Die Bankenzusammenbrüche

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Gemäß eines Berichtes der Zentralbank, gefertigt unter Mithilfe internationaler Experten, wurden durch den Konkurs 55 Milliarden Pesos vernichtet, was zum Berichtszeitpunkt der Summe entsprach von

Euro 2,154 Milliarden.

Um die Bedeutung dieser Finanzkatastrophe erfassen zu können muß man wissen, daß dies ungefähr

80% des Budgets des dominikanischen Staates

entsprach
.
Und dieses Geld ist weg, das kann man drehen und wenden wie man will.

Da nutzt es nichts, daß die als Hauptverantwortliche gehandelten Ramón Báez Figueroa und Marcos Báez Cocco in Haft genommen worden waren; nach mehr als sieben Monaten U-Haft verfügte das zuständige Gericht überdies die Freilassung gegen Kautionszahlung (in Deutschland pflegt U-Haft in Wirtschaftsstrafsachen deutlich länger zu dauern, erst 1999 setzte das Bundesverfassungsgericht der insoweit rechtsstaatswidrigen und fragwürdigen U-Haft Praxis engere Grenzen). Da nutzt es ebensowenig, daß Eigentum der BANINTER konfisziert worden ist; der BANINTER gehörte u.a. der größte Medienverbund in der Dominikanischen Republik einschließlich "Listín Diario", der führenden Zeitung, 4 Fernseh- und mehr als 70 Radiostationen

Es heißt, zwei Drittel der Einlagen, die der BANINTER von Kunden anvertraut worden sind, wären nicht offiziell bei der Bank verbucht worden, sondern mittels eines kundenspezifischen Software-Systems. Es hätte sich insoweit um eine heimliche "Bank in der Bank" gehandelt. Diverse Bankkontrolleure ebensowenig wie "PricewaterhouseCoopers" kamen den diversen Machenschaften auf die Schliche.

Am 12. August 2003 berichteten die dominikanischen Zeitungen "Diario Libre" wie "el Caribe" zu dem Fall "Pepegate", der vermutete Kreditkartenbetrug mit Hilfe der Präsidentenkarte des Oberst Pedro Julio-Pepe-Goico Guerrero (Ex-Sicherheitschef des ehemaligen Staatspräsidenten Hipólito Mejía, bei fast allen Auslandsreisen des Präsidenten dabei) zu Lasten der Baninter sei nach Angaben der Anwälte von Ramón Báez Figueroa 10 bis 20 mal höher gewesen, als bislang angenommen und hätte sich auf RD$ 400 bis RD$ 800 Millionen belaufen.
Laut Castillo Semán, Hauptverteidiger des bisherigen Chefs der BANINTER, habe Pepe Goico mit dieser Kreditkarte ausgeklügelte Sicherheitsapparate in Israel gekauft. Diese seien dann an eine ausländische Regierung weiterverkauft worden, um schließlich in den Besitz einer kolumbianischen Guerillatruppe zu gelangen. Pepe Goico war nach einem halben Jahr Haft im März 2003 gegen Kaution wieder auf freien Fuß gesetzt worden.

Erste Gerüchte,
die BANINTER könnte in Schwierigkeiten sein, waren im
Herbst 2002
aufgekommen. Einige Anleger begannen damals, ihre Einlagen zurückzuziehen. Um dies zu stoppen, räumte die Zentralbank der BANINTER zusätzliche Kreditlinien ein. Zu Anfang des Jahres 2003 stellte die dominikanische Regierung in den Raum, die "Banco del Progreso" würde die BANINTER übernehmen. Doch plötzlich zog sich die "Banco del Progreso" aus diesem Geschäft zurück, und im April 2003 übernahm dann die Regierung selbst die Kontrolle über das zweitgrößte Kreditinstitut des Landes, das zu mehr als 80% der Familie Herrn Báez Figueroas gehörte. Nun einsetzende genaue Durchforstungen der Bankunterlagen, teilweise unterstützt durch den IWF, enthüllten das Ausmaß des Bankenskandals.

Die Folgen sind verheerend.

Die Wirtschaft litt ohnehin schon unter den insbesondere seit dem 22. September 2001 eingebrochenen Tourismuszahlen. Die schwache weltwirtschaftliche Konjunktur, insbesondere auch in den wichtigen Vereinigten Staaten von Amerika, führte zu einem volkswirtschaftlich bedeutsamen Rückgang u.a. in der Bekleidungsfertigung für die amerikanischen Marken wie "Levi Strauss", "Calvin Klein" und "Ralph Lauren". Der Kurs des Peso verfiel beständig weiter. Lebenswichtige Importe hatten sich dramatisch verteuert, die Inflationsspirale drehte sich immer schneller, seit Beginn des Jahres 2003 dann sogar im zweistelligen Bereich. An allen Ecken und Enden fehlte nun das Geld: Das Kanzleramt der dominikanischen Regierung zahlte nicht mehr regelmäßg Geld an die diplomatischen Niederlassungen im Ausland ("Diario Libre" vom 01. August 2003). Im Jahr 2000, dem ersten Regierungsjahr des amtierenden Präsidenten, hatte sich der Haushalt noch mit RD$ 53 Milliarden begnügt. 40% des Haushalts von 2004 wurden allein benötigt zur Finanzierung der in- und ausländischen Staatsschulden.

