EZB im Krisenmodus

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Es geschah vor einem Vierteljahrhundert.

“Wir führen unsere D-Mark in Europa ein“,

schrieb der seinerzeitige Finanzminister Theo Waigel in der Parteizeitung „Bayernkurier“. Die Stabilitätspolitik werde Modell und Maßstab für den ganzen Kontinent.

„Wir zwingen Europa und uns selbst zu strengster Disziplin im Umgang mit dem Geld unserer Steuerzahler.“

So schnell werden Lügen nur selten von der Geschichte entlarvt.

Tatsächlich lebt Deutschland zwischenzeitlich in einer Schulden- und Haftungsunion.

Nach Belieben werden Regeln gebrochen und Verträge gebeugt.

  • Die Nichtbeistandsklausel des Maastrichter Vertrags ist das Papier nicht wert, auf dem sie steht. Mit dem in der Krise eingeführten Euro-Rettungsfonds ESM ist im Gegenteil der zwischenstaatliche Hilfskredit die neue Normalität in der Eurozone.
  • Die Obergrenze für die öffentliche Verschuldung von 60% der Wirtschaftsleistung interessierte von Anfang an niemanden.
  • Die jährliche Deckelung für die Neuverschuldung öffentlicher Haushalte von 3% kümmerte ebenfalls eh niemanden, nicht einmal Deutschland selbst.

 

Zum 25. Geburtstag braucht man Hochleistungscomputer um zu zählen, wie oft gegen den Stabilitäts- und Wachstumspakt verstoßen wurde: 165 Mal! (Stand 08. Dezember 2016, die Zahl wird nicht lange Bestand haben.)

Obwohl Bundesbankpräsident Jens Weidmann beständig eine Rückkehr zum Geist von Maastricht fordert, beschloss die Europäische Zentralbank am 08. Dezember 2016 eine Verlängerung des strittigen Aufkaufprogramms von Staatsanleihen um neun Monate und damit eine Aufstockung des Volumens auf unfassbare Euro 2,3 Billionen.

Na und? – Nicht „na und“!

In weniger als drei Jahren kauft die EZB damit viel mehr Euro-Staatsanleihen auf, als Deutschland über viele Generationen hinweg an Staatsschulden aufgetürmt hatte.

Der gesamte Politikansatz der EZB wird begründet mit vermeintlicher Deflationsgefahr, somit mittels einer falschen Diagnose, einer

bewusst gestellten

falschen Diagnose.

Denn im Euro-Raum hat es nie die Gefahr einer Deflation gegeben, also auf breiter Front sinkende Preise. Daraus folgt denklogisch, dass die EZB völlig andere Ziele verfolgt als sie öffentlich darstellt. Der Notenbank geht es in Wahrheit darum, die Finanzierung von Staaten im Euroraum zu sichern.

„Ein zusätzliches Indiz dafür ist, dass sie jetzt sogar Staatsanleihen ab einer Laufzeit von einem Jahr kauft.“

So äussert sich niemand geringerer als der frühere EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark. Der Ökonom war ab 2006 Direktoriumsmitglied der Zentralbank. Im September 2011 kündigte er jedoch seinen Rückzug an, da die EZB begonnen hatte gegen seine Prinzipien zu verstoßen – unter anderem durch die Anleihekäufe.

In Frankfurt, Brüssel und Berlin wird pausenlos gelogen:

  • In Griechenland wachse die Reformbereitschaft und Schulden würden nicht erlassen obwohl Athen kaum noch Zinsen zahlen muss und Kredite erst am Sankt Nimmerleinstag zurückzuzahlen sind – wenn überhaupt.
  • In Italien sei keine Gefahr zu erkennen, die Pizzen seien gut wie eh und je.
  • Das träfe auch auf das französische Baguette zu.

 

Mit Staatsfinanzierung habe der Kauf der Staatsanleihen „natürlich absolut nichts zu tun“, macht das EZB-System – auch noch mit mit Billigung der höchsten EU-Richter – dem Publikum weis. Gleichzeitig aber schwingt sich die EZB zum größten Gläubiger der Eurozone auf.

Bald hält die EZB ein Drittel der gesamten Euro-Staatskredite in seinen Bilanzen.

Sparer werden ärmer und Immobilien- und Aktieninvestoren immer reicher – von Umverteilung aber weit und breit nichts zu sehen, behaupten die Pseudoeliten.

Mit den Verträgen der Europäischen Union wird verfahren wie mit denen von Fussballprofis: Das Papier nicht wert, auf denen sie geschrieben sind. Die EZB zahlt die Ablösesummen mit aus dem Nichts geschaffenem Geld, während der SPIEGEL nichts besseres zu publizieren weiss als sich darüber aufzuregen, dass Ronaldo Gelder über die British Virgin Islands einnehmen kann – und das auch noch legal. Die Menschen sollen von den Pseudoeliten im Verbund mit der Systempresse für dumm verkauft, von den wirklichen Gefahren abgelenkt und hinter die Fichte geführt werden.

