EZB in der Krise

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Konkret schreibt die EZB, daß sich die Lage am 6. und 7. Mai sprunghaft und gefährlich verschlechtert hatte. Es könne eine Vielzahl von Parallelen zur Lehman-Pleite gezogen werden. "Dies gilt insbesondere in Bezug auf die Geschwindigkeit, mit der die Stimmung umschlug, sowie mit Blick auf die jähe Flucht der Finanzinvestoren in sichere Anlagen."

 

Die EZB schreibt in ihrem Bericht, dass der Vertrauensverlust am zweiten Mai-Wochenende mit rasender Geschwindigkeit vom Anleihe- auf den Interbankenmarkt übergegriffen und in der Folge die Aktien- und Devisenmärkte erfasst habe. In der Nacht zum folgenden Montag kippte die Notenbank dann eines ihrer ehernen Gesetze – und kaufte Staatspapiere von Euro-Ländern am Sekundärmarkt. Bis heute hat sie Anleihen im Volumen von 47,1 Milliarden Euro erworben und will damit so lange weitermachen, bis die Lage wieder unter Kontrolle ist.

 

Für die EZB war das ein Tabubruch.

 

Doch offenbar hatte die Notenbank gar keine andere Wahl. Das schreiben zumindest die Autoren des EZB-Monatsberichts: Durch die Ketten- und Panikreaktion an den Finanzmärkten sei nämlich nicht nur der Übertragungsmechanismus der Geldpolitik empfindlich gestört worden. Die Lage war offenbar so brisant, dass ein Kollaps des Kreditflusses und der sich gerade von der Rezession erholenden Konjunktur in der Euro-Zone zu befürchten stand: "Im gesamten Eurogebiet war der Zugang der Banken zur Marktfinanzierung erheblich beeinträchtigt", konstatiert die EZB. Mit anderen Worten: Am Interbankenmarkt, auf dem sich die Kreditinstitute in normalen Zeiten untereinander Geld leihen, ging nichts mehr.

 

Den ersten Schlag erhielt das Finanzsystem laut EZB am 6. Mai durch den plötzlichen und bis heute nicht ganz geklärten Einbruch des Dow-Jones-Index an der Wall Street. Hinzu kamen die Schuldenprobleme in Griechenland und anderen Staaten der europäischen Währungsunion, die dem Markt für Staatspapiere seit geraumer Zeit zusetzten. Von dort aus griff die Panik auf den Geldmarkt über und ließ die Furcht vor einer Bankenpleite am 7. Mai, dem letzten Handelstag vor dem Eingriff der Zentralbank, explodieren – erkennbar an Indizes, die die Wahrscheinlichkeit einer Bankenpleite bewerten.

"So stieg die Wahrscheinlichkeit eines gleichzeitigen Zahlungsausfalls von zwei oder mehr großen und komplexen Bankengruppen des Eurogebiets sprunghaft an und überschritt die nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers beobachteten Werte", heißt es in dem Bericht. Am Aktienmarkt gerieten Papiere aus der Finanzbranche massiv unter Druck.

 

Auch der Devisenmarkt wurde von dem Flächenbrand erfaßt, ebenso der Dollar-Geldmarkt in Europa – an dem die Kosten für Refinanzierungsgeschäfte in US-Währung in die Höhe schnellten. Zwar hatte der Euro wegen der griechischen Schuldenkrise bereits massiv Federn gelassen. Nun sorgten jedoch ungewöhnlich viele Währungsorders und eine Überlastung des weltgrößten Devisenabwicklungssystems CLS für weitere Verunsicherung der Akteure.

 

Der Rückstand bei der Bearbeitung der Transaktionen "führte zu Unsicherheit, da es über einen längeren Zeitraum außergewöhnlich viele offene Geschäfte gab", schreibt die EZB. Das beschleunigte die Abwärtsspirale: "Es wurden Bedenken laut, dass ein schwerwiegenderes systemisches Problem und nicht bloß ein sprunghafter Anstieg des Volumens die Verzögerungen bedingt haben könnte."

 

Wir verstehen einfach nicht, wie man sein Geld noch immer in Europa halten kann. Die Lage ist brandgefährlich. Was soll noch geschehen, bis der Letzte aufwacht?

 

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