Es mehren sich die Indizien, dass das bestehende Finanzsystem vor seiner Ablösung steht. Und wie es aussieht, dürfte das ein Schnitt werden, den man wohl als fundamentale
Währungsreform
betrachten muss mit Konsequenzen, die noch gar nicht absehbar sind.
Mark Carney, der Gouverneur der Zentralbank von England, hat sich am am 23. August 2019 während einer Rede – und nirgendwo anders als anlässlich des bedeutenden jährlichen Notenbanker-Treffens in Jackson Hole – für eine massive Umgestaltung des globalen Finanzsystems stark gemacht.
Er beklagte am Wochenende eine destabilisierende Rolle des US-Dollars für die Weltwirtschaft und schlug den Aufbau einer neuen, übernationalen Reservewährung vor.
Trotz des Wandels der globalen Wirtschaft sei die US-Währung weiter
„so wichtig wie zum Zeitpunkt des Zusammenbruchs von Bretton Woods“,
sagte Carney beim Notenbanker-Treffen in Jackson Hole.
Damit spielte er auf das Ende des Goldstandards Anfang der 70er-Jahre an. Viele Staaten seien deswegen seither den Verwerfungen der US-Wirtschaft ausgeliefert. Der beste Ansatz, um den Dollar zu ersetzen, sei eine
gemeinsame, virtuelle, multi-polare Reservewährung,
sagte Carney.
“Die Kombination aus erhöhter wirtschaftspolitischer Unsicherheit, offenem Protektionismus und der Befürchtung, dass weitere negative Schocks aufgrund des begrenzten politischen Spielraums nicht angemessen kompensiert werden könnten, verschärft die disinflationäre Tendenz in der Weltwirtschaft. Was ist dann zu tun?”
Denkbar wäre hier, den US-Dollar durch eine andere, starke Währung zu ersetzen – doch würde dies das Grundproblem lösen? – Wohl nicht, meint Carney:
„Langfristig müssen wir das Spiel ändern“,
sagte er.
„Wenn sich etwas ändert, sollte es nicht sein, einen Währungshegemon gegen einen anderen auszutauschen.“
Vielmehr soll eine von einer einzigen nationalen Zentralbank unabhängige Leitwährung geschaffen werden.
Ein
„Netzwerk von Währungen der Zentralbanken“
könne so die beherrschende Stellung des Dollars beim Handel einschränken.
Dass das alles nicht isolierte Gedanken Herrn Carneys sind, wurde spätestens am 4. September 2019 klar. Erstmals stand Christine Lagarde als designierte Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) Rede und Antwort im Wirtschaftsausschuss des EU-Parlaments. Beim Thema Geldschöpfung nahm Lagarde ausdrücklich Bezug auf diesen Vorschlag des britischen Notenbankgouverneurs. Dass die großen Notenbanken der Welt eine gemeinsame digitale Währung ausgeben, wertete Lagarde als
„interessanten Aspekt“.
Der Hintergrund von allem ist jedoch schlicht besorgniserregend. Frau Lagarde als erste Frau an der EZB-Spitze ist bereit, neue Wege zu gehen und mit
innovativen geldpolitischen Instrumenten
zu arbeiten.
Was sie damit meint, ist relativ klar: In der Fachwelt wird eine Reihe von Maßnahmen facettenreich diskutiert: Das Bargeld könnte abgeschafft werden. Die Negativzinsen könnten auf sogar auf Guthaben auf Girokonten ausgeweitet werden. Und: Die EZB könnte direkt Zentralbankgeld, sogenanntes Helikoptergeld, in den Wirtschaftskreislauf pumpen. Das alles liesse sich mit dieser Art von Digitalwährung weit einfacher umsetzen als mit den derzeitigen Währungen
Die Debatte unter den großen Notenbanken über eine eigene Digitalwährung gewinnt damit weiter an Fahrt, und die Motive sind besorgniserregend. Teile dieses „Netzwerkes von Währungen der Zentralbanken“ sind bereits am Entstehen:
- Nur wenige Tage vor dem Treffen in Jackson Hole hatte Mu Changchun, einer der stellvertretenden Leiter der Abteilung für Zahlungsverkehr der People’s Bank of China, erklärt, eine staatlich kontrollierte chinesische Digitalwährung sei „fast fertig“. Mu erklärte, sowohl die Notenbank wie auch „Finanzinstitutionen“ würden die neue Währung ausgeben dürfen.
- Auch andere Notenbanken rund um die Erde prüfen die Möglichkeit, eine eigene digitale Währung aufzulegen. So forscht die Zentralbank Schwedens schon länger an solchen Konzepten. Seitens der EZB wie auch der Bundesbank sickern immer wieder Informationen durch, dass man derartiges intern diskutiere. Russland arbeitet ohnehin daran, wie man weiss. Kanada und Uruguay reden ganz offen über entsprechende Pläne – bislang jedoch hat noch kein Land es geschafft, eine nationale virtuelle Währung zu präsentieren. Im Falle von China und Russland könnte das aber urplötzlich geschehen. Und dass Mark Carney, der Gouverneur der Zentralbank von England, nur theoretische Hirngespinste ansprach ohne jeglichen spezifischen Hintergrund in Zeiten des Brexit ist wenig wahrscheinlich.
Es braut sich was zusammen.
Wer etwas zu verlieren hat, sollte sich verstärkt mit dem Thema “Vermögenssicherung” beschäftigen.