Der Ärger vieler Wähler in Großbritannien, Italien, Österreich, Frankreich, Deutschland, Dänemark, Schweden, Finnland, Ungarn, Tschechien, Polen oder den Niederlanden sei absolut nicht nachvollziehbar. Dann verkaufen die Pseudoeliten den Kontrollverlust an Europas Grenzen auch noch als “alternativlos” und versuchen den wachsenden Unmut über die EU als „Populismus“ abzutun.

Das ist nicht nur Wirklichkeitsverweigerung, das ist bornierte Dämlichkeit.

Welche Gefahren aktuell allein aufgrund der Lage in Italien drohen, ist schlicht atemberaubend.

Italiens Staatsschulden – mehr als Euro 2,2 Billionen, was 133% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) entspricht – gehören zu den höchsten der Welt.

Die Auslandsverschuldung des Landes steigt immer weiter; netto (also sogar noch abzüglich Auslandsvermögen) liegt sie inzwischen bei unfassbaren 60% der jährlichen Wirtschaftsleistung.

Sollte Italien an den Rand der Zahlungsunfähigkeit geraten, wäre ein internationales Finanzbeben die Folge:

Das wäre dann eine Staatsschuldenkrise, gegen die sich die Verwerfungen der Jahre 2010 bis 2012 wie reine Nichtigkeiten ausnähmen. Italien kann nicht gestützt werden wie Griechenland, da brechen alle europäischen Konstruktionen unter der Last zusammen. Denn italienische Staatsanleihen sind eine der größten Anlageklassen, die weltweit auf den Finanzmärkten gehandelt werden.

Matteo Renzi ist mit seinem Referendum über eine Verfassungsreform krachend gescheitert. Italien steht auf der Kippe, das ist Fakt, auch wenn die Pseudoeliten betreten schweigen. Aber aufgrund der Grösse Italiens steht damit die Eurozone selbst auf der Kippe.

Kein Problem? – Dann kehren wir einfach zur D-Mark zurück?

Schon mal was von Target-Salden gehört?

Nach dem italienischen Referendum treibt die EZB ihre als Geldpolitik kaschierte Umschuldung der Länder Südeuropas weiter voran. Sollte eines von ihnen, wie insbesondere Italien, den Euro aufgeben, hat Deutschland ein riesengrosses Problem.

Die von der Bundesbank vergebenen Überweisungskredite werden als Target-Forderungen gegen das Euro-System verbucht. Am 7. Dezember wurde bekannt, dass die Target-Forderung der Bundesbank allein im November um Euro 46 Milliarden gestiegen ist. In seinem Kommentar im Handelsblatt rechnet Ex-Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn vor, was das bedeutet:

„Die Target-Forderungen der Bundesbank umfassen mit einem Wert von Euro 754 Milliarden fast die Hälfte des deutschen Nettoauslandsvermögens.“

Umgekehrt:

Die Banca de España saugt spanische Staatspapiere aus der ganzen Welt zurück und entschuldet damit den spanischen Staat gegenüber seinen lästigen privaten Gläubigern. Dazu bittet sie andere Notenbanken des Euro-Systems, allen voran die Bundesbank, aber auch etwa die niederländische Zentralbank, ihr neue Euro zu kreditieren und sie den Verkäufern der spanischen Staatspapiere auszuhändigen.

Die Target-Schulden der südlichen Euro-Länder Griechenland, Italien, Portugal und Spanien (GIPS) lagen Ende Oktober schliesslich bei Euro 811 Milliarden. Für die GIPS-Staaten sind diese Transaktionen ein prächtiges Geschäft, denn sie tauschen verzinsliche, mit einer Fälligkeit ausgestattete Staatspapiere im Besitz potenziell lästiger Privatinvestoren gegen derzeit unverzinsliche, niemals fällig zu stellende Buchschulden ihrer Notenbanken ein – Institutionen, die ihnen zum Teil nicht einmal gehören und die im Maastrichter Vertrag wegen der fehlenden Nachschusspflicht als Einrichtungen mit beschränkter Haftung definiert wurden.

Sollte es nun knallen und Staaten wie Italien den Euro aufgeben, gehen deren nationale Notenbanken in Konkurs, weil ihre Target-Schulden auf Euro lauten und ihre Forderungen gegen den jeweiligen Staat und die nationalen Banken in die abwertenden neuen nationalen Währungen umgetauscht werden.

Sinn sagt uns auch, was bei der gegenwärtigen Lage die Folge von allem wäre:

„Kommt es zum Knall im Eurosystem, lösen sich diese Forderungen in Luft auf.“

Schon einmal was von Währungsreform gehört?

Wem kann das wirklich egal sein?

Dem, der seine Vermögenswerte ausserhalb Europas und ausserhalb des Eurosystems abgesichert hat.

Das ist exakt das, was wir schon seit langem hier predigen – und was wir konkret zur Umsetzung anbieten.

Interessiert?