Dachschaden beim Finanzamt

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In Realityshows bei RTL wurden heruntergekommene Wohnsitze bedürftiger Familien aus Wohltätigkeitsmotiven heraus renoviert. Nun haben Kandidaten Steuernachforderungen des Finanzamtes über Zehntausende Euro erhalten.

Wer armen bedürftigen Menschen in Deutschland gezielt hilft, setzt diese Menschen Horror-Besteuerungen durch das Finanzamt aus und bereitet damit Bedürftigen riesige finanzielle Probleme – statt Hilfe geleistet zu haben. Ist das moralisch so weit entfernt von der Verurteilung wegen ausserehelichen Geschlechtsverkehrs bei Frauen in Saudi-Arabien, die tatsächlich Opfer von Vergewaltigungen geworden waren?

Die Fälle:

Auf RTL II tauchte eine Familie auf: der Vater an Leukämie erkrankt, die Mutter an Morbus Crohn, die beiden Kinder behindert. Fünf Jahre nachdem ihr Haus in „Zuhause im Glück“ renoviert und neu eingerichtet worden war im Rahmen der Fernsehshow, erhielten sie eine Steuerforderung des Finanzamts über Euro 42.557.

Im sächsischen Waldheim fand im Oktober 2015 ein Finanzamtsbescheid seinen Weg in den Briefkasten von Familie Richter. Euro 107.513 Einkommensteuer seien auf „sonstige Einkünfte“ zu entrichten. Hinzu kämen fast Euro 35.500 Zinsen, mehr als Euro 5.900 Solidaritätszuschlag und rund Euro 9.500 Kirchensteuer: insgesamt fast Euro 160.000, fällig bis zum 3. Dezember. Der Familie Richter verschlug die Höhe der Forderung den Atem. Der gesamte Hof, auf dem sie leben, ist nicht einmal Euro 160.000 wert. Auf der vorletzten Seite des Bescheids stand der Grund der Forderung: „Sie haben im Kalenderjahr 2008 am Format “Einsatz in 4 Wänden mitgewirkt.“ Das jüngste Familienmitglied, Lisa, hatte sich für die Teilnahme an „Einsatz in 4 Wänden – Spezial“ beworben. Dabei wurden nicht, wie sonst in der RTL-Sendung üblich, einzelne Zimmer renoviert, sondern das ganze Haus. Lisa Richter wurde als Kandidatin genommen, die Moderatorin Tine Wittler kam nach Waldheim, und RTL taufte das Zuhause der Richters „Horror-Haus“, weil es mehr einer Ruine als einem Heim glich. Als Wittlers Team nach zwölf Wochen Arbeit abreiste, war zumindest das Haupthaus renoviert. Die frühverrentete Mutter und der arbeitslose Onkel von Lisa Richter hatten zuvor nicht einmal genug Geld und Kraft für die dringend benötigte Schädlingsbekämpfung gehabt.

Und es gibt noch mehr derartiger Fälle: Verglichen mit dem Betrag, der auf die Richters zurollte, wirken die Forderungen an die „Zuhause im Glück“-Kandidaten zwar fast schon lächerlich, aber auch diese Familien kämpfen mit für sie unbezahlbaren Steuerforderungen zwischen Euro 37.000 und Euro 42.500.

Um die 50 Kandidaten-Familien aus den RTL-Shows haben Steuerforderungen dieser Art erhalten.

Im Mai 2018 schrieb eine Kandidatin, die Euro 35.000 an Steuern nachzahlen soll, auf Facebook:

„Man kann jetzt nur noch Familien in Not davor warnen, sich bei Helfer-Dokus zu bewerben. In einem Freudentaumel befindet man sich, wenn man ausgewählt wird und gesagt wird: Ihr habt es verdient!…”

Klar, man muss sich fragen, ob RTL und die Produktionsfirma Ufa, die an der Ausstrahlung der beliebten Shows ordentlich an Werbeeinnamen generieren, hier nicht schlussendlich haftbar sind.

  • Es bleibt aber festzuhalten: Das deutsche Finanzamt besteuert Wohltätigkeit bei Bedürftigen.
  • In Sachen Besteuerung ist Deutschland ein finsterer Unrechtsstaat.

 

Die USA argumentieren, wer Nordstream-Gas bei Russland kauft, finanziert einen Unrechtsstaat.
Gilt das nicht auch, wenn man dem deutschen Finanzamt auch nur einen Pfennig, pardon: Cent,  mehr bezahlt, als unbedingt notwendig?

Informationen entstammen einem Bericht der FAZ von Anfang August 2019 im bezahlpflichtigen Teil der Ausgabe.