Multis veräppeln Kampf gegen Steueroasen

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Die Finanzminister der 20 größten Industrie- und Schwellenländer (G20) setzen im peruanischen Lima als zunächst noch unverbindlichen Rahmen neue Steuerregeln für multinationale Unternehmen fest.
Normale Unternehmen sind davon nicht betroffen. Die Regeln gelten erst ab einem Umsatz von USD 750 Millionen.

Aber auch die Betroffenen bleiben gelassen. Die Steuerkonkurrenz der Länder untereinander wird weitergehen. Teilweise nehmen des die Multis sogar recht lustig auf, was da geschieht.

„Hunde die bellen beissen nicht.“

All die Multis wissen das sehr genau und machen absolut keine Abstriche von ihren völlig legalen Steuervermeidungsstrategien.

Amazon S.a.r.l. (die von Luxemburg aus die deutsche Website des Internet-Versandhandelsriesen betreibt), sowie die britische Amazon-Tochter Amazon.co.uk, Coca-Cola, Facebook, Fiat Chrysler, Google, McDonald’s, Walt Disney, Anheuser-Busch, Philip Morris, Wal-Mart sowie die Banken Barclays und HSBC. Ikea wollen wir auch nicht vergessen – dazu mehr ganz unten.

Sie alle wissen: Die Kläffer wollen nur Angst einjagen, im Zweifel hatten sie zuvor bereits ihr künstliches Gebiss an einen streunenden Kater verloren.

Warum sollten die Multis von ihren Steuerstrategien Abstand nehmen, wenn selbst der normale Steuerbürger ohne die enormen Möglichkeiten der Multis die staatlichen Instanzen in den Ländern Europas nicht wirklich fürchten muss?

Die CD-Schmierenkomödie

Was haben die Kläffer – Finanzminister im Bund und in den Ländern, Selbstanzeigefachanwälte, Hinterbänkler der diversen Parteien, die systemhörige Presse, B-C und D-Promis in Talkshows und der Rest der Gutmenschen nicht getönt:

  • Vermögenswerte im Ausland könne man nicht mehr anonym verwalten.
  • Intelligente Steuergestaltungen würde man auch beenden und dabei vor niemandem Halt machen.

Und was haben die Hochsteuerländer wirklich auf die Beine gestellt, um der Steueroptimierung ein Ende zu bereiten?

Sie haben CDs klauen lassen oder schon geklaute CDs als Hehler angekauft. Die Schweiz war ein beliebtes Ziel. Die deutschen staatlichen Hehler konnten in der deutschen Schweiz ihre kriminellen Handlungen vollbringen, die französischen rund um den Genfer See und die italienischen im Tessin.
Danach wurde entweder auf deutsch, französisch oder italienisch ein infernalisches Indianergeheul angestimmt, nun hätte man der Steuerhinterziehung den Todesstoss versetzt. Und alle schon oben genannten Halbhirne – die Finanzminister im Bund und in den Ländern, Selbstanzeigefachanwälte, Hinterbänkler der diversen Parteien, die systemhörige Presse, B-C und D-Promis in Talkshows und der Rest der Gutmenschen – tanzten grölend um den Marterpfahl der erreichten Steuergerechtigkeit.

Eher einfach gestrickte Menschen fielen auf das gemeinsam orchestrierte infernalische Indianergeheul herein, von Uli Hoeness bis Alice Schwarzer.

Die zahnlosen kläffenden Köter waren insoweit erfolgreich, als einige tausend Steueroptimierer das Getöse tatsächlich für einen nahenden Sturm hielten. Man erstattete Selbstanzeige, man nannte Namen der Vertrauensleute im Ausland, Namen von Bänkern und Vermögensverwaltern.

Interessant ist, dass die, die Selbstanzeige erstattet hatten, zumeist Menschen waren, die eher kleine bis mittlere Beträge in der Schweiz unversteuert liegen hatten, Schweizerische Lebensversicherungen beispielsweise oder Sparvermögen im sechstelligen Bereich. Siebenstellige Selbstanzeiger gab es schon deutlich weniger, deshalb war ein Uli Hoeness als PR-Gag für die zahnlosen Kläffer ein Geschenk des Himmels.

Die wirklich grossen Vermögen hat man tatsächlich nicht an Land ziehen können, weder in Deutschland, noch in Frankreich, noch in Italien.

Was Wunder: Jeder Jurist mit einem nur mässigen Examensabschluss in Bremen weiss, dass der Inhalt der geklauten CD-Hehlerware vor Gericht nicht verwandt werden darf, dass insoweit ein Beweisverwertungsverbot besteht. Wer etwas anderes behauptet lügt gezielt oder hat selbst in Bremen sein juristisches Staatsexamen nicht bestanden.