Am 29. September bestätigte der seinerzeitige Finanzsekretär Rafael Calderón, daß die Schulden der Dominikanischen Republik nicht mehr nur 20% des Bruttosozialprodukts betrügen, sondern zwischenzeitlich 49% – man habe also "lateinamerikanische Normalität" erreicht. Die Experten des IWF kamen Anfang Dezember 2003 zu dem Ergebnis, daß die Schulden der Dominikanischen Republik zu diesem Zeitpunkt einen Stand erreicht hatten von RD$ 7,692 Millarden (einschließlich der neuen Schulden durch den "Union-Fenosa-Deal", s. unten). Die Schulden betrugen danach also sogar 52,7% des Bruttoinlandprodukts (Quelle: "Hoy" v. 1. Dezember). Ende des Jahres 2000 hatten die Auslandsschulden nur US-Dollar 3,7 Milliarden betragen.
Weiteres Schuldenbeispiel:
Für die Ausrichtung der Panamerikanischen Spiele im Land (01.-17. August 2003) hat die Dominikanische Republik für den Bau von Sportanlagen, Umbauten, Erneuerungen usw. 5 Milliarden Pesos ausgegegeben, was zum Berechnungsstichtag der Summe entsprach von US$ 145 Millionen. Eine vom Konkurs bedrohte Gruppe von 39 Bauunternehmen ging an die Öffentlichkeit, weil sie von ihren ausländischen Gläubigern dazu gedrängt worden war und offenbarte, daß die Regierung ihr sage und schreibe 1 Milliarde Peso (US$ 28,5 Millionen zum Stichtag) noch immer schuldete (Quelle: "Cadena de Noticias" v. 27. Oktober 2003).

Die Krise traf das Land also auch noch zu einer Zeit, als eine unfähige Regierung an der Macht war.

Auch bei der drittgrößten Bank des Landes, der Banco Nacional de Crédito

– BANCREDITO –

gingen schließlich die berühmten Lichter aus. Ein sog. "kleines Loch" hatte sich gezeigt in Höhe von RD$ 16 Milliarden. Um die Entscheidung, die BANCREDITO zu stützen, auch einhalten zu können, waren Staatsobligationen in Höhe von RD$ 10 Milliarden aufgelegt worden. BANCREDITO stieß deshalb Ihre Rechte an den Netz- und Telekommunikationseinrichtungen der Tricom ab ebenso wie ihre Versicherungsgesellschaft vor der Übernahme durch die Grupo León Jiménez / Banco Profesional.

Erst am 07. November 2003 gab der seinerzeitige Gouverneur der Zentralbank, José Lois Malkún, das Ausmaß und Hintergründe des zweiten Bankenskandals des Jahres 2003 bekannt: Demnach hat auch die Bancrédito, wie die BANINTER, über Jahre hinweg eine doppelte Buchführung benutzt, um unbemerkt eine Summe im Gegenwert von seinerzeit US-Dollar 670 Millionen unvorschriftsmäßig zu verwenden. Die Bancrédito gehörte seinerzeit zur "Grupo Financiero Nacional" (GFN). Jahrelang war eine Buchführung für das normale Publikum, wozu auch die Behörden gehörten, geführt worden, darüberhinaus aber ein zweite für die Direktionsmitglieder. Diese – der Präsident der "GFN", Arturo Pellerano Peña, und der Repräsentant der "Bancrédito", Juan Felipe Mendoza – leiteten mehr als RD$ 20 Milliarden (= ca. US$ 670 Millionen) zu ihrem Vorteil um und finanzierten damit Unternehmungen der Gesellschaften "Tricom" (zweitgrößtes Telekommunikationsunternehmen des Landes), die Kabelfernsehgesellschaft "Telecable Nacional", die Versicherungsgesellschaft "Segna" und die Tochtergesellschaften der "Bancrédito" selbst auf den Caiman Islands und in Panama. Präsident Hipólito Mejía hatte am 08.November 2003 die Justiz angewiesen, die Verfolgung der beiden benannten mutmaßlich Verantwortlichen zu stoppen. Staatsanwalt Dr. Artagnan Pérez Méndez erklärte hierzu noch am selben Tag, nur die Justiz selbst könne den Prozeß stoppen, es handele sich vorliegend um einen klassischen Fall der Anwendung der Gewaltenteilung. Dem stimmte der Direktor der Bankenaufsichtsbehörde, Julio Cross Frías, zu mit der Erklärung, der beginnende juristische Prozeß würde mithelfen, die erstrebte Unterzeichnung der Vereinbarungen mit dem Internationalen Währungsfond zu erreichen (Quelle: "Hoy" vom 09.11.’03). Staatsanwälte sind, im Gegensatz zu einem Richter, allerdings weisungsgebunden, insoweit hatte der Präsident durchaus noch hinderliche Befugnisse.

