Zahlt ein Erwerber für Deliktsbeute, stellt sich die Frage, ob er den Täter zu seiner Tat angestiftet hat. Ein solcher Anfangsverdacht erhebt sich dann, wenn – wie hier der deutsche Staat – der Erwerber am Deliktsgut als Einziger ein enormes finanzielles Interesse hat. Von einer unabhängigen Instanz zu untersuchen wäre auch die Frage der Begünstigung. Dieser Straftatbestand wäre erfüllt, wenn die Strafverfolgung des Täters erschwert oder verhindert würde, etwa weil ihm durch Geld die Flucht, das Abtauchen unter falschem Namen oder eine unabhängige Existenz ermöglicht wird. Kommt zum Geld noch die Schaffung einer falschen Identität mit staatlich gefälschten Dokumenten dazu, wäre auch noch an Amtsmissbrauch und Urkundenfälschung zu denken.
Tatsache ist: Der deutsche Staat hat für das Deliktsgut bezahlt und eine Straftat belohnt in einer Höhe, die jede Spesenordnung sprengt und dem Täter ein künftiges Leben in Saus und Braus ermöglicht, das ihm bei rechtstreuer Lebensführung unmöglich wäre. Wenn ein Staat sich über seine eigenen Gesetze hinwegsetzt, ist das ungleich gefährlicher, als wenn Einzelne mit ihren Steuern mogeln. Das mediale Dauerfeuer lenkt vom Wesentlichen ab, staatlich begangenes Unrecht wird zugeflutet durch ständig neue pressewirksame Aufdeckungen von pikanten Details, die dem Amtsgeheimnis unterliegen.
Die deutschen Politiker machen es sich einfach, wenn sie mit dem Finger auf das Liechtensteiner Stiftungsrecht und das Schweizer Bankgeheimnis zeigen. Wir erinnern uns an die dreissiger Jahre, als eben dieses Bankgeheimnis eingeführt wurde. Damals glaubte sich das Nazi-Unrechtsregime im Recht, jüdische Güter zu annektieren. Im Jahre 1939 hatte das schweizerische Bundesgericht einen solchen Fall zu beurteilen. In Deutschland war gegen drei deutsche Juden ein Devisen-, Steuer- und Strafverfahren eingeleitet worden wegen des Verdachts, sie hätten mit Bezug auf in der Schweiz gelegene Gesellschaften “ihrer Pflicht zur Anbietung von im Ausland gelegenem Vermögen nicht genügt, den inneren Wert der Auslandsbeteiligungen oder deren Anbietungsfähigkeit verschleiert und ohne Genehmigung der deutschen Devisenstelle erhebliche Rechte und Kapitaleinfluss an den schweizerischen Unternehmungen eingeräumt”. Die Reichstreuhandstelle entsandte damals einen Beauftragten samt amtlichem Dossier in die Schweiz, um hier Abklärungen über den Wert der in der Schweiz gelegenen Firmen zu treffen und die pendente Untersuchung zu vervollständigen. Eine Bewilligung dafür war nicht eingeholt, ein Rechtshilfeersuchen nicht gestellt worden. Beides wäre – wie das Bundesgericht zu Recht festhält – von der Schweiz auch kaum gewährt worden. Der Beauftragte wurde wegen verbotener Handlungen für einen fremden Staat verurteilt, sein Dossier blieb eingezogen.
Als deutscher Politiker mag man auch sagen, dass es den deutschen Behörden gleichgültig sein kann, wenn in Liechtenstein das Geschäftsgeheimnis verletzt wurde. Und trotzdem müssen sich die Deutschen die Frage stellen, wie viel ihnen die eigene Verfassung wert ist – und ob es angeht, mit Steuermillionen Freelance-Kriminelle anzufüttern, auch wenn diese im Ausland agieren.
Die Autorin ist Mitverfasserin des Kommentars zum Schweizerischen
Strafgesetzbuch und praktiziert als Rechtsanwältin in Zürich
Wer darauf hereinfällt, ist selbst Schuld.