  • Wer Selbstanzeige erstattet hatte, wird nicht an der CD aufgehängt, sondern an seinem Geständnis.
  • Wer sich hat einen Computer beschlagnahmen lassen, auf dem Daten sichergestellt werden konnten, kann auch aufgeknüpft werden – selbst wenn erst die geklaute CD den Hinweis auf die Person geliefert hatte. Vom Beweisverwertungsverbot umfasst ist nur der konkrete Inhalt der Hehlerware nach gefestigter Rechtsprechung, was man darüberhinaus findet aber nicht.

 

Die CD allein ist vor Gericht wertlos. Wer wusste, dass seine Bank in der Schweiz Opfer eines Datendiebstahl geworden war, musste nur dafür sorgen, dass bei ihm selbst nichts mehr gefunden werden konnte.

Darüberhinaus macht ein Profi in diesem Fall von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch und bietet dem Steuerfahnder allenfalls einen kalten überzuckerten schwachen Kaffee an – gib dem Büttel seinen Muckefuck!. Den Rechtsrat holt man sich auch nicht beim Selbstanzeigefachanwalt, sondern bein einem gestandenen Juristen mit Berufsethos.

Automatischer Informationsaustausch

Nun soll der automatische Informationsaustausch die geklaute CD ersetzen. Damit erreicht man aber wieder nur Heini Biedermann aus Winsen an der Luhe.

Bei dieser OECD Aktivität machen zunächst einmal die USA überhaupt nicht mit. Die USA loben die OECD natürlich überschwenglich für diese Initiative. Beteiligen tut man sich aber nicht, man müsste dann ja Gegenleistungen erbringen. Das aber wiederum ist nicht „American style of life“.

Die USA kocht ihr eigenes FATCA-Süppchen und ist der Auffassung, sie bräuchte gar keinen Informationsaustausch wie die europäischen Besteuerungs-Blindschleichen. Man nutzt seine Weltleitwährung Dollar als Waffe gegen informationsunwillige Banken rund um den Erdball, um die Informationen herauszupressen. Damit haben die USA auch Erfolg, bis der Dollar nicht mehr die Leitwährung stellen wird. Die USA sind darüberhinaus weitgehend nur an Auskünften interessiert, die ihre eigenen Bürger betrifft, die man besteuern will. Die Europäer sind den Amis weitgehend egal. Da hält man sich allein deswegen zurück, weil man schliesslich selbst eine der grössten Steueroasen im Bundesstaat Delaware betreibt. Und gegen die Diskretion dort könne man nichts machen, denn da sei der amerikanische Bundesstaat nicht zuständig, sondern allein Delaware.

So einfach ist das!

Panama und viele Karibikländer stellen sich mittlerweile auf den Standpunkt, hinsichtlich des automatisierten Informationsaustausches folge man dem grossen Vorbild: Der Weltmacht USA. Was die USA vormacht, kann schliesslich nicht verkehrt sein.
Wir haben viel Spass bei der Beobachtung des aktuellen Szenariums.

Die Regeln zum automatischen Informationsaustausch sehen vor, dass die Gegenseitigkeit als Grundprinzip verankert werden muss: Dass also nur Länder, die selbst Steuerdaten liefern, auch Steuerdaten bekommen können.

Hierzu ein nettes Beispiel, das den Unsinn dieser Regelung belegt:
Eine neue Auswertung der berühmten Swissleaks-Daten (gestohlene Daten des ehemaligen HSBC-Informatikers Hervé Falciani) über Schwarzgelder der HSBC in der Schweiz zeigte, dass, auch wenn vergleichbar wenig Geld aus Entwicklungsländern wie Eritrea auf Schweizer Konten der HSBC-Privatbank lagert, im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung die Auswirkungen grösser sind als etwa den meisten Industrienationen.
In Anbetracht der US-Wirtschaftsleistung, die 2013 rund USD 16.768 Milliarden betrug, fallen USD 13,4 Milliarden unversteuerter Gelder bei der Privatbank HSBC in Genf kaum ins Gewicht. Konkret macht die Summe nur gerade 0,08% der jährlichen Wirtschaftsleistung aus. Für ein Land wie Eritrea allerdings, dessen Bruttoinlandprodukt bei USD 3,44 Milliarden Dollar pro Jahr liegt, wiegen 700 Millionen Dollar unversteuerte Gelder mit einem Anteil von gut 20% deutlich schwerer.

Wenn Eritrea nun Auskunft begehrt, muss es aufgrund des Prinzips der Gegenseitigkeit auch der Schweiz Auskunft über die Schweizer Gelder in Eritrea erteilen.

Aber welcher Schweizer bringt sein Geld nach Eritrea?

Die Industrieländer zwingen die Entwicklungs- und Schwellenländer dazu, ein Problem zu lösen, das faktisch gar nicht existiert.
Und um diesen Unsinn umzusetzen muss Arbeit geleistet werden, für die Eritrea gar nicht das Personal hat, geschweige denn das Geld für den Verwaltungsaufwand.

