von Dollar und Euro. Nur in diesen Währungen würden im Wesentlichen Sachen gekauft und Investitionen getätigt. Und alle Marktteilnehmer rund um den Globus wären sich schließlich der Tatsache bewußt, daß diese Transaktionen und Investments ausschließlich mit der Druckerpresse generiert werden, daß das alles kein Produkt der realen Wirtschaft wäre.
Wenn in den kommenden drei Jahren das neue Zahlungssystem realisiert werden wird, dann werden sich diesem neuen Finanzsystem Länder anschließen, die zusammen 70% der Weltbevölkerung stellen und die es eint, den Dollar auf ewig und immer verlassen zu wollen.
Das „BRICS Business Magazine“ fragte schließlich, in was sich die gemeinsame BRICS-Währung von Dollar und Euro unterscheiden würde. Auch darauf gab Oleg Sienko klare Antworten.
Der Unterschied wäre, daß die BRICS-Währung durch reale Werte gedeckt
wäre. Dazu gehörten auch anderweitige Vermögenswerte wie etwa das Arbeitskräftepotential und nicht zuletzt Bodenschätze und Rohstoffe. Und mit all dem seien die BRICS-Staaten schließlich reich gesegnet.
Wird das umgesetzt, wird die Welt in zwei Lager gespalten.
- Auf der einen Seite stehen dann im „Fortschrittslager“ die BRICS-Staaten und viele Schwellen- und Entwicklungsländer, die sich diesem Lager anschließen.
- Im „Pessimistenlager“ stünden die USA, die Europäische Union und die Länder in derem Fahrwasser.
Die Schaffung der eigenen Währung sei mithin ein extrem wichtiger Schritt. Je früher das umgesetzt werden kann, umso größer werden die Erfolge in der Wirtschaftsentwicklung sein und umso stärker und unabhängiger wäre diese Allianz als Gegengewicht zu den USA.
Oleg Sienko veranschlagt also eine Zeit zur Umsetzung der neuen Währung von drei Jahren.
Anfang des Jahres 2016 nimmt die “New Development Bank” (NDB) ihre Tätigkeit auf – natürlich im chinesichen Schanghai.
Anläßlich der Begründung der Bank in Fortaleza sprach Putin klar aus,
daß das internationalen Geldsystem abhängig wäre von einer Unmenge an US-Dollar oder, um präzise zu sein, von der Geld- und Finanzpolitik US-amerikanischer Behörden. Und genau das wollen die BRICS-Länder ändern.
Natürlich ist mit Störfeuer seitens der US-kontrollierten Bretton Woods Zwillingen zu rechnen, die sich nach etwa 70 Jahren nicht einfach wehrlos verdrängen lassen wollen.
Zunächst scheint die Weltbank mit ihren USD 223,2 Milliarden an Kapital und (angeblich problemlos) abrufbarem Kapital deutlich überlegen zu sein. Die NDB startet mit USD 50 Milliarden, die allmählich auf USD 100 Milliarden aufgestockt werden sollen.
Aber das sind fleischlose Zahlenspiele. Wenn die BRICS das wünschen, wenn das Bedürfnis besteht, kann die Kapitalbasis problemlos und kurzfristig angehoben werden. China hat bekanntlich Unsummen an Dollar als Währungsreserven, mit denen es kaum weiß, wie es sie sinnvoll verwenden könnte.
Wenn die Weltbank einen Vorteil hat, dann ist es ihre Geschäftserfahrung. Sie hat sich eine gewisse Meinungsführerschaft erarbeitet. Ihre Machbarkeitsstudien genießen allgemein Anerkennung. In diesem Bereich wird die NDB schnell aufholen müssen. Mit den Ressourcen an Wissen in Brasilien, Rußland, Indien und China sollte das in einer überschaubaren Zeit erreichbar sein.
Die Weltbank ist allerdings auch ein abschreckendes „Korruptionsmonster“.
Indien ist ein Beispiel dafür, wie die Weltbank durch Korruption indischer Politiker das Finanzministerium weitgehend unter Kontrolle bekam. Wer sich intern dagegen auflehnte, sah sich wieder im Eisenbahnministerium. Unter Premier Modi sieht das alles etwas anders aus.
Die NDB hat es demnach mit einer mafiosen Institution zu tun.
In ihrer Studie aus dem Jahr 2012 kommt die Weltbank zum Ergebnis, daß die Gesamtheit der Entwicklunmgsländer eine Auslandsverschuldung zu tragen hätten von USD 4 Billionen am Ende des Jahres 2010.
Das „European Network on Debt & Development“ erklärte, die Entwicklungsländer hätten allein auf aus Europa stammenden Darlehen Zinszahlungen zu leisten von alljährlich USD 800 Millionen. Das westliche Finanzierungssystem zwingt daher die Entwicklungsländer dazu, ihr Hauptaugenmerk zu richten auf den Zinsdienst. Soziale Grundversorgung der Bevölkerung bleibt dabei auf der Strecke.
Dieses gewaltige System der Täuschung und Ausnutzung der Entwicklungsländer wird die NDB beim Namen nennen. Weltbank und IWF haben sich einen Teufel darum geschert, die Welt von Armut zu befreien. Wenn ein Land sich nicht dem westlichen Lager anschließt und sich den Regeln unterwirft, hat es keine Möglichkeit, der Armutsfalle zu entkommen. Eher geschieht das Gegenteil, weil es nicht hinreichend unterwürfig ist.
Es existiert diesbezüglich die explosive Ausarbeitung von John Perkins mit dem Titel „Confessions of an Economic Hitman“. Perkins legte offen, daß hunderte von Beratern wie er selbst durch US-Geheimdienste mißbraucht worden sind, um eine wesentliche Rolle zu spielen im Rahmen einer wirtschaftlichen Versklavung von mehreren Entwicklungsländern.
- In Äthiopien wurden durch die Weltbank Programme gezielt Menschen aufgrund ihrer politischen Gesinnung diskriminiert.
- Die sich ständig wiederholende Verschuldung von Argentinien ist ein anschauliches Beispiel dafür, daß ein Land trotz jahrzehntelanger Rückzahhlungen nicht aus dem Schuldenzyklus hinauskommt.
Als „Geldgeber mit Herz“ kann die NDB das System der ökonomischen Apartheidspolitik beenden, die die westlichen Industrienationen institutionalisiert haben.
Schon allein die Existens der NDB als Alternative zu Weltbank und IWF wird der Rücksichtslosigkeit dieser Institutionen in Entwicklungsländern Grenzen setzen.
Es geht aber im Ergebnis nicht um Grenzsetzung sondern um Ablösung.
Weltweit hat sich Haß auf US-geführte Institutionen und Gebahren angesammelt. Die Lage ist weltumspannend explosiv.
Und nun ist plötzlich eine Alternative da, eine Alternative der BRICS, deren Speerspitze China selbst ist mit seinen enormen Währungsreserven.
„Fasse nie in ein fallendes Messer“, lautet eine alte Börsenregel.
Der US-Dollar und das amerikanische Finanzsystem in seiner Gesamtheit ist ein einheitliches „fallendes Messer“.