Offiziell will die EZB nur Gutes.
Der Bankensektor soll de facto zum Nulltarif zusätzliche Liquidität erhalten und sich an seine Hauptaufgabe im Wirtschaftskreislauf erinnern: Günstige Kredite an den Privatsektor vergeben um die Konjunktur zu beleben.
Aber dieses System funktioniert nicht.
So versagt es in Japan auf der ganzen Linie. Dort hat es – seit Dezember 2012 unter dem Akronym „Abenomics“ – zu einem Anstieg der Staatsschuld auf fast 230 Prozent der gesamten Wertschöpfung eines Jahres geführt, ohne nennenswertes Wachstum zu schaffen. Seit Frühjahr 2013 sind umgerechnet 1.250 Milliarden Euro frischen Geldes aus der Notenpresse der Bank of Japan in die japanischen Märkte geflossen.
Ergebnis: Die OECD prognostiziert für Japan Wachstumsraten von 0,25% (2014), 0,75% (2015) und 1,0% (2016). Das soll Wachstum sein?
Genause wenig wie Japan ist die Eurozone strukturell diesen Geldmassen gewachsen.
Der Finanzsektor soll völlig überschuldete Staaten weiterhin mit obszön niedrigen Zinsen über Wasser halten – und zu Lasten des seriösen Sparers. Dafür wird den Banken ein regelmäßiger Ausstieg aus ihren „Junk Bonds“ geboten, indem sie diese in der Substanz wertlosen Papiere an die EZB durchreichen können. Die kann dann behaupten, sie betriebe keine Staatsfinanzierung, denn sie kaufe die Papiere ja am Sekundärmarkt.
Quantitative Easing
- schmiert also die Aktivitäten der Marktteilnehmer an den haussierenden Bond- und Aktienmärkten,
- verhindert offizielle Staatspleiten, die faktisch längst eingetreten sind,
- setzt eine Wirkungskette in Gang, deren tiefere Absicht nur die Erzeugung von massiver Inflation sein kann.
Dazu muß der Euro zuerst zu einer Schwachwährung gemacht werden. Die erste Etappe ist erreicht: Der Euro wertete gegenüber dem Dollar binnen Jahresfrist um 17% ab nur aufgrund der bloßen Ankündigung von QE.
Noch ist von Inflation keine Spur zu sehen.
Ist aber der Euro dauerhaft stark genug geschwächt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich die steigenden Importpreise in die Binnenwirtschaft hineinfressen und die Inflation anheizen. Europa hat starke Gewerkschaften, und nach der Teuerung kommt der Teuerungsausgleich durch hohe Lohnforderungen.
EZB-Präsident Mario Draghis Blick ist auf die Schuldenquote in den Problemländern gerichtet, also auf das Verhältnis von Staatsschulden zur jährlichen Wirtschaftsleistung.
In den Verträgen von Maastricht wurde für diese Kennziffer eine Höchstgrenze von 60% vereinbart (Ja, schon klar, der Autor dieser Zeilen muss an dieser Stelle auch lachen.).
Dieser Quotient ist eine dynamische Größe. Der Schuldenstand im Zähler wächst mit einer Wachstumsrate, die näherungsweise dem durchschnittlichen Zins auf die Schuld entsprechen dürfte. Die Bezugsgröße im Nenner – das Bruttoinlandsprodukt (BIP) – wächst jährlich in Höhe des nominalen Wirtschaftswachstums, also in Höhe des realen Wachstums plus Inflationsrate. Damit ist klar, daß sich mittels einer starken Inflationierung der Wirtschaft über die Zeit eine kräftige Verbesserung der relativen Schuldensituation erreichen läßt, sofern die Zinsen niedrig bleiben. Der verschuldete Staat wird zum Inflationsgewinner.
BEISPIEL:
Wir gehen im „Beispiel Italien“ von einer Schuldenquote von 130% aus und unterstellen, Italien wollte das Maastricht-Kriterium von 60% erreichen.
Würde man modellhaft annehmen,
- daß Italien sämtliche Schulden jetzt mit einem zehnjährigen Bond und einer Verzinsung von 1,5% refinanziert,
- über die Laufzeit einen ausgeglichenen Primärhaushalt erzielt – also ohne Tilgung, aber auch ohne Neuverschuldung,
- und man wollte bei Fälligkeit des Bonds das Maastricht-Kriterium von 60% erreicht haben,
dann müßte das nominale jährliche Wirtschaftswachstum in dieser Zeit durchschnittlich 9,6% erreichen. Wenn dann das reale Wachstum bei realistischer Erwartung um durchschnittlich 1,5% schwankte, dann müßte gleichzeitig rechnerisch zwingend die
- Inflation bei über 8%
liegen.
Würde etwa bei leicht ungünstiger Entwicklung der Zinsen die Rate, mit der die Schulden wachsen auf nicht undenkbare 2,5% steigen, müßte – bei sonst gleichen Bedingungen (!) – das nominale jährliche BIP-Wachstum im Schnitt bereits 10,7% erreichen.
- Die Inflation näherte sich also schon fast der Zehn-Prozent-Marke an.
Und das alles geschähe in einem Umfeld niedriger Zinsen.