Achse Russland – China

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Der Bruch zwischen Russland und dem Westen im Zuge der Ukraine-Krise hat weit über Europa hinausreichende

geopolitische Konsequenzen.

Die Pax Americana ist tot, es existiert keine von Amerika durchgesetzte und garantierte Ordnung mehr. Russland macht das insbesondere im Nahen Osten sichtbar. Und in der Kulisse lauert China.

Wir sind Zeugen einer Zeitenwende.

Die USA und ihre hirn- wie geschichtslosen europäischen Claqueure hacken auf dem russischen Präsidenten herum und meinen deswegen, er wäre in der Welt isoliert. Das aber ist Unsinn.

Die aufstrebenden Länder denken gar nicht daran, Putin als den großen Aussätzigen der Weltpolitik zu behandeln:

1.

Zusammen mit Chinas Präsidenten Xi Jinping nahm der russische Präsident in diesem Jahr sowohl in Moskau als auch in Peking die Siegesparaden zum Weltkriegsende ab.

2.

Am 7. Oktober, Putins 63. Geburtstag, gratulierte ihm Indiens Premierminister Narenda Modi über Twitter zum Geburtstag.

„Ich bete für Ihre Gesundheit, Freude und ein langes Leben“,

schrieb der Führer des Milliardenvolkes.

3.

Der Verteidigungsminister des eng mit Amerika verbündeten Saudi-Arabiens besuchte innerhalb kürzester Zeit zweimal Moskau, um zu Absprachen zu kommen – obwohl Saudi-Arabien den Sturz Assads betreibt und Moskau diesen verhindern will. Saudi-Arabien beginnt zu begreifen, dass man sich auf den Schutz der USA nicht mehr verlassen kann.

Allmählich – ganz allmählich – wacht man auch in Europa auf:

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte am 08.Oktober in Passau:

„Wir müssen uns um ein brauchbares Verhältnis zu Russland bemühen.“

Juncker kritisierte Obama, dass er Russland als „Regionalmacht“ abqualifiziert hatte. „Man muss Russland anständig behandeln“, sagte Juncker weiter und wurde sehr deutlich:

„Wir können uns unser Verhältnis zu Russland nicht von Washington diktieren lassen. Das geht nicht“.

Peng! Das war überdeutlich.

Selbst Deutschlands Vizekanzler Gabriel äußerte am 25. September:

„Wir werden unser Verhältnis zu Russland ändern müssen… Wir brauchen eine Verständigung mit Russland.“

Wenn man merkt, dass sein Reitpferd tot ist, sollte man absteigen.

Es beginnt zu bröckeln. Irgendwann wird daraus eine Lawine.

„Man hat jahrelang nicht auf uns gehört, ein paar Bomben und Raketen später ist die Bereitschaft gestiegen, uns ernst zu nehmen“,

spottet Moskau zwischenzeitlich.

Russland ist dabei, zu seiner Rolle als eurasische Großmacht zwischen Ost und West zurückzukehren, und orientiert sich angesichts des kurzsichtigen politischen und wirtschaftlichen Drucks des Westens, gezielt betrieben von den USA, nun zunehmend in Richtung China. Die Europäer sind blind den USA gefolgt. Das hat extrem negative Konsequenzen.

Inzwischen hat Moskau einen engeren Draht nach Peking als nach Berlin. Der schöne Ansatz der Integration des postkommunistischen Russlands mit dem Westen ist wohl Geschichte.

Russland wird sich künftig darauf konzentrieren, seine Beziehungen zu nicht-westlichen Ländern, vor allem im asiatischen Raum, strategisch auszubauen. Die russische Außenpolitik ist traditionell bestrebt, in den Beziehungen zu allen wichtigen globalen Akteuren ein Gleichgewicht zu schaffen. Die Hinwendung zum asiatisch-pazifischen Raum zielte ursprünglich nicht darauf ab, die euro-atlantische Dimension der russischen Außenpolitik zu schwächen, sondern sie im Interesse dieses Gleichgewichts zu ergänzen.

Das hat sich nun geändert.

Nach der Invasion der Krim und der Reaktion des Westens brach diese kunstvolle Architektur zusammen. Dabei bestand Putins Ziel unverändert darin, die wirtschaftliche und politische Achse Moskau-Berlin auszubauen und eine wirtschaftliche, kulturelle und sicherheitspolitische Zone von Lissabon bis Wladiwostok zu schaffen.

Seit 1989, als Gorbatschow die Idee eines

„gemeinsamen europäischen Hauses“

ins Spiel brachte und der deutschen Wiedervereinigung zustimmte, gab es in Russland den Plan einer losen Verbindung mit Westeuropa und mit dem Zentrum Deutschland.

Aber nichts haben die USA in den vergangenen hundert Jahren mehr bekämpft als eine Allianz zwischen Deutschland und Russland. Das betrachteten sie immer als grosse Gefahr ihrer eigenen Hegemoniepläne.

Die russische Strategie hätte den europäischen Markt für russische Bodenschätze weiter geöffnet und der EU einen strategischen Kanal in den asiatisch-pazifischen Raum eröffnet.

Doch Politik und Medien in Europa und vor allem in Deutschland lehnen angesichts der Ereignisse in der Ukraine eine solche Kooperation mit Russland ab.

Das Abwinken der deutschen Kanzlerin bedeutete einen empfindlichen Bruch in den russisch-deutschen Beziehungen. Seit 2014 hat sich Moskau von seinem einstigen Wunschpartner zunehmend entfremdet.

Der lachende Dritte ist nun China.

