Nach den Worten eines Sprechers von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) wird gegen "sehr viele" bekannte und weniger bekannte "Leistungsträger" ermittelt.
Das Finanzministerium riet Betroffenen zur Selbstanzeige- natürlich. Der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, Dieter Ondracek, haut in die selbe Kerne und begrüßt den Aufruf der Bundesregierung an Steuersünder, sich bei den Finanzbehörden selbst anzuzeigen. Ein solcher Appell sei auch in den großen Steuer-Affären der vergangenen Jahre sehr erfolgreich gewesen. "Es gab ja zuletzt im Zusammenhang mit der sogenannten Balinger-CD im Jahre 2005 einen solchen Aufruf", sagte Ondracek der "Süddeutschen Zeitung". Etwa 25% der Betroffenen hätten sich damals zur Selbstanzeige entschlossen.
Am Ende habe es für den Fiskus einen Mehrertrag in Höhe von etwa 100 Millionen Euro gegeben. "Ich rate deshalb jedem, der bei der Liechtensteiner LGT-Bank ein Konto hat, jetzt seinen Steuerberater zu konsultieren und sich für eine Selbstanzeige zu entscheiden", sagte Ondracek.
Im Finanzministerium reibe man sich bereits die Hände, berichtete der SPIEGEL am 17. Februar 2008. Man rechnet aus den Selbstanzeigen heraus mit Zusatzeinnahmen von "mehreren hundert Millionen Euro" und meint, daß die Zahlung von fünf Millionen Euro an einen zwielichtigen Denunzianten "gut angelegtes Geld" gewesen sei.
Das Ziel ist mithin klar.
Und der Jurist muß lachen:
Es ist sehr wahrscheinlich, daß der unter rechtsstaatlich fragwürdigen Umständen vom BND finanzierte Kauf der Kopien von Bankunterlagen – es handelt sich zweifelsfrei nicht um Orginal-Bankunterlagen – vor Gericht wenig Wert haben wird. Diese Kopien werden einem
Beweisverwertungsverbot
unterfallen.
Diese millionenteuren DVD-Kopien taugen nicht als Beweismittel.
Das ist allen Offiziellen auch bewußt, so dumm können sie gar nicht sein.
Nur:
Es ist ein ebenso gesicherter – wie unstrittener – Strafrechtsgrundsatz daß, werden mit Hilfe von vor Gericht eigentlich unverwertbaren Beweismitteln gleichwohl darüberhinausgehende Beweismittel sichergestellt, so können diese weitergehenden Beweismittel vor Gericht Bestand haben. – Aber eben nur diese!
Nun lasse man sich die von der Staatsanwaltschaft eingeschlagene Strategie auf der Zunge zergehen:
- Da kauft man für viele Millionen Euro Kopien von Bankunterlagen, die vor Gericht sämtlichst einem Beweisverwertungsverbot unterfallen. Das brütet man monatelang aus. Und dann sucht man sich ein ebenso prominentes wie schwaches Glied aus der Kette der zur Verfügung stehenden "Opfer"aus. Das hat man mit Klaus Zumwinkel gefunden, ein Wirtschaftsführen, den man sowieso als solchen los sein wollte. Man hat ihn zuvor analysiert und – richtig – kalkuliert, daß er ein potentiell schwacher Mensch ist mit großem Gehabe nur auf ihm vertrauten Terrain. Hinzu ein Mensch, der schon mit einem halben Bein im Altersruhestand fußte. Solche Gestalten kippen erfahrungsgemäß bltzschnell um, wenn sie einen Haftbefehl präsentiert bekommen wo ihr Name draufsteht – statt das halt mal drei Tage "auszusitzen".
- Man hat also sein Opfer, sein prominentes Opfer, das man nun wie im Alten Rom durch die Straßen schleppt – unserer Zeit entsprechend in Form des Medienprangers und des Geschreies unisono der Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Kirche.
- In dieses Geschrei hinein setzt man noch einen drauf und erklärt, man hätte in den anderen Fällen schon "900 weitere Haftbefehle", es ginge um "Prominente und weniger prominente" und um "bis zu 4 Milliarden Euro". Alle seien Kunden der LGT-Bank. Somit weiß jeder der Betroffenen exakt, daß er mit hoher Wahrscheinlichkeit gemeint ist – und hat zumindest ein komplettes Wochenende Zeit, eventuell in Haus oder Büro lagernde gerichtsverwertbare Dokumente verschwinden zu lassen.
- So dämlich verhält sich keine Staatsanwaltschaft, der es allein um den Ermittlungserfolg geht. Da die sog. "Steuersünder" in der Regel keinen Kontakt zueinander haben, hätte man mühelos die "etwa 900 Durchsuchungsbeschlüsse" in den nächsten Wochen ruhig abarbeiten können.
