AIA, FATCA und die Schweiz

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Alarmglocken erschallen in der Schweiz:

Kann die Vertraulichkeit von Daten im Rahmen des automatisierten Informationsaustausches AIA auf der Grundlage des OECD-Standards nicht garantiert werden,

“muss der Beginn des Datenaustauschs allenfalls auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden.”

Klare Worte von Yves Mirabaud (siehe Foto). Wer ist Yves Mirabaud? Das ist niemand geringerer als der Präsident der “Vereinigung Schweizerischer Privatbanken”. Hauptberuflich ist er Seniorpartner von Mirabaud, eine der ältesten Privatbanken der Schweiz.

Da braut sich um die Anwendung des AIA etwas zusammen, etwas, was wir lange vorausgesagt hatten.

Yves Mirabaud wird noch deutlicher:

“Ein globaler Standard zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung kann nur dann funktionieren, wenn er effektiv von allen internationalen Finanzzentren angewendet wird. Es wäre daher sinnvoll, wenn die Schweizer Regierung vor der Datenübermittlung erneut überprüft, ob sie nicht allein dasteht.”

Die Aufnahme des Datenaustausches durch die Schweiz ab September 2018 wird damit in Frage gestellt.

Singapur vertritt schon lange eine derartige Ansicht.

Mirabaud macht ferner deutlich, dass das amerikanische Fatca-Gesetz keine mit dem OECD-Standard vergleichbare Reziprozität (Prinzip der Gegenseitigkeit) beinhaltet.

Richtig, aber es wird noch alles weit eklatanter, wenn die USA unter ihrem neuen Präsidenten ab Sommer dieses Jahres beginnen, FATCA selbst zurückzufahren. Das hatten wir schon im November 2016 veröffentlich – hier nachzulesen.

FATCA nähert sich seinem Ende

In beiden parlamentarischen Kammern treiben die Republikaner Gesetzesinitiativen voran, um FATCA abzuschaffen.

Der Umschwung zulasten von FATCA zeichnete sich schon lange ab. Die Herausgeber des Wall Street Journal kritisieren seit geraumer Zeit FATCA, Kreditgenossenschaften schlossen sich dem an, Versicherungsgesellschaften, eine Vereinigung von Tradern wie auch viele Banken haben grosse Anstrengungen unternommen, FATCA wieder abzuschaffen. Da tauchen Namen auf wie Barclays PLC, Goldman Sachs Group., das “Institute of International Bankers”, Credit Suisse Securities, JPMorgan Chase und BlackRock Capital Management.

Die Abschaffung von FATCA wird Teil von Trumps allgemeinen Steuerplänen sein.

US-Finanzminister Steven Mnuchin meint, das die Steueränderungen vor August den beiden Kammern des Parlamentes zur Abstimmung vorliegen werden.

Reince Priebus, Stabschef des Weißen Hauses, hat sich bereits seit geraumer Zeit klar gegen FATCA positioniert. Auch Mick Mulvaney, Leiter des Amtes für Verwaltung und Haushaltswesen, schliesst sich dem an. Der liberale republikanische Kongressabgeordnete Mark Meadows und Senator Rand Paul argumentieren schon lange überzeugend gegen FATCA.

  • Insbesondere US-Bürger, die im Ausland leben, leiden unter FATCA. Oft können sie in dem Land, in dem sie leben, nicht einmal mehr ihre persönlichen Bankkonten vor Ort einrichten, weil die Banken mit dem kostenintensiven Verwaltungswahnsinn – der damit einhergeht, wenn man einen US-Bürger als Kunden hat – nichts zu tun haben wollen.
    Studenten aus den USA im Ausland waren und sind betroffen, deren Konten plötzlich aus rein formalen und hahnebüchenen Gründen plötzlich eingefroren worden sind. Nur ein einziger Ausführungsfehler der FATCA Bürokratie hat zu sage und schreibe 102.000 eingefrorenen Konten geführt.
  • Wenn die Auslandsbank sich weigerte, den wahnsinnigen Papierkrieg mit den FATCA-Dokumenten aufzunehmen, sassen die US-Bürger im Ausland – das sind immerhin 9 Millionen Menschen – plötzlich ohne Geld da. Tausende US-Bürger im Ausland haben Verfahren eingeleitet, die amerikanische Staatsbürgerschaft abzugeben – alles wegen FATCA. Und das tut den USA so richtig weh.
  • Was die FATCA gehorchenden ausländischen Banken in die USA melden, unterscheidet sich zu allem Überfluss statistisch nur unerheblich von dem, was die US-Bürger schon von sich aus angegeben hatten. Das kostenintensive FATCA ist im Ergebnis daher nicht mehr als eine Vergleichsposition, nichts weiter als eine “third-party verification” für die US-Behörden. Und dafür ist der finanzielle FATCA-Aufwand mit der dadurch entstandenen zusätzlichen Bürokratie auch in den USA selbst zu hoch – es rechnet sich nicht, “schlechter Deal”.

