Bitcoin: Die Polemik des Finanzsystems

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1. Banken verehren die Blockchain, verschmähen den Bitcoin

Es gibt kaum eine Grossbank oder einen Versicherungskonzern, der sich von der Blockchain nicht weniger als die Veränderung der Welt verspricht. Entsprechend pumpen Finanzinstitute Milliarden in die Entwicklung der Technologie und ihrer Anwendungen.
Bitcoin hingegen, das erste marktfähige Produkt der Blockchain überhaupt, verschmäht die Hochfinanz: Es sei Hokuspokus-Geld, ohne zugrundeliegenden Wert.

Ein Widerspruch, der sich aus der Produkteperspektive der Banken erklären lässt. Gut ist nur, was innerhalb der eigenen Wertschöpfungskette produziert und verkauft werden kann. Alles, was man nicht selbst anbieten kann, ist von Übel.

Und: Welchen “zugrundeliegenden Wert” hat eigentlich das Papiergeld?

  1. Wert des Papiers,
  2. Wert der verwandten Farbe.

Und wird es elektronisch, wo ist dann noch der Wertunterschied zum Bitcoin?

Beim Bitcoin weiss man, dass er wenigstens nicht beliebig vermehrt werden kann. Sind 21 Millionen Bitcoin geschaffen worden, ist eine weitere Erstellung von Bitcoin nicht mehr möglich.

Was also ist wertstabiler? Das inflationierbare Fiat Geld der Banken oder der Bitcoin?

2. Was ist der sichere Hafen? Papiergeld vs. Bitcoin

Eine gängige Erklärung für den Preisanstieg des Bitcoin jenseits der USD 4.000-Marke ist die Flucht in Sicherheit. Angesichts des Säbelrasselns rund um Nordkorea seien die Anleger auf der Suche nach einem sicheren Hafen: Gold, Franken – oder eben Bitcoin. Ein sicherer Hafen also?

  1. Obwohl Bitcoin-Anleger schon Kursschwankungen um über 50% durchstehen mussten?
  2. Obwohl Bitcoin Anlager angesichts der kriminellen Verwendung in Darknet-Kreisen Furcht haben müssten vor deren Verwendung?

Nun:

1.
Wenn wir das richtig sehen, gibt es auch unter den Fiat-Währungen beachtliche Wechselkursschwankungen. Einige dieser Währungen kommen aus ihren Tiefs kaum noch heraus. Bei Bitcoin dagegen ist ein Tief immer ein Anlauf zu neuen Höchstkursen. Die Volatilität wird sich allmählich legen. Aber die Werttendenz wird immer weiter steigen. Allein, weil nach Erreichen von 21 Millionen Bitcoins die Geldmenge nicht mehr weiter wächst.
Ist es nicht schön zu wissen eine Währung zu besitzen, die nicht missbraucht werden kann zur Weginflationierung von Staatsschulden?

2.
Womit eigentlich wird mehr krimineller Missbrauch betrieben? Mit Dollar, Euro und Britischen Pfund oder mit Bitcoin? Es gibt auf dieser Welt nichts, was nicht missbraucht werden kann. Man kann den BigMac mit seinem Fleischanteil von 18% dem Erbonkel in den Hals pressen, bis er an den schädlichen Zutaten verendet oder aber schlicht erstickt – wobei zweiteres wahrscheinlicher ist.

Und erinnern wir uns:

a)

In Gazete5  war nachzulesen, dass die US-Geheimdienste höchstpersönlich den internationalen Drogenhandel kontrollieren und sogar Quoten für Staaten festlegen.

Der türkische Analyst Mustafa Can Cebi analysiert:

„Die Philippinen haben ein ernstes Drogenproblem. Duterte musste zu harten Maßnahmen greifen, um das Land (Anm.: die Philippinen) von diesem Problem zu entlasten. Das Geld, das durch den internationalen Drogenhandel eingenommen wird, wird anschließend gewaschen und auf westlichen Banken angelegt. Es sind westliche Finanzinstitute, die dieses Geld reinwaschen. Von Kolumbien über Mexiko und von da aus bis nach Afghanistan spielen die CIA und das Pentagon wichtige Rollen beim internationalen Drogenhandel. Der reine Gewinn aus dem weltweiten Drogenhandel im Jahr 2010 belief sich auf USD 600 Milliarden. Dieser Wert entspricht 7,6% des legalen Welthandels. Während die Opiumproduktion in Afghanistan im Jahr 2001 sich nur auf 185 Kilo belief, stieg die Produktion nach der Besetzung des Landes durch die USA rasant an. Einer der größten Drogenbarone des Landes ist der Stiefbruder von Hamid Karzai, Ahmed Veli Karzai, der mit der CIA zusammenarbeitet. Nach Angaben des IWF liegt das Volumen der gewaschenen Drogengelder, die dem internationalen Bankensystem übertragen wurden, bei USD 590 Milliarden bis USD 1,4 Billionen.“

