Karibik und Steueroasen

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Steueroasen

– ungeliebt aber bedeutend –

Insgesamt 14 Offshore-Zentren im karibischen Raum wurden von der OECD im Juni 2000 unter denjenigen Hoheitsgebieten aufgelistet, deren Steuerpraktiken als schädlich für andere Staaten angesehen werden. In der OECD-Liste vom Februar 2003 stehen die Cook-Inseln, Ägypten, Guatemala, Indonesien, Myanmar, Nauru, Nigeria, Philippinen, St. Vincent und Grenadinen-Inseln und die Ukraine, es waren also zwei Staaten der Karibik übrig geblieben. Zwischenzeitlich gelang es auch St. Vincent und den Grenadinen-Inseln (nicht zu verwechseln mit Grenada), von der Liste gestrichen zu werden (letzter Stand der "black gelisteten" Staaten: Ukraine, Ägypten, Nigeria, Guatemala, Indonesien, Myanmar, sowie die Inselstaaten Nauru, Philippinen und Cook Islands). Den nahegelegenen USA geht es in ihrem geografischen Vorhof letztlich nur darum, Kontrolle über Drogengelder und Gelder terroristischen Hintergrundes zu bekommen, darüberhinaus sind sie "flexibler" im Umgang mit den von ihnen selbst genutzten Steueroasen als die Staaten der EU unter Federführung Deutschlands.

Die Kaimaninseln haben (ebenso Bermuda) nach Bekanntwerden des Berichts Verpflichtungserklärungen abgegeben, die bemängelten Steuervorschriften bis Ende 2005 zu ändern. Bereits im Mai 2000 hat die von der G-8 ins Leben gerufene Arbeitsgruppe für Finanzielle Maßnahmen (Financial Action TaskForce, FATF) fünf karibische Inselstaaten bei der Bekämpfung der Geldwäsche unter "nicht kooperierende Staaten" gelistet (Bahamas, Kaimaninseln, Dominica, St.Kitts und Nevis, St.Vincent und die Grenadinen). In einer eigenen Erklärung zum Abschluss des Caricom-Gipfels 2000 (statement on OECD harmful tax policy) wehren sich die Caricom- Staats- und Regierungschefs gegen die Kritik der Industrieländer, die darauf abziele, die Wettbewerbsfähigkeit bei der Bereitstellung globaler Finanzdienstleistungen zu schädigen. Die Inselstaaten bekräftigen in der Erklärung ihr Engagement zur Bekämpfung von Geldwäsche und anderer Formen von Finanzvergehen. Das alles reicht der FATF und den Ländern der EU nicht, die USA sind eher zurückhaltend – was Wunder: bieten doch die USA selbst anonyme Gesellschaften an (Pen-Name), werden mit gutem Grund diverse Bundesländer der USA selbst von Fachleuten als Steueroasen gewertet. Auch wir selbst arbeiten gern mit Kapitalgesellschaften aus den USA, z.B. aus dem Bundesstaat Delaware – und um den Bezug zur Karibik wiederherzustellen: registriert in Delaware, Sitz in der Dominikanischen Republik.

Das karibische Meer ist Schnittpunkt von internationalen, auch für Europa bedeutenden Handelswegen und wirtschaftlichen Interessen. Und natürlich sind auch deutsche Banken im Offshore-Bereich karibischer Länder präsent; gleichwohl – Stichwort: Bankdurchsuchung und Beschlagnahmung – kann nur davor gewarnt werden, eine deutsche Bank für eine diskrete Überweisung in eine karibische Steueroase zu nutzen. Das luxemburger Beispiel sollte als Warnung reichen.

Vielfalt in der Karibik

Die karibische Inselwelt ist in politischer, wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht ein höchst heterogener Raum:

  • Demokratien nach dem Westminster-Modell (vor allem in der englischsprachigen Ostkaribik, wie beispielsweise in Barbados und Trinidad und Tobago)
  • finden sich neben totalitär gelenkten Staaten (Kuba),
  • sehr labilen Demokratien (kann manHaiti derzeit dazu überhaupt rechnen?)
  • und Staaten, in denen in den letzten Jahren eine stabile demokratische Entwicklung stattgefunden hat (Dominikanische Republik).