Eine von den USA betriebene und von Westeuropa gestützte Revolution in der Ukraine bedeutete aus chinesischer Sicht eine größere Bedrohung auch der eigenen Stabilität als Moskaus Reaktion, die in China sogar Bewunderung zur Folge hatte. Die Konfrontation zwischen Russland und den USA zerstreute überdies Chinas Bedenken, dass Putins Pragmatismus Moskau zu einer Verständigung mit Washington führen könnte.

Peking andererseits ist für Moskau aktuell die vielversprechendste Quelle von frischem Geld, Investitionen und Technik. Als die bei weitem größte Volkswirtschaft außerhalb der antirussischen Koalition ist China schon seit 2009 Russlands wichtigster Handelspartner mit einem Gesamthandelsvolumen von fast 100 Milliarden Dollar 2014.

Russlands Hinwendung nach Osten ging einher mit einer Intensivierung der chinesischen Außenpolitik, die ihre Interessen selbstbewusster denn je vertritt – vor allem gegenüber den USA, deren Bündnissystem im Pazifik Chinas eigenen Expansionsdrang behindert.

Russlands Asien-Politik ist naturgemäss stark auf China fokussiert, auch mangels alternativer Partner in der Region.

  • Japan hatte noch bis Anfang 2014 auf ein strategisches Abkommen mit Russland hingearbeitet, musste sich dann aber als Verbündeter der USA der Sanktionspolitik anschließen. Mit der Verschiebung des für Herbst 2014 geplanten Putin-Besuchs in Japan schwanden auch die Hoffnungen auf einen Friedensvertrag, der die seit dem Zweiten Weltkrieg schwelende Grenzfrage hätte beilegen können. Das alles wäre gegen die Interessen der USA gewesen.
  • Das Potenzial der russisch-südkoreanischen Beziehungen ist sehr begrenzt: Eine engere Zusammenarbeit wird gegen die USA schwer durchsetzbar sein.
  • Auch andere US-Verbündete in der Region mit hochentwickelten Volkswirtschaften wie Singapur und Taiwan können sich Moskau kaum annähern, ohne einen offenen Konflikt mit Washington zu riskieren.

Russland pflegt traditionell auch freundschaftliche Beziehungen zu Indien und Vietnam, die nicht zur US-Einflusssphäre zählen. Doch hier sind Spielräume gering.

Vietnam ist Russlands Tor zum Verband südostasiatischer Nationen (Asean), zu dem Moskau engeren Kontakt sucht. Es dürfte allerdings noch einige Zeit dauern, bis sich da was konkretes abzeichnet.

Letztlich haben sich die USA selbst ins Knie geschossen. Russland musste angesichts der vorgegebenen Lage sich primär China zuwenden.

Lange Zeit war der Westen überzeugt, die chinesisch-russische Zusammenarbeit könne schon deshalb nie strategische Bedeutung erlangen, weil beide Seiten dafür ihre guten Beziehungen zu den USA opfern und zudem ihre traditionelle Rivalität überwinden müssten. So schnell ändern sich die Zeiten: Heute teilen China und Russland nicht nur eine Vielzahl von grundlegenden Interessen, sondern zunehmend auch Elemente einer gemeinsamen Weltsicht.

Moskau wie Peking verfolgen gemeinsam das Ideal

  • eines starken Staates,
  • der international volle Handlungsfreiheit geniesst
  • und dessen politische Führung innenpolitisch unangefochten regiert.

Beide sehen die westlichen Kampagnen zur Förderung von Demokratie und Menschenrechten in ihren Ländern als Versuch der Destabilisierung durch die USA.

Die russischen und chinesischen Machthaber teilen darüber hinaus ihre Abneigung gegen Kritik von westlichen Regierungen und die als solche gefühlte Voreingenommenheit der westlichen Medien. Auch die ausländische Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen und die Nutzung von sozialen Medien zur Mobilisierung der Massen ist ihnen ein Dorn im Auge. All dies wird als Angriff auf ihre Souveränität gewertet, den es abzuwehren gilt.

Seit Moskau der Spagat zwischen Westen und Nicht-Westen nicht mehr möglich ist, hat sich seine Bewertung der globalen Politik Washingtons derjenigen Pekings auffallend angenähert.

China ist zwischenzeitlich auf dem Weg, seine „natürliche“ historische Vormachtstellung in Asien wiederherzustellen und zur Weltmacht aufzusteigen.

Russland strebt derartiges nicht mehr an. Heute geht es Moskau darum, sich als zentrale Macht Eurasiens zu etablieren – und im Konzert der globalen Mächte mitzuspielen.

Hierbei nutzen sie ganz selbstverständlich Situationen wie die Unbeholfenheit der USA im Nahen Osten geschickt und zielsicher aus. Sie werden zum ernstzunehmenden Machtfaktor im Nahen Osten. Sie schaffen sich eine beachtliche militärische Position am Mittelmeer direkt gegenüber von Europa. Lebten die Zaren noch, ihnen würden Freudentränen in die Augen schiessen nach Erreichen dieses jahrhundertealten russischen Traums.

Ist es weit hergeholt eine Tendenz zu erkennen,

  • dass es Chinas Part ist, die USA aus Asien hinauszudrängen
  • und Russland nun der Part in den Schoss gefallen ist, die USA aus dem Nahen Osten herauszudrängen,

was gleichzeitig die Position der USA in Europa immer komplizierter macht?

Die Welt verändert sich in rasanter Geschwindigkeit. Man muss nur die Augen offenhalten, um das zu erkennen.

Risikolos ist das alles nicht. Ein derart gravierender geopolitischer Machtwechsel beinhaltet immer die Gefahr kriegerischer Auseinandersetzungen.

In den USA besteht die grosse Gefahr, dass der nächste Präsident nicht nur ein Trottel ist, sondern dass nach Obama ein Volltrottel an die Regierung kommt.

Psychopathen wie Napoleon, Poincaré oder Hitler waren noch immer für Katastrophen gut.