Nach Angaben des UN-Büros für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) ist die Opiumproduktion in Afghanistan tatsächlich seit dem Einmarsch der Amerikaner drastisch angestiegen. Im Jahr 2016 ist die Opiumproduktion im Vergleich zum Vorjahr um 43% auf 4.800 Tonnen angestiegen.

b)

Kein Geringerer als der UN-Beauftrage in Sachen Drogen und Organisierter Kriminalität – Antonio Maria Costa – hat seine Anschuldigungen bekräftigt, dass das Finanzsystem nach Ausbruch der Lehman Krise nur unter Verwendung massiver Kapitalspritzen aus dem internationalen Drogenhandel vor dem Untergang bewahrt werden konnte.

Nachdem der UN-Beauftragte Costa dies bereits Anfang des Jahres 2009 gegenüber dem österreichischen Magazin „profil“ erklärte, sagte er später dem in England erscheinenden Observer, dass er

„Beweise gesehen“

habe, wonach auf dem Höhepunkt der Krise des Jahres 2008 das einzige zur Verfügung gestanden habende

“liquid investment capital“

aus dem Drogenhandel stammte.

“In the second half of 2008, liquidity was the banking system’s main problem and hence liquid capital became an important factor.”

Die Beweise, von denen er spricht, weisen darauf hin, dass

„…Inter-bank loans were funded by money that originated from the drugs trade and other illegal activities… There were signs that some banks were rescued that way.“

Wie schon bei seinem Interview mit “profil”, lehnte es Costa abermals ab, konkrete Namen zu nennen. Gleichwohl sagte er, dass Drogengelder

“now a part of the official system”

seien.

Die Tatsache, dass Drogengeld, d. h.: high profit capital erst neuerdings Teil des Finanzsystems ist, erscheint aber unwahrscheinlich. Die pakistanische Bank of Credit and Commerce International (BCCI) beispielsweise war über zwei Jahrzehnte der “running gag“ des internationalen Drogenhandels.

Die BCCI operierte in über 70 Ländern, hatte über 400 Niederlassungen und verfügte über Einlagen von ca. USD 25 Milliarden. Dass sie im Drogenhandel involviert war, kam einem offenen Geheimnis gleich. Unter anderem finanzierte sie mit Billigung der CIA die anti-sowjetischen Mudschahedin in Afghanistan während der 1980er Jahre.

Dass die Finanzmittel u. a. aus dem Reinwaschen von Drogen-Cash stammte, schien nicht wirklich zu stören. Jedenfalls unternahm der damalige US-Finanzminister James Baker nichts, um die BCCI zu belästigen,

“…because he thought a prosecution of the bank would demage the United States’ reputation as a safe haven for flight capital and overseas investments.“

Die Scheinheiligkeit des Argumentes, Bitcoin würde für kriminelle Zwecke missbraucht, ist offensichtlich.

3. Bitcoin – nur was für arme Schlucker und Glücksspieler

Bitcoin ist nicht eine Spekulation armer Leute.
Die Kryptowährung ist längst in den Fokus der UHNWI-Klientel – der Superreichen – geraten. Vornehmlich gilt das für den Nahen Osten und in Asien.

Derweil klagen die Wealth Manager, nicht zuletzt in der Schweiz, über die Passivität und Risikoaversion ihrer Kunden.
Die vornehmen wie hochnäsigen Privatbanken verstehen einmal mehr die Bedürfnisse ihrer Kunden nicht. Kryptowährungs-Knowhow und -Angebote gehören noch immer nicht zum Repertoire der Privatbanken.

Banken würden ihren Kunden eine Anlage in Bitcoin nie empfehlen, klingt es praktisch unisono aus den Anlagekomitees: Zu unsicher, zu volatil, zu wenig ausgereift sei das Bitcoin-Währungssystem.