Ja, von Zeit zu Zeit kommt mal wieder irgendeine Steueroase auf die Idee, den OECD-Forderungen entgegenzukommen. Sofort fangen unsere Halbhirne in Europa an, dass „nun definitive Ende der Steueroptimierung“ zu feiern.

Tatsache ist: Weder Panama, noch die Cayman Islands oder Belize verfügen über das Fachpersonal, um den geforderten bürokratischen Unsinn auch nur ansatzweise abarbeiten zu können. Letztlich aus purer Notwendigkeit geborene vereinfachende Verwaltungsanweisungen in einem Land wie Panama machen geschlossenen Vereinbarungen dann doch wieder zu Makulator, und irgendwann geht neues Geschrei in Europa über die Steueroasen und schwarze Listen los.

„Und täglich grinst das Murmeltier.“

Steuervermeidungsstrategien der Grossen

Auf gesamteuropäischer Ebene will man nun den Multis an den Kragen.
Und die haben offenbar viel Spass an den hilflosen Klimmzügen.

Es wurde ein Sonderausschuss des Europaparlaments eingesetzt, mit dem Namen „Taxe“. Dieser befasst sich gegenwärtig mit der europäischen Steueroase Luxemburg.
Lobbyisten internationaler Konzerne, die eine Aussage in der Luxemburg-Steueraffäre verweigert haben, sollen den Zugang zum EU-Parlament verlieren.

Seit Monaten versucht das EU-Parlament herauszufinden, wie Luxemburg und andere EU-Staaten jahrelang internationale Großkonzerne mit Steuervorteilen angelockt haben. Doch die Ermittlungen des „Taxe“-Sonderausschusses gerieten zur Farce: Denn selbst die EU-Kommission und der Europäische Rat verweigern entscheidende Dokumente, mit teils abenteuerlichen Begründungen. Der Kampf gegen die sog. „Steuertricks“ ist damit von vornherein unglaubwürdig, offensichtlich sahnen unsere Politiker selbst hinreichend bei allem ab.

Die Multis, die von den Steuerdeals jahrelang massiv profitiert haben sollen, blocken natürlich auch ab. Ihre Chefs wollen nicht vor den Parlamentariern aussagen.

Die Lobbyisten folgender Konzerne sind betroffen: Amazon (siehe oben), Coca-Cola, Facebook, Fiat Chrysler, Google, McDonald’s, Walt Disney, Anheuser-Busch, Philip Morris, Wal-Mart sowie die Banken Barclays und HSBC. Auch der Möbelhändler Ikea ist betroffen.
Und dieser demonstriert höchst anschaulich, für wie lächerlich man die Klimmzüge hält.

Das Möbelunternehmen hat es in der Disziplin des Steuersparens zu besonderer Meisterschaft gebracht. Laut den Dokumenten, die im November 2014 enthüllt wurden und in denen Ikea allein mehr als 100 Seiten füllt, hat die Inter Ikea Holding beispielsweise im Jahr 2010 ganze 48.000 Euro Steuern gezahlt – auf einen Gewinn von mehr als 2,5 Milliarden Euro. Das entspricht in etwa einem Steuersatz von zwei Tausendstel Prozent. Ikea schaffte es damit auf die Liste jener Unternehmen, die der „Taxe“-Sonderausschuss des Europaparlaments eingeladen hat, um Aufklärung zu leisten.

Stellvertretend für die anderen betroffenen Konzerne machte Ikea deutlich, dass es das alles für Kraftmeierei von Papiertigern hält:

Ikea schickte den Abgeordneten am 30. September 2015 eine

„Einladung zur informellen Steuer-Diskussion“

und wählte dabei einen Treffpunkt, der hinreichend deutlich macht, was man von allem hält:

Ein griechisches Restaurant.

Bei Ouzo, Taramasalata, Tzatziki und Souvlaki sollen die Europaparlamentarier mit Ikea-Vorstand Steve Howard und Steuermanager Frister Mattsson über

„faire, transparente und klare internationale Steuersysteme“

reden. Dabei

könnten die Abgeordneten natürlich auch Fragen stellen,

schrieb Ikea. Um Antwort werde bis zum 3. November gebeten.

Ist das nicht herrlich?

Die Mitglieder des „Taxe“-Untersuchungsausschusses kochten natürlich vor Wut:

„Es ist eine Frechheit, die Einladung des Ausschusses auszuschlagen und stattdessen mit uns im Lobby-Format diskutieren zu wollen“,

sagt Sven Giegold, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europaparlament.
Peter Simon, Sprecher der sozialdemokratischen Fraktion im „Taxe“-Ausschuss:

„Bei Billy ist ’ne Schraube locker!“

Mit dem, was die Herrschaften der Hochsteuerländer in Sachen „Steuergerechtigkeit“ vorhaben, fehlt es an mehr als nur einer einzigen Schraube.

Fazit:

Das Gerede vom Ende der Steueroptimierung ist törichtes Geschwätz.
Das glaubt bald nicht einmal mehr Heini Biedermann aus Winsen an der Luhe.