 

Die Abschaffung von FATCA wird kein Alleingang von Trump sein. Im Sommer 2016 vor den Wahlen hatte die Partei der Republikaner die Abschaffung von FATCA ausdrücklich programmatisch zur Wahlkampfaussage gemacht.

Und das wird nun umgesetzt in den USA.

Darf AIA Korruption begünstigen?

Aber kommen wir zurück zum Präsidenten der “Vereinigung Schweizerischer Privatbanken”, Yves Mirabaud, und nehmen wir auch seine weiteren Ausführungen zur Kenntnis:

“Im Weiteren beschäftigt uns auch die Frage der Vertraulichkeit der gelieferten Daten, vor allem hinsichtlich Lateinamerika, Russland und Asien.”

Das ist ja schon einmal die halbe Welt! Sehen wir einmal von Afrika ab (wahrscheinlich vergessen), hält er allenfalls noch Europa für einigermassen zuverlässig in Sachen Datenaustausch.

Und dem schliesst sich folgende Ausführung an:

“Dabei geht es nicht um Steuerfragen, sondern um die persönliche Sicherheit der betreffenden Kunden aufgrund der Korruptionsrisiken und politischen Machtspiele in ihren Ländern. Die Vertraulichkeit der Daten verdient somit ebenfalls eine Überprüfung vor der Übermittlung ins Ausland.”

Eine geschickte Argumentation, meinen wir.

Fassen wir zusammen:

  1. Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Schweiz 2018 mit dem Datenaustausch noch nicht beginnen wird. Da spielen sich die Schweiz und Singapur in grosser Einigkeit wechselseitig die Bälle zu. Und die anderen wesentlichen Finanzzentren? – Hong Kong ist ebensowenig AIA-Teilnehmer wie sämtliche arabische Staaten, wobei in erster Linie Dubai zu nennen ist.
  2. Die grossen USA sind ebensowenig Teilnehmer des AIA und schauen dem Treiben amüsiert zu mit ihren eigenen Steueroasen, die sie schützen. Informationen auf FATCA Basis der USA sind nur dürftig, weil die Banken in den USA nicht das Recht haben, die Informationen überhaupt einzuholen, die dem OECD-Standard entsprechen. Für entsprechende Gesetzesänderung sind in den USA keine Mehrheiten vorhanden. Im Gegenteil: Nun wird auch noch FATCA selbst der Garaus gemacht.
  3. Die OECD, die EU und insbesondere Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien werden grosses Geschrei anstimmen und insbesondere auf die Schweiz eindreschen. Im Gegensatz zu Singapur etwa ist die Schweiz machtpolitisch ein “Spielball der EU”. Die Schweiz wird ihrer Lieblingsdisziplin folgen und einmal mehr einknicken. Allerdings wird sie nur gegenüber der EU einknicken und das als Erfolg verkünden. Wahrscheinlich mit Verspätung wird die Schweiz dann den Austausch mit der EU beginnen, vielleicht aber knicken die Eidgenossen auch noch so weit ein, dass sie “als Ausnahme” mit dem Austausch hinsichtlich der EU doch 2018 beginnen – aber nur mit der EU, man hat ja seine Prinzipien!

Der Kampf gegen Steueroasen bricht zusammen.

Nur Europa – die Schweiz inbegriffen – schaffen die Privatsphäre ihrer Bürger ab. In anderen Jurisdiktionen sieht es anders aus.

Wer sich scheut, ein Offshorekonto in einer sicheren Jurisdiktion zu begründen, wird zum “gläsernen Schaf”.

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