Es gab Zeiten in den 1990-er Jahren und nochmals in den Nullerjahren, da hatten Banken weniger Hemmungen, ihren Kunden bedeutend schlechtere Tech-Ideen oder Produkte als nächstes Börsenwunder zu verkaufen. Der böse Schock von damals wird nun hirnschwach auf den Bitcoin übertragen: Obwohl dieser auf einer erprobten Technologie beruht und rege gehandelt wird, mögen ihn die Geldhäuser nicht mal mit der berühmten Beisszange anfassen.

Gut so, lasst Eure Pfoten noch möglichst lange weg!

4. Die Anfangsideen des Bitcoin

Unmittelbar nach der Finanzkrise startete Bitcoin als Anarcho-Währung. Als ungebundenes, transparentes, anonymes Gegenstück zum belasteten Papiergeld, das ohne Finanzinstitute auskomme. Das gefiel Libertären, Occupy-Autonomen und schrulligen Milliardären gleichermassen. Dass die Geldmenge auf 21 Millionen Bitcoin begrenzt ist, nahm man in Kauf.

Lebt diese Uridee noch?

Banken, Konzerne und Staaten vereinnahmen die Technologie hinter der Kryptowährung, die Blockchain. Klar wer könnte es ihnen verdenken.

Der Bitcoin wäre nun mit dem jüngsten Preisanstieg zum Spielball des von den Gründern geschmähten “Kasinokapitalismus” geworden.

Wer sagt denn, dass die Idee von Bitcoin war, auf immer und ewig eine Währung für Sektierer zu bleiben? Wer ein Herausforderer sein wollte mit seinem “ungebundenem, transparentem, anonymem Gegenstück zum belasteten Papiergeld, das ohne Finanzinstitute auskomme” muss befriedigt feststellen, dass Bitcoin mit Erfolg auf dem Weg ist, seine Uridee zu verwirklichen.

5. Hypermoderne Technologie? Ein Witz?

Der Bitcoin zugrunde liegenden Blockchain-Technologie wird zwar revolutionäres Potenzial zugesprochen. Doch verläuft der Handel mit Bitcoin im steinzeitlichen Tempo. In Zeiten des Echtzeit- und Hochfrequenzhandels ist es eigentlich ein Witz, dass das Bitcoin-Netzwerk maximal sieben Zahlungen pro Sekunde schafft. Trotz enormer Rechenleistungen und dezentralen Systemen kommt die Blockchain-Technologie angesichts des Bitcoin-Booms sehr rasch an ihre Grenzen.

Nun wird behauptet, eine Lösung wäre nicht in Sicht. So könne keine Währung der Zukunft aussehen.

Das Problem wurde durchaus gesehen. Die Betreiber des Bitcoin waren von der Schnelligkeit des Erfolges selbst überrascht. Die Bitcoin Community ist dabei, auch in Sachen Schnelligkeit eine Währung der Zukunft zu werden.
Die Gabelung im Bitcoin-System von 02. August zeigt, dass dieses Problem einer Lösung zugeführt werden wird. Und wie immer gibt es auch hier unterschiedliche Vorstellungen.

Wir empfehlen, die Entwicklung von Bitcoin Cash nicht aus den Augen zu verlieren. Da könnte mehr Potential verborgen sein, als viele heute vermuten.

6. Stromfresser: Grüne werden keine Bitcoin-Fans

Der Bitcoin hat für systemkritische Menschen eine besondere Anziehungskraft.

Doch für Umweltschützer ist er des Teufels. Berechnungen zufolge verbraucht eine einzige Bitcoin-Transaktion so viel Strom wie 1,57 US-Haushalte einen ganzen Tag lang. Das gesamte Bitcoin-Netzwerk stösst jährlich etwa 7,6 Millionen Tonnen CO2 aus. Mit der Expansion der Kryptowährung steigt zwangsläufig auch der Stromverbrauch.

Die Bitcoin-Schürfer reagieren darauf wie es Globalisierungs-Profis tun: Sie schürfen ihre Bitcoins vorwiegend in Ländern mit tiefen Energiepreisen, vorzugsweise in China und wohl bald auch in Russland und Paraguay. Wahrscheinlich wird Angela Merkel bald eine Parallele zwischen Diesel und Bitcoin feststellen.

Im Gegensatz zum Diesel aber gehört dem Bitcoin die Zukunft.

Was sagte doch Kaiser Wilhelm II. Am 27. Januar 1909 über die Zukunft der Mobilität.

„Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung.“