- Nur fehlt dazu schon die Kapazität. Und das wußte man von Anbeginn an. Wie man auch wußte, daß man viele Millionen Euro zahlte für nicht gerichtsverwertbare Kopien. Es ging immer nur um eine großangelegte Propaganda-Aktion, um im konkreten liechtensteinischen "LGT-Open Office-Skandal" die betroffenen Personen zur Selbstanzeige und Nachzahlung von Steuergeldern zu treiben. Es ist eine groß angelegte Geldeintreibungsaktion – judiziabel wäre das nicht.
- Und es geht – und das in erster Linie – darum, im Land eine Angstpsychose auszulösen vor der vermeintlichen Allmacht des Staates. Jeglicher Gedanke an ein finanzielles Auslandsengagement unter Einschluß einer steueroptimierenden Strategie soll für die Zukunft schon im Keim erstickt werden. Zum 1. Januar 2009 tritt die Abgeltungsteuer in Kraft und derzeit fließt deshalb massenhaft Kapital ins Ausland ab. Biedere Deutsche – das ist die Mehrzahl – bleiben der "Kirchturmspitzen-Weltsicht" verhaftet und denken nur grenznah. Diese schaufeln ihr Vermögen deshalb in die Schweiz oder nach Liechtenstein, weil ihnen ein dortiger Bänker versichert hat, das Geld seo dort sicher; daß "sicher" nur die Kommission des alpenländischen Bänkers ist, sei nur eine Randnotiz. Bei diesen biederen Deutschen jedenfalls soll jetzt Kasse gemacht werden, nur auf "steuerflüchtige Biedermänner" zielt die Aktion ab – das Herdenvieh, die Masse der Steuerflüchtlinge. Und für diese war der Auftakt der Show perfekt inszeniert worden: Eine ganz neue Dimension des staatlichen Zugriffs durfte um Postchef Klaus Zumwinkel erlebt werden – die ganze Frühstücksfernseh-Nation schaute live zu: Zumwinkel wurde bei der Durchsuchungsaktion gleich an den TV-Pranger gestellt. Dank eines Tipps aus Ermittlerkreisen hatten sich schon am frühen Morgen Fernsehteams und Fotografen vor seiner Villa aufgebaut.
Wer intelligenten – wir betonen: intelligenten – Steueroptimierungsstrategien in der Realität hilflos gegenübersteht wie Finanzamt, Steuerfahnder und Staatsanwaltschaften, greift halt gern zu einer Handlungsweise, die man auch als "Psycho-Terror" bezeichnen kann. – Aber wir alle wissen:
Hunde die bellen, beißen nicht.
Vermutlich wird man noch einige bekannte Namen und auch unbekanntere an den Pranger stellen, um die Furcht vor dem Staatsapparat weiter zu steigern. Es gibt hinreichend viele schwache Gestalten wie Herrn Klaus Zumwinkel. Die Kampagne wird uns demnach noch einige Zeit begleiten.
Und in dieser Zeit der andauernden politischen Propagandaberieselung werden intelligente Steueroptimierer ihr etwa in der Schweiz oder Liechtenstein lagerndes Vermögen in ein anderes Land wie Panamá überweisen – denn Banküberweisungen aus der Schweiz oder aus Liechtenstein werden derzeit noch nicht an Behörden aus Ländern der EU bekanntgemacht; Liechtenstein wird insoweit weit schneller umkippen als die Schweiz. Aber auch die kippt noch um als "Insel inmitten der Europäischen Union".
Claqueure der Propaganda-Show
Innenminister Schäuble erklärte: Ein "nicht unerheblicher Teil der wirtschaftlichen Elite" gefährde das Vertrauen in die soziale Marktwirtschaft.
Schäuble sagte zum SPIEGEL: "Diese Leute machen alles kaputt. Wenn die Eliten nicht mehr begreifen, dass sie sich an die Gesetze halten müssen, ist das schlimm. Das Vertrauen in die soziale Marktwirtschaft wird derzeit weniger durch die Gewerkschaften als durch einen nicht unerheblichen Teil der wirtschaftlichen Elite gefährdet."
Auch Bundeswirtschaftsminister Michael Glos sieht wegen der Steueraffäre die soziale Marktwirtschaft bedroht. Die deutschen Manager müssten sich ihrer Vorbildfunktion für die Gesellschaft bewusst werden, forderte der CSU-Politiker in der "Bild am Sonntag". Andernfalls werde die soziale Marktwirtschaft unglaubwürdig: "Dann würde unser Land zum Übernahmekandidaten für die Linke."
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD): "Es sind die Eliten, die das System zum Einsturz bringen."
Der neue Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, forderte ein hartes Durchgreifen. "Wer Steuern in Millionenhöhe hinterzieht oder solche Summen veruntreut, muß zur Rechenschaft gezogen werden", sagte er der "Bild am Sonntag". "Ein solches Verhalten darf keinesfalls als Kavaliersdelikt durchgehen, sondern muß von der Gesellschaft als moralisch verwerflich empfunden werden."
Klar, es geht auch um die Kirchensteuer, man ist selbst betroffen, und in Gelddingen war die katholische Kirche in ihrer gesamten Geschichte schon immer eigen. Und wie hießen doch gleich noch einmal die diversen vatikanischen Mafiabanken?