Die Dritte im Bunde der angeschlagenen Banken, die

"Banco Mercantil",

machte im Juli 2003 Schlagzeilen. Das "Finanzloch" der Bank hatte sich abermals erhöht:

Auch die Banco Mercantil war  in die Hände neuer Eigner übergegangen. Wie die Behörden der Zentralbank am 28. August 2003 bekanntgegeben hatten, hatte die "Republic Bank of Trinidad and Tobago" (gegründet 1937, tätig in verschiedenen karibischen Ländern) die Mehrheit der Aktien der "Banco Mercantil" für RD$ 1,25 Milliarden erworben. Die erworbenen Aktien entsprechen 94.16% des Aktienstammkapitals. Alle vormaligen Eigner an der "Banco Mercantil" hatten ihre Einlagen verloren in Höhe von insgesamt ca. RD$ 1,5 Milliarden; die Bank hatte kein Kapital mehr, folglich waren die Aktien wertlos. Die neue Eigentümerin hatte seitens der Zentralbank eine Garantie erhalten in Höhe von RD$ 8 Milliarden wegen der "kaputten Einlagen" von Privatkunden. Schon zuvor hatte die Zentralbank wegen der Probleme der "Banco Mercantil" RD$ 3,1 Milliarden zur Verfügung gestellt gehabt.
Eine Tochtergesellschaft der Bank, die "Servivent Corporation", hatte in Form von Immobilien wie Mobilien Sicherheit geleistet. Die Sicherheiten sind jedoch unauffindbar. Das Finanzloch erweiterte sich somit um mehr als RD$ 2,4 Milliarden auf insgesamt etwa RD$ 8,9 Milliarden. Die "Republic Bank de Trinidad y Tobago" verlangte natürlich von der Zentralbank, daß sie auch diese Verbindlichkeiten übernimmt, ansonsten würde man sich aus der Dominikanischen Republik wieder zurückziehen ("El Nacional" v. 05. Juli 2004). Die neue Deckungslücke bei der Banco Mercantil entsprach mehr als US-Dollar 50 Millionen.

Wenn Banken zusammenbrechen, fehlen normalerweise auch nicht marode Versicherungen. Das passierte dann am19. November 2003 auch noch. Wenn bei den Banken alles mit der zweitgrößten Privatbank des Landes anfing, dann durfte es bei den Versicherungen gleich die allergrößte sein. Betroffen war mithin die

"Segna".

Am 19. November hatte die Versicherungsaufsichtsbehörde die Kontrolle über die "Segna" übernommen, die vormals zur "Bancredito-Gruppe" gehörte. Es ging um Gelder individueller Lebensversicherungen, die geschützt werden sollten, wie natürlich bestehender Forderungen gegen die Gesellschaft insgesamt. Die "Segna" hatte Verpflichtungen von etwa RD$ 2 Milliarden bei einem weiteren Defizit von RD$ 1,2 Milliarden. Da die zuständige Behörde eingegriffen hatte, hatte das automatisch die rechtlich zwingende Folge, daß die Versicherungspolicen am 30. November 2003 aufgehoben worden. waren .
Zur "Segna-Gruppe" gehörten auch die beiden Krankenversicherungen "SaludCoop EPS" und die "ARS HUMANO".
Wie der Zeitung "Hoy" am 29. August 2003 zu entnehmen war, hatte der dominikanische Staat bis 08. August 2003 in das marode Bankensystem des Landes RD$ 71,8 Milliarden investiert, ein Jahr zuvor lautete die Summe noch auf RD$ 3,7 Milliarden, d.h. innerhalb eines Jahres waren RD$ 68,1 Milliarden wegen des mangelhaften Bankwesens verloren worden.

Wenn man die Bankenkrise durchlaufen haben wird, so der seinerzeitige Zentralbankgouverneur José Louis Malkum am 29. August 2003, werde die Dominikanische Republik über das gesündeste und durchsichtigste Bankensystem (!) der ganzen Welt verfügen.

Auf Diskretion und Bankgeheimnis wertlegende ausländische Investoren wissen, daß die Turc- und Caicosinseln, Curaçao, die Bermudas, die British Virgin Inseln, Anguilla  usw. nicht weit entfernt sind von der Dominikanischen Republik