AIA – Schweiz – Ersatz für die Schweiz

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Die Wirtschaftskommission des Schweizer Nationalrates hat Mitte August 43 (in Worten: dreiundvierzig) weitere Abkommen zum Automatischen Informationsaustausch – AIA – beraten. Der AIA – CES wird zum Paradebeispiel für das Einknicken der Schweiz in Sachen Bankgeheimnis. Man nennt das bei den Eidgenossen zwischenzeitlich

“konsequente Umsetzung eines internationalen Standards”.

So drückt das jedenfalls Urs Kapalle aus. Der Herr ist Leiter von “Tax Strategy” bei der Schweizerischen Bankiervereinigung.

Das Entstehen des AIA / CES entwickelte sich ziemlich schnell, nachdem das Einknicken der Schweiz feststand.

  • Im Jahr 2013 erteilten die G20-Staaten der OECD den Auftrag, einen Standard zum internationalen Austausch von Bankdaten für Steuerzwecke auszuarbeiten.
  • Im Jahr 2014 wurde dieser von der OECD und den G20-Staaten genehmigt.
  • Bereits seit 2016 wenden über 50 OECD/G20-Staaten den AIA untereinander an.
  • Heute liegt die Zahl der Staaten, die ihn übernommen haben oder noch übernehmen, bei mehr als 100.

 

Druck übt die OECD auf Länder aus, die das Regelwerk zu langsam umsetzen. So hat etwa Hongkong unlängst bekanntgeben, den AIA früher als vorgesehen, schon ab 1. Juli 2017, mit über 70 Staaten einzuführen.

Singapur macht auch definitiv mit, achtet dabei aber darauf, dass Staaten, die Informationen bekommen wollen, bestimmte Anforderungen in Sachen Datenschutz zu erfüllen haben. So positioniert sich auch die Schweiz.

In Panama oder auf den Bahamas hat man ebenfalls umgedacht. Bei Panama ist das im Ergebnis folgenlos, weil panamaische Banken für Kunden, die nicht wirklich in Panama leben, erst gar keine Konten einrichten. Mit Strukturen aus Panama, insbesondere der Stiftung, kann man aber in anderen Ländern Konten einrichten – klar, gewusst wie! Das genau ist das Problem vor allem für panamaische Juristen, da diese im Regelfall nichts anderes kennen als nur ihr Panama. Die staunen immer nur, wenn man ihnen erklärt, was man mit den panamaischen Strukturen so alles in anderen Ländern machen kann.

An den USA beisst sich die OECD allerdings weiter die Zähne aus. Da zeigen sich keine Fortschritte. Die USA bewegen sich nicht.

Von Grossbritannien geprägte Commonwealth-Länder machen zwar mit, in deren Gesellschaftregistern steht allerdings nichts verwertbares drin, Banken dort anerkennen Trustkonstruktionen: Der Trust ist für sie der wirtschaftlich Berechtigte. Das ist gefestigte britische Rechtstradition. Es gibt somit Ersatz für den Ausfall der Schweiz, wenn man weiss, wie man das konkret umzusetzen hat zur Zufriedenheit des Kunden, der immer ein gutes Gefühl haben muss und sich nie “fremdgesteuert” fühlen darf.

Für die Überprüfung der Umsetzung des AIA sind minutiöse Länderexamen durch das Global Forum der OECD vorgesehen. Panama hat dabei immer wieder Probleme, weil nicht hinreichend qualifiziertes Personal zur Verfügung steht, um die OECD Vorgaben umzusetzen. Das ist lustig anzuschauen. In einigen weiteren Inselstaaten ist das nicht anders, die Cayman Islands ausdrücklich nicht ausgenommen, die Bahamas auch nicht. Aber irgendwann bekommt das die OECD in den Griff. Dann kommt es eben doch darauf an, alles professionel konstruiert zu haben.

Die Schweiz hält natürlich den OECD-Fahrplan im Stile eines streberhaften Musterschülers penibel ein. Man fühlt sich in “der internationalen Entwicklungen gut positioniert”, betont aber, nicht selbst vorzupreschen.

Die Schweiz hat – Stand August 2017 – den AIA mit 38 Ländern eingeführt. Jetzt befasst sich das Parlament mit der Genehmigung von Abkommen mit 41 weiteren Staaten und der vorläufigen Anwendung des AIA mit Singapur und Hongkong auf das Jahr 2018 hin.

Bevor im September 2019 die ersten effektiven Meldungen unter den Abkommen erfolgen, wird der Bundesrat bei den Partnerstaaten eine Reihe von Kriterien prüfen. Das betrifft insbesondere den Stand der Vertraulichkeit und die Vorkehrungen für die Datensicherheit und den Datenschutz im Partnerstaat. Zudem prüft er das „Level Playing Field“, also ob auch die relevanten Konkurrenzfinanzplätze mit den Schweizer Partnerstaaten den AIA umsetzen. Erfüllt ein Staat die Anforderungen an den AIA nachweislich nicht, kann der Bundesrat geeignete Massnamen treffen und nötigenfalls Meldungen aussetzen.

Damit sind die Forderungen des Finanzplatzes für die Ratifizierung der Abkommen erfüllt – wie schön!

Was schrieb die schweizerische NZZ in ihrem Newsletter vom 21. August über ihr Land?

Wer gerne daherredet, nennt die Schweiz ein Steuerparadies, die helvetische Marktwirtschaft halbwegs frei und den Arbeitsmarkt beneidenswert flexibel. In Wirklichkeit ist die Schweiz längst ebenso durchreguliert und administriert wie andere mitteleuropäische Länder auch. Die erweiterte Fiskalquote liegt nahe bei 50 Prozent, es herrscht hierzulande eine Misch- statt eine Marktwirtschaft. Teilstaatliche und staatsnahe Betriebe wie die BKW oder die Post, die zunehmend als Gemischtwarenläden in Erscheinung treten, konkurrenzieren private Anbieter.“

Die Schweiz, wie wir sie einst liebten, gibt es so nicht mehr. Ja, das Plebiszit ist lebendig geblieben. Die Zollfreilager in der Schweiz sind nach wie vor diskret. In Sachen diskreter Vermögensverwaltung ist die Schweiz aber nur noch eine geschichtliche Reminiszenz.

Diskrete Vermögensverwaltung funktioniert heute anders.

“Fällt eine Tür zu, springt ein Fenster auf!”

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