Jochen Maas, Vizepräsident des Frankfurter „Houses of Pharma & Healthcare“ hat der FAZ ein Interview gegeben, das am 19. März im bezahlpflichtigen Teil veröffentlich worden ist. Wir geben den Inhalt wider, den jeder bitte selbst bewerten möge:
Der überwiegende Teil der Bevölkerung ist in keiner Weise gefährdet, mehr als 80 Prozent der Infektionen verlaufen harmlos, zum Teil sogar symptomlos. Etwas ernstere Symptome ähnlich einer schweren Grippe treten bei rund 10 bis 12 Prozent der Infizierten auf, wirklich ernste Verläufe bei weniger als 5 Prozent, nämlich fast ausschließlich bei den oben genannten Risikogruppen (= ältere Mitbürger und sonstige Risikogruppen).
Die Mortalitätsrate ist nach wie vor gering, auch wenn in der Zwischenzeit die Todesfälle im globalen Kontext vierstellige Beträge erreicht haben. Wenn man sich die Mortalitätsraten betrachtet, so fällt auf, dass diese in vorbereiteten Ländern sehr niedrig (unter 0,5 Prozent) sind, in schlechter vorbereiteten zwar immer noch niedrig, aber deutlich höher (3 bis 4 Prozent).
… als Beispiel für ein gut vorbereitetes Land kann Südkorea gelten, ein schlechter vorbereitetes war sicherlich Italien. Dazu kommen einige mathematische Gesetzmäßigkeiten, die die Mortalitätsraten ebenfalls deutlich reduzieren können: Diese werden oft durch das Verhältnis der gestorbenen zu den infizierten Patienten ermittelt, mit anderen Worten: Je höher die Zahl der Infizierten – und wir haben bestimmt viele mehr als die tatsächlich getesteten – desto niedriger die Mortalitätsrate.
Bezogen auf die Gesamteinwohnerzahl hat Deutschland mehr als dreimal so viele Betten auf Intensivstationen als beispielsweise Italien oder Frankreich. Und mehr als zehn Mal so viele wie in China. Und aktuell werden die Kapazitäten intensiv ausgebaut. Deutschland ist also vorbereitet, gleichwohl haben wir aktuell aber auch eine Grippewelle. Und die schwer Grippekranken brauchen dieselben Betten und dieselbe Versorgung wie die schwer Corona-Erkrankten. Deswegen müssen wir diesen Engpass vermeiden und den raschen Anstieg der Zahl der Corona-Erkrankungen so lange als möglich hinausschieben – und genau das bezwecken alle aktuellen Maßnahmen.
Ein weiterer vorsichtiger Mutmacher sind tatsächlich die Zahlen aus China und Südkorea. Dort geht die Zahl der Neuinfektionen kontinuierlich zurück und war am Wochenende schon in einem sehr niedrigen, fast einstelligen Bereich. Dort scheint der Gipfel erreicht zu sein und man rechnet mit einer relativ raschen Abnahme der Erkrankungsfälle. China hat sogar schon damit angefangen, die bewundernswert rasch gebauten provisorischen Kliniken in Wuhan wieder abzubauen: zwölf von 16 sind bereits wieder weg und auch die dortigen Fabriken fangen langsam wieder an, im normalen Rhythmus zu arbeiten.
Generell sind Mutationen bei allen Viren natürlich möglich, die gute Nachricht hier ist aber, dass die Mutationshäufigkeit des Coronavirus deutlich geringer ist als die eines Grippevirus. Mit anderen Worten: Kaum jemand macht sich Sorgen um eine Mutation des Grippevirus, dabei wäre die nicht nur deutlich wahrscheinlicher, sondern wahrscheinlich auch gefährlicher als die des Coronavirus. Dazu kommt, dass die Wahrscheinlichkeit einer Mutation „zum Guten“ – sprich das Virus wird harmloser – gleich groß ist wie die einer Mutation „zum Schlechten“, also einer erhöhten Morbidität.
Die bisher ausgewerteten Daten von mehr als 50.000 Patienten lassen uns klare Risikogruppen abgrenzen. Das sind vor allem ältere Männer mit Vorerkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck, Nierenfunktionsstörungen und Ähnlichem. Frauen erkranken wohl weniger häufig, Kinder und Jugendliche fast nie. Schwangere haben keinerlei erhöhtes Risiko einer Erkrankung und das Virus scheint die Plazentaschranke nicht überwinden zu können, neugeborene Babys von infizierten Frauen waren bisher immer negativ. Diese schon relativ konkreten Ergebnisse zu Risikogruppen ermöglichen natürlich auch eine bessere Vorbereitung der entsprechenden Gesundheitsorganisationen, ein weiterer zuversichtlich stimmender Punkt.
Die ganze wissenschaftliche Welt sucht schon Medikamente gegen das Virus und Impfstoffe für die Prävention. Es gibt schon mehrere Medikamente, die für andere Indikationen bereits von den Behörden zugelassen sind und die erste Wirksamkeit auch gegen das Coronavirus zeigen. Natürlich ist es noch ein langer Weg bis zur Zulassung, aber so schnell wie in diesem Fall haben die Behörden noch nie gearbeitet. Wenn wir es schaffen, die Zahl der Neuerkrankungen so flach zu halten, dass erste Medikamente für die Behandlung der Risikogruppen zur Verfügung stehen, hat eine Infektion auch für diese Patienten viel von ihrem Schrecken verloren.
Auch die Impfstoffe sind auf einem guten Weg. Es gibt bereits weit fortgeschrittene Plattformen für die nahe verwandten Sars- und Mers-Viren, auf denen die Impfstoffentwicklung für Corona aufbauen kann. Erste Impfstoffe werden wahrscheinlich bereits im Spätsommer im Labormaßstab verfügbar sein und im nächsten Jahr zur breiten Anwendung kommen. Dass Impfstoffe gegen verwandte Coronaviren möglich sind, zeigt die Tiermedizin: Sowohl für Hunde, als auch für Katzen gibt es solche bereits.
Dass das Virus ein sogenanntes behülltes Virus ist, ist wichtig, denn es bedeutet, dass es ziemlich empfindlich ist. Hygienemaßnahmen sind extrem hilfreich und können Sie schützen: Händewaschen, kein Händeschütteln, Abstand zu anderen Menschen, all das hilft signifikant. Nehmen Sie alle Maßnahmen ernst – es ist jetzt einfach für eine bestimmte Zeit nicht angesagt, große Ansammlungen zu besuchen oder gar Partys zu feiern.
Erneut ein Fachmann, dessen Ausführungen zu denken geben.