Die Länder der Karibik weisen einen sehr unterschiedlichen Stand der wirtschaftlichen Entwicklung auf (z.B. Bahamas und Barbados versus Haiti und Guayana). Die traditionelle Wirtschaftstätigkeit ist eingeschränkt durch die geringe Größe der einzelnen Volkswirtschaften und die Abhängigkeit von wenigen Gütern, wie Erdöl/Erdgas bei Trinidad und Tobago, im Übrigen u.a. von Zucker und Bananen, bei denen mehrere der Staaten nicht zuletzt im Wettbewerb untereinander stehen. Das günstige Klima erlaubt Produktionsüberschüsse und eine Exportorientierung, die allerdings auch zu einer Exportabhängigkeit geführt hat. Einige Karibikstaaten (Dominikanische Republik, Bahamas) haben die postindustriellen Dienstleistungssektoren Tourismus und Finanzdienstleistungen erheblich ausgebaut.

Die unterschiedliche Kolonialgeschichte der einzelnen Inseln und Gebiete hat auch zur Ausbildung eines heterogenen Sprachraumes geführt. Anders als im weitgehend spanischsprachigen Zentralamerika wechseln sich, den alten Herrschaftsgebieten folgend, Spanisch, Französisch, Englisch und Niederländisch neben indigenen Sprachen und verschiedenen Formen kreolischer Mischsprachen ab.

Die Karibik ist in den letzten Jahren zu einem beliebten Reiseziel für deutsche Touristen geworden, wobei sich der Massentourismus eher auf die Dominikanische Republik, Jamaika und Kuba konzentriert, während die kleineren Inseln beliebte Anlaufziele für Luxus-, Segel- und Kreuzfahrttourismus sind. Mit Tourismus und günstigen Wirtschaftsbeziehungen haben sich zunehmend Deutsche angesiedelt (in der Dominikanischen Republik ca. 20 000).


Supranationale Organisationen in der Karibik

  • Bis zum Jahre 2005 will die relativ am meisten in der Integration fortgeschrittene CARICOM (Caribbean Community) nach EWG-Vorbild einen Gemeinsamen Wirtschaftsraum ("Caribbean Single Market and Economy" -CSME-) schaffen. Dieser könnte für Investoren aus vielen Ländern, auch aus der EU, von Interesse sein. Die1973 gegründete CARICOM umfasst 14 Mitglieder (Antigua und Barbuda, Bahamas, Barbados, Belize, Dominica, Grenada, Guyana, Jamaika, die britische Kronkolonie Montserrat, St. Kitts und Nevis, St. Lucia, St. Vincent und die Grenadinen, Suriname sowie Trinidad und Tobago). Haiti hat den Vertrag (von Chaguaramas, Trinidad) über seine Mitgliedschaft gezeichnet, aber noch nicht ratifiziert. Das Sekretariat befindet sich in Georgetown, Guyana. Seit Längerem vorgesehen ist auchdie Einrichtung eines karibischen Obersten Gerichtshofs. Mit Kuba unterzeichnete CARICOM im Jahr 2000 ein Handels- und Kooperationsabkommen.
  • Die Association of Caribbean States (ACS) vereint 26 Inselstaaten und Festlands-Anrainerstaaten des Karibischen Meeres (auch Kuba, Kolumbien und Venezuela, die sechs zentralamerikanischen Staaten und Mexiko, nicht aber die USA). Sie ist im wesentlichen nur ein Konsultativorgan mit Sitz in Port of Spain. Die Dominikanische Republik versucht, begünstigt durch die spanische Landessprache, sich als Bindeglied zwischen den karibischen und zentralamerikanischen Staaten zu etablieren.
  • Sechs kleine Inselstaaten der östlichen Karibik (Antigua und Barbuda, Dominica, Grenada, St. Kitts und Nevis, St. Lucia, St. Vincent und die Grenadinen) sowie die beiden britischen Kronkolonien Montserrat und Anguilla haben sich 1981 zur Organisation of East Caribbean States (OECS) zusammengeschlossen. Sitz des Sekretariats ist in Castries (St. Lucia). Im Kontext ihrer Integrationsbemühungen wurde eine gemeinsame Währung eingeführt; und diese Einheitswährung ist sogar früher in Kraft getreten als die OECS selbst zu Leben erwachte.
    • Bei der gemeinsamen Währung handelt es sich um den "East Caribbean Dollar". Der ISO 4217 Währungs-Code dafür lautet "XCD". Währungshüterin ist die "Eastern Caribbean Central Bank" mit Sitz in St Kitts und Nevis ("Eastern Caribbean Central Bank Agreement", unterzeichnet in Port-of-Spain am 05. Juli 1983). Was für Kapitalanleger in diesen teilweise hochinteressanten Steueroasen interessant ist:

      • seit 1976 beträgt der festgelegte Wechselkurs zum US-Dollar unverändert und stabil US$1,00 = EC$ 2,7000.

  • Die Dominikanische Republik wurde aufgenommen in das mittelamerikanische Gegenstück zur Freihandelszone NAFTA (USA, Kanada, Mexiko), das derzeit aus der Taufe gehoben wird – in die CAFTA

    Petrocaribbean

    Die Initiative kam aus Venezuela. Hugo Chávez handelte durchaus nicht uneigennützig. Er hat klar formuliert, daß seine Initiative als Konkurrenzprodukt zur "Freihandelszone Alaska bis Feuerland" angedacht ist, er somit der Politik der USA auf dem Kontinent eine Alternative entgegensetzen möchte. Chávez sieht die Freihandelsinitiativen der USA nur als Mittel zum Zweck, den Einfluß der USA weiterzusteigern, die Länder des Kontinents allesamt in eine starke Abhängigkeit gegenüber den Vereinigten Staaten von Amerika hineinzumanövrieren.

    Zu diesem Zweck setzt Venezuela seine einzige "Waffe" ein, sein Erdöl. Was ist passiert?

    Am 29. Juni 2005 begründeten die Länder Venezuela, Antigua und Barbuda, Bahamas, Belize, Cuba, Dominica, Grenada, Guyana, Jamaica, St Lucia, St Kitts und Nevis, St Vincent und die Grenadinen, Suriname und die Dominikanische Republik das gemeinsame Unternehmen „Petrocaribbean“, ein Unternehmen im gemeinsamen Eigentum dieser Länder. Trinidad und Tobago & Barbados waren bei dem Treffen auch anwesend, überlegen sich ihren Beitritt aber noch. Angesichts der hohen internationalen Rohölpreise sollen die Mitgliedsländer die Möglichkeit erhalten, über "Petrocaribbean" den Rohstoff zu deutlich geringeren Preisen beziehen zu können, überdies ohne Zwischenhändlerprovisionen. Der Transport erfolgt durch eigene Tanker von Petrocaribbean, für die nur die tatsächlich entstehenden Kosten gezahlt werden müssen. Natürlich verschenkt Venezuela das Rohöl nicht, aber das "Abkommen von Caracas" bietet schließlich bereits erhebliche Vorteile für die Unterzeichnerstaaten dieses Abkommens aus dem Jahr 2000. Bekanntlich dürfen Mitgliedsländer im vereinbarten Rahmen auch mit Gegenleistungen verrechnen wie landwirtschaftlichen Produkten. In letzter Konsequenz handelt es sich um eine Fortentwicklung des "Abkommens von Caracas".

In weiteren Beiträgen – nach diesem generellen Überblick – stellen wir einige Steueroasen im Steuerparadies